Zeitzeugengespräch in der Pflegeschule

Reges Interesse bei den jungen Menschen

. Gruppenfoto mit Zeitzeugen und Schülerschaft der Pflegeschule. Foto: C. Scharf

Eine Gruppe polnischer Seniorinnen und Senioren, die zurzeit als Gäste der Caritas einen Erholungsaufenthalt in Osthessen wahrnehmen, besuchte in ihrer Eigenschaft als Zeitzeugen aus der NS-Zeit die Caritas-Pflegeschule, um mit den Schülerinnen und Schülern über die Vergangenheit und ihre Erlebnisse als Verfolgte der NS-Zeit ins Gespräch zu kommen. Auf Grund ihrer jüdischen Herkunft oder durch politisches Engagement waren die Familien der Senioren in den 40er Jahren während der Besetzung Polens in den Blick des Hitler-Regimes geraten.

Helena Saalmüller, stellvertretende Pflegeschulleiterin, begrüßte die Gäste und betonte, wie wichtig der Schule die jährlich stattfindenden Zeitzeugengespräche seien. Für die jungen Menschen böten sich jetzt noch die Gelegenheiten mit Menschen zu reden, die als Kinder selbst die Zeit der Verfolgung erlebt hatten und ihre Erinnerungen teilen könnten. Zudem wäre es wichtig für Pflegeschülerinnen und -schüler zu erkennen, dass alte Menschen immer „ein Päckchen“ an persönlichen Erinnerungen mit sich durchs Leben tragen, und dass sie im Laufe ihres Berufslebens auch mit Personen Berührung bekommen, die unbewältigte Traumata in sich trügen.

Das Gespräch zwischen den Senioren und der Schülerschaft gestaltete dank des Dolmetschers Wieslaw Cislak und einer Schülerin als Co-Dolmetscherin als sehr lebendig. Die Senioren berichteten über ihr Familienschicksal und ihren persönlichen Lebensweg. Eine der Frauen erzählte, dass ihre Mutter sie als Kleinkind aus dem Ghetto herausgeschmuggelt hatte. So konnte sie bei einer befreundeten Familie aufwachsen, ihre Mutter dagegen kam durch die NS-Schergen zu Tode. Auch die anderen Zeitzeugen berichteten über ein Leben in Verstecken oder mit falscher Identität, über Flucht und Tod von Angehörigen; sie berichteten aber auch, wie das Leben nach Ende des Zweiten Weltkriegs weiterging: Ein Mann erzählte, dass er nach 70 Jahren Verwandte in Israel aufgespürt hatte, mittlerweile gab es bereits zahlreiche wechselseitige Besuche in Polen und Israel. Alle Seniorinnen und Senioren engagieren sich, um ihre Erinnerungen für die nachkommenden Generationen als Warnung wachzuhalten. „Geht zur Europawahl“, appellierte eine der Zeitzeuginnen an die Schülerinnen und Schüler. „Es ist wichtig, die Demokratie und den Zusammenhalt der EU zu bewahren!“.

Für die alljährlichen Besuche der polnischen Zeitzeugen, die auch der Wiedergutmachung sowie der Pflege der deutsch-polnischen Freundschaft dienen, kooperiert die Caritas Fulda mit dem Maximilian-Kolbe-Werk in Freiburg. Dieses Jahr ist zum 39. Mal eine Gästegruppe in Osthessen zu Gast – untergebracht sind die Besucher mit ihrer ehrenamtlichen Caritas-Betreuerin Gisela Bauer im Kloster Hünfeld. Zum Abschluss des Besuches der Zeitzeugen in der Pflegeschule stellte man sich am Pausenplatz mit den roten Caritas-Bänken zum Erinnerungsfoto auf. +++

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