360.000 Anträge auf Erstattung von Quarantäne-Verdienstausfällen

Im vergangenen Frühjahr wurde die Regelung um betroffene Eltern erweitert

Nur wenige Arbeitgeber greifen offenbar auf die Möglichkeit zurück, sich Verdienstausfälle von Mitarbeitern unter anderem aufgrund von verordneten Quarantänen erstatten zu lassen. Von Anfang Mai 2020 bis Ende Januar dieses Jahres sind über ein Online-Portal der zuständigen Behörden nur etwas mehr als 360.000 Anträge auf Entschädigung nach Infektionsschutzgesetz eingegangen, geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervor, über die die „Welt“ berichtet.

Die meisten Anträge, fast 115.000, gingen demnach in Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Land, ein. Die wenigsten verzeichnete Bremen mit knapp 2.500. In Anbetracht von deutschlandweit mittlerweile knapp 2,3 Millionen gemeldeten Corona-Infizierten seit Ausbruch der Pandemie dürfte die Zahl der Anspruchsberechtigten jedoch höher liegen. Arbeitgeber haben laut Infektionsschutzgesetz einen Erstattungsanspruch, wenn Beschäftigte aufgrund einer verordneten Quarantäne ihrer Arbeit nicht mehr nachkommen können. Sie müssen in Vorleistung gehen und können sich den Betrag anschließend erstatten lassen. Im vergangenen Frühjahr wurde die Regelung um betroffene Eltern erweitert. Auch Beschäftigte, die sich wegen behördlicher Schulschließungen um ihre Kinder kümmern müssen, fallen darunter. Finden sie keine andere Betreuungsmöglichkeit, können sich deren Arbeitgeber das Geld für den Arbeitsausfall zu einem Teil zurückholen.

Die Zahlen der Bundesregierung beziehen sich allerdings nur auf Anträge, die über das eigens gestartete Online-Portal gestellt worden sind. Die Zahl der tatsächlich eingegangenen Anträge dürfte noch höher liegen. Bayern, Berlin, Hamburg und Sachsen nehmen nicht am Online-Portal teil, Thüringen erst seit wenigen Wochen. „Aufgrund der Zuständigkeit der Länder werden Anträge in Papierform und in den nicht-teilnehmenden Ländern im System nicht erfasst“, heißt es in der Antwort der Bundesregierung. Bundesweit sind mehr als 60 einzelne Behörden für die Bearbeitung der Anträge zuständig. Die Opposition kritisiert die Zurückhaltung der Bundesregierung scharf: „Wie bei den Wirtschaftshilfen scheint sie sich auch hier nicht für die Realität der Betroffenen zu interessieren“, sagte die FDP-Rechtspolitikerin und Bundestagsabgeordnete Katrin Helling-Plahr der Zeitung. „Wieder einmal fehlt eine erkennbare Gesamtstrategie zur Bekämpfung der Pandemie und ihrer Folgen.“

Das Flickenwerk an Verantwortlichkeiten sei symptomatisch für das gesamte Agieren der Bundesregierung. „Die Bundesregierung sollte sich fragen, welches Signal sie damit an die Anspruchsberechtigten sendet“, sagte Helling-Plahr. Die Rechtspolitikerin fordert die Bundesregierung auf, eine unbürokratische und effiziente Hilfe durch das Infektionsschutzgesetz zu schaffen. +++