Zukunft der katholischen Verbände

Erste Onlinerunde der GKP-Region Fulda 2023 mit Buchautor Heinrich Wullhorst über die Zukunft katholischer Verbände unter dem Titel „Leuchtturm oder Kerzenstummel“/ Gesellschaft Katholischer Publizisten feiert auf Bundesebene 75-jähriges Bestehen:

Selbstbewusst und missionarisch sein

Fulda (mb). Können katholische Verbände heute noch in die Weite strahlen? Oder sind sie bereits kurz vor dem „Verglühen“? Für Autor Heinrich Wullhorst eine Frage, die ihn als ausgewiesenen „Verbandsmenschen“ und langjährigen Pressesprecher des Kolpingwerks Deutschland nicht nur innerlich aufwühlt, sondern auch zum Schreiben eines Buches veranlasst hat. „Leuchtturm oder Kerzenstummel?“ lautet Wullhorsts provokanter Titel, den die GKP-Region Fulda zum 75-jährigen Jubiläum der Gesellschaft Katholischer Publizisten (GKP) aufgegriffen hat, um mit dem gebürtigen Rheinländer über die Zukunft der katholischen Verbände in Deutschland online zu diskutieren.

Wir brauchen sie

Mit Thesen des Essener Bischofs Franz-Josef Overbeck jedenfalls hat der Referent wenig am Hut. Dass „diese Sozialformen keine große Attraktivität mehr haben“ (sollen) oder „nicht mehr unsere Kultur sind“, wie der Bischof vor Jahren auf einer Tagung in der katholischen Akademie „Die Wolfsburg“ formuliert hatte, sieht Wullhorst völlig anders. „Wir brauchen sie!“, betont er. „Wir brauchen sie als Berufsverbände wie die GKP oder als Verbände, die sich speziellen Zielen zuwenden. Wir brauchen sie, um die Transformation des Glaubens ins nächste Jahrhundert hinzubekommen. Aber auch, um als Brücke zu den Menschen zu wirken, was die katholischen Verbände immer schon waren.“ Gleichzeitig benennt Wullhorst, der die Online-Runde mit einem historischen Rückblick auf die Entstehungsgeschichte des katholischen Verbandswesens im 19. Jahrhundert begonnen hatte, einige der Problemfelder, vor denen die Verbände aktuell stehen: Rückgang des katholischen Lebens, Auflösung katholischer Milieus, Bedeutungsverlust von Kirche, Mitgliederschwund in Kirche und Verbänden, Glaubwürdigkeitsverlust und nicht zuletzt die Missbrauchsverbrechen. Unter dem Strich hätten all diese Faktoren der Verbandsentwicklung erheblich geschadet.

Heimat bieten

Für Wullhorst, der zurzeit unter anderem die Öffentlichkeitsarbeit des Bundes Katholischer Unternehmer (BKU) betreut und zugleich Pressereferent des Cartellverbands (CV) der katholischen Studentenverbindungen ist, kein Grund zu resignieren. Er plädiert vielmehr dafür, dass die katholischen Verbände ihr jeweiliges Profil stärken, neue Zielgruppen suchen, neue Veranstaltungsformen finden (z.B. Onlineformate) und aktiv Themen in Gesellschaft und Politik setzen sollten. „Die katholischen Verbände müssen Menschen eine Heimat geben und Glauben leben.“ „Und: Wir müssen deutlicher und lauter werden“, fordert Wullhorst. Damit das gelingen kann, ist es aus seiner Sicht notwendig, „raus zu den Menschen zu gehen, sich zu präsentieren, aktiv Themen zu setzen und in ihren politischen Konzepten wie beim Rentenmodell der katholischen Verbände alltagstauglich zu werden.“ Aber genau darin liegt die Crux. Leider „sind wir nicht mehr nah bei den Menschen“, bedauert der Referent. Zu sehr hätten sich die Verbände in die Pfarrheime drängen lassen. „Wir müssen uns von den lokalen Kirchtürmen wegbewegen, uns in das Leben einmischen“, lautet Wullhorsts Devise. Beispielsweise indem Veranstaltungen in Kneipen angeboten werden.

Verbände bleiben lebensfähig

Trotz schwieriger Ausgangslage zeigt sich der Journalist und Kommunikationsberater optimistisch. Die katholischen Verbände blieben „auch in der Krise lebensfähig.“ Mehr als eine Million Mitglieder sei ein „gutes Pfund“. Eine Ausgangslage, auf der man sich jedoch nicht ausruhen dürfe. Neue Mitglieder zu gewinnen, ist ein entscheidender Aspekt für die Zukunftsfähigkeit der Verbände. Das könne am besten durch direkte Ansprache gelingen. Ebenso wichtig sei, die Medienvielfalt, insbesondere die digitalen Möglichkeiten zu nutzen. „Wir müssen selbstbewusst die Sache angehen, manchmal unbequem sein und deutlich machen: Wir sind da!“ „Das ist eine geradezu „missionarische und keine leichte Aufgabe“, meint Wullhorst, der mit dem „Missionarisch sein“ einen Gedanken der langjährigen GKP-Vorsitzenden Michaela Pilters aufgegriffen hatte. Sie sagt im Verlauf der Diskussion, die Sichtbarkeit eines Verbandes in der Öffentlichkeit sei das eine, aber wie missionarisch dessen Mitglieder seien, der andere wesentliche Aspekt in der Gesamtbetrachtung. „Wer bekennt sich noch dazu, steht dafür ein und brennt für die Arbeit des Verbands?“, hinterfragt Pilters. Und ergänzt, Verbände – nicht nur die katholischen – litten darunter, dass viele sich nicht mehr dauerhaft binden wollten. In der GKP sieht das erfreulicherweise anders aus. „Wir sind einer der wenigen katholischen Verbände mit steigenden Mitgliederzahlen“, berichtet die ehemalige Leiterin der ZDF-Redaktion Kirche und Leben. Die GKP habe es geschafft, das „Generationengap“ zu überwinden. Junge wie ältere Mitglieder fühlen sich in der Gesellschaft Katholischer Publizisten zuhause. Dass das so ist, hat für Pilters etwas damit zu tun: „Wo finde ich Gleichgesinnte und als katholische Journalistin oder Journalist ein Stück Heimat.“

Als „angenehm und spannend“ hatte nicht nur Referent Wullhorst die Diskussionsrunde nach dem Vortrag empfunden. „Wir sind ein ganzes Stück reicher an Information“, urteilt Regionalbeauftragter Michael Schwab über den ersten Termin der GKP-Region Fulda in diesem Jahr. „Mit unserer Präsenz wollen wir Ansprechpartner für Gleichgesinnte vor Ort sein und durch unsere Angebote mitwirken am großen Netzwerk der GKP aus Wissen, Erfahrung und persönlichem Austausch.“ Mehr Informationen über die GKP unter: www.gkp.de. +++ ms