400 Rechtsextremismus-Verdachtsfälle bei der Polizei

Hessen verzeichnete mit 70 Verdachtsfällen die mit Abstand höchste Zahl

Den Behörden liegen Informationen zu mindestens 400 Verdachtsfällen von rechtsextremen, rassistischen oder antisemitischen Umtrieben unter Polizisten und Polizeianwärtern in den vergangenen Jahren vor. Das ergab eine Umfrage des „Spiegel“ bei den Innenministerien von Bund und Ländern. Die Bundesländer zählten seit 2014 rund 340 derartige Vorkommnisse. Bei der Bundespolizei waren es laut Bundesinnenministerium 36 rechtsextreme und 25 rassistische Verdachtsfälle seit dem Jahr 2012 sowie 12 Fälle, in denen Beamte der sogenannten Reichsbürger-Bewegung nahestehen sollen. Bayern registrierte 18 mutmaßliche „Reichsbürger“ in Uniform. Kleine Länder wie Bremen und das Saarland gaben in der „Spiegel“-Umfrage nur ein oder zwei Rechtsextremismus-Verdachtsfälle an, die sich zudem nicht erhärtet hätten. Andere Länder wie Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Bayern und Sachsen-Anhalt zählten bis zu zwei Dutzend Vorkommnisse. Hessen verzeichnete mit 70 Verdachtsfällen die mit Abstand höchste Zahl.

Neue Ermittlungen gegen KSK-Ausbilder wegen Extremismus-Verdacht

Die Affäre um rechtsextreme Tendenzen in der geheimen Eliteeinheit Kommando Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr weitet sich aus. Wie der „Spiegel“ berichtet, ermittelt der Militärische Abschirmdienst (MAD) nach konkreten Hinweisen aus der Einheit seit Mitte Juni gegen einen weiteren KSK-Offizier wegen des Verdachts auf Rechtsextremismus. Den Aussagen von Kameraden zufolge soll sich Oberstleutnant W., der für die Ausbildung der Kommandosoldaten zuständig war, bei einer Mission der Einheit in Afghanistan im Jahr 2019 mehr als zweifelhaft eingelassen haben. Demnach sagte W. bei einer Besprechung mit anderen Soldaten, die Lage am Hindukusch sei ja „wie der Holocaust“. Als es später in der Besprechung um eine Milchpreiserhöhung in dem Bürgerkriegsland ging, habe der KSK-Ausbilder gefragt, welche „Judensau“ das denn wohl organisiert habe. Nach den Hinweisen wurde der Oberstleutnant umgehend in den Urlaub geschickt. Gegen ihn wurden disziplinarische Ermittlungen aufgenommen. Der Truppengeheimdienst MAD gerät unterdessen wegen einer Personalie aus den eigenen Reihen unter Druck. So musste der MAD laut „Spiegel“-Bericht kürzlich einen Verbindungsbeamten, der in einer gemeinsamen Auswerteeinheit den Informationsaustausch mit dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) koordinieren sollte, eilig abziehen. Die Verfassungsschützer hatten den MAD zuvor eindringlich gewarnt, der MAD-Ermittler habe sich in gemeinsamen Runden politisch äußerst zweifelhaft geäußert. Nun ermittelt der MAD, ob der eigene Mann eine rechtsextreme Gesinnung hat. Das Verteidigungsministerium wollte die beiden Vorgänge auf Anfrage weder bestätigen noch dementieren. Personalmaßnahmen und Ermittlungen gegen einzelne Soldaten könnten wegen des Persönlichkeitsschutzes grundsätzlich nicht öffentlich kommentiert werden, sagte ein Sprecher.