Anhörung zu Tariftreue – Verdi: Hauptunternehmer müssen in Haftungspflicht bleiben

Frankfurt am Main. Vor der Landtagsanhörung zum Tariftreue- und Vergabegesetz diesen Donnerstag im Landtag fordert die Gewerkschaft ver.di Nachbesserungen am Gesetz. Landesbezirksleiter Jürgen Bothner: „Fällt die Generalunternehmerhaftung wirklich, wie im Entwurf geplant, dann liefe das dem Zweck des Gesetzes zuwider. Denn dieses Prinzip garantiert zumindest theoretisch, dass der erste Auftragnehmer die Verantwortung trägt und nicht die zahlreichen Subunternehmer, die üblicherweise heutzutage nachgeordnet bei Projekten beteiligt sind.

Die Streichung der Generalunternehmerhaftung wäre eine Katastrophe für die meisten Wanderarbeiter. Sie werden als Scheinselbstständige oftmals erwiesenermaßen auf schlimmste Weise ausgebeutet und um ihren Lohn geprellt. Bisher haben sie wenigstens Rechtsansprüche, die sie zwar lediglich mühsam und oft auch nur ansatzweise durchfechten können. Aber sie haben sie immerhin. Wird Paragraph 8, Absatz 3 des Gesetzes nicht geändert, dann haben diese Kollegen wahrscheinlich keine rechtlichen Möglichkeit mehr, denn sie müssen, so der Gesetzestext, ihre ‚Pflichten in eigener Verantwortung‘ erfüllen.“

Als Beispiel dafür mag der Kollege Biser Rusev dienen. Sein Fall ging im vergangenen Jahr durch die Medien. Der 38-jährige Bulgare hatte als Scheinselbstständiger einen Arbeitsunfall im Industriepark Höchst in Frankfurt-Höchst erlitten. Er hatte sich einen Harnröhrenabriss zugezogen, der dringend operiert werden musste. Aber der Mann war nicht krankenversichert und den Lohn für seine Arbeit erhielt er auch nicht. Für Kirsten Huckenbeck von der von ver.di mit initiierten Beratungsstelle MigrAr war es schwer, seine medizinische Versorgung finanziert zu bekommen. „Ohne die Generalunternehmerhaftung hätten wir hier nichts machen können. Biser wusste – wie viele seiner Kollegen – nicht, welche Rechte ihm zustanden und dass seine Auftraggeber ihn bei den Sozialversicherungen anmelden und ihm den Mindestlohn hätten zahlen müssen.

Heute geht es ihm gesundheitlich wieder gut, er ist besser informiert und er könnte nach dem Ende der Einschränkungen bei der Arbeitnehmerfreizügigkeit sogar ein reguläres Beschäftigungsverhältnis aufnehmen. Doch viele MigrAr-KlientInnen, die wir beraten, machen aktuell die Erfahrung, die er auch macht: Wenn er sich bewirbt und nach einem Arbeitsvertrag oder der Sozialversicherung fragt, verlangen die Unternehmen einen Gewerbeschein. Sie setzen nach wie vor auf die immensen Ersparnisse beim Einsatz von Scheinselbständigen. Wir brauchen einen wirksamen Schutz zur Eindämmung von Werkverträgen – damit die Letzten nicht die Hunde beißen.“ +++ fuldainfo