Wie die Bürokratie die deutsche Wirtschaft ausbremst

Ein erschreckendes Beispiel

Dipl.-Ing. Heinrich Leist, Gründer und Inhaber. Foto: privat

In einem beschaulichen Ortsteil von Bad Hersfeld, in Kathus, ist der Prototyp eines Inhabergeführten Familienbetriebes zuhause. Die Leist Oberflächentechnik GmbH & Co. KG. Ein typisches, repräsentatives Unternehmen des starken und innovativen deutschen Mittelstands.

Mit was beschäftigt sich das Unternehmen? Mit der Veredlung und Beschichtung von Oberflächen, insbesondere von Schrauben. Jedes Jahr eine unglaubliche Menge von über 72.000 Tonnen. Das passiert in drei Werken. Eines in Bad Hersfeld, eines im thüringischen Fambach und eines in Jicin, was in der Tschechei liegt. In Bad Hersfeld sind 230 Mitarbeiter, in Fambach 120 und in Jicin 60 Mitarbeiter beschäftigt. Das Werk in Bad Hersfeld hat nahezu 30.000 qm Fläche, das in Fambach 25.000 qm und in Jicin sind es 4.000 qm. Das Gespräch mit dem Inhaber, Dipl.-Ing. Heinrich Leist ist äußerst interessant. Die Firma, die 1968 von ihm auf dem elterlichen Bauernhof gegründet wurde, hat eine lebendige, spannende und bemerkenswerte Geschichte. 2018 wurde das 50 jährige Bestehen gefeiert.

Die Kunden sind überwiegend Automobilkonzerne, aber auch der Maschinenbau und die Möbelindustrie aber auch die Branche Windenergie. Die Abnehmer haben hohe Erwartungen an Qualität aber auch an Liefertreue und Flexibilität. Letztlich auch an einen wettbewerbsfähigen Preis. Um den Fortbestand des Unternehmens zu sichern ist es daher unabdingbar, immer wieder zu investieren und zu modernisieren. Doch das alleine reicht nicht aus, um dauerhaft am Markt erfolgreich zu sein. Auch auf die Ausbildung der Mitarbeiter ist ein besonderer Fokus zu legen. Heinrich Leist, der studierte Elektroingenieur, hat sich zunächst beim Computerpionier Konrad Zuse verdient gemacht, bevor er die Verantwortung für seinen eigenen Betrieb übernahm. Sicher auch verbunden mit den ein oder anderen schlaflosen Nächten. Es ist in der Tat ein Unterschied, ob man eine gesicherte Position in der Wirtschaft innehat oder die Verantwortung für Familie, Mitarbeiter und die gesamte Geschäftstätigkeit trägt.

Wie formulierte Ulli Hoeneß einmal bezüglich des Faktors Erfolg?: „Nach oben kommen, ist schwer. Oben zu bleiben, ist jedoch ungleich schwerer.“ Wie recht er hat. Das erkennt man auch an der momentan schwachen Phase des Clubs. Gerade ein Unternehmen muss sich ständig neuen Herausforderungen stellen. Muss konstant lern-bereit und fähig sein. Ist gezwungen, kontinuierlich alles zu überdenken, in Frage zu stellen und neue innovative Lösungen zu erarbeiten. Veränderung und Wandel sind zwingend erforderlich, um den Widrigkeiten des Marktes zu trotzen. Nicht zu vergessen, die nicht einfachen Gespräche mit den Banken, um günstige Kredite für die Investitionen zu verhandeln.

Leist hat früh erkannt, wie wichtig Ausbildung ist und wie entscheidend, die richtigen Mitarbeiter an Bord zu haben. Gute Fachkräfte zu finden und Nachwuchs auszubilden. Daher machte er sich in einem Punkt besonders verdient. Er richtete Berufsorientierungsbüros an den Schulen in Bad Hersfeld ein. Die Ausbildung der Fachkräfte und Führungskräfte fördert er durch besondere Ausbildungs- und Studienprogramme, nicht zuletzt als Kooperationspartner der Technischen Hochschule Mittelhessen. Für dieses weitsichtige Engagement wurde er 2017 mit der höchsten Auszeichnung des Landes Hessen, der Georg-August-Zinn-Medaille ausgezeichnet. Die Auszeichnung nahm der ehemalige Ministerpräsident Volker Bouffier vor. Jeder kann sich vorstellen, welch weitreichende Folgen eine Fehlentscheidung für ein Unternehmen haben kann. Wöchentlich finden sich entsprechende Beispiele. Daher sind jeden Tag Achtsamkeit, Aufmerksamkeit, Analysefähigkeit und Recherche gefordert. Deshalb ist es auch für Leist notwendig, entsprechend umfangreiche Grundlagenforschung zu betreiben. Dies erfolgt in den hoch ausgerüsteten Laboren an den verschiedenen Standorten.

Nun kommen neue Herausforderungen auf den Unternehmer zu. Mit der Transformation in der Automobilindustrie – mit der er 90 Prozent seinen Umsatzes erzielt – hin zu Elektromobilität wird langfristig zwangsläufig ein Umsatzrückgang in Höhe von 30 Prozent – 40 Prozent verbunden sein. Viele Schrauben und Verbindungen fallen durch die neue Antriebstechnologie einfach weg. Dies gilt es, mit Ideenreichtum so weit wie möglich zu kompensieren. Man sollte annehmen, dass der Staat Unternehmen unterstützt und dafür Sorge trägt, dass sie sich auf ihr originäres Geschäft konzentrieren können. Das allein fordert genug Energie. Doch weit gefehlt. Leist weiß von Dingen zu berichten, die man kaum glauben mag. So muss er sage und schreibe ca. 30 (Dreißig) Betriebsbeauftragte benennen und beschäftigen. Sie lesen richtig Im Anschluss sind diese aufgeführt. Den Brandschutzbeauftragten, den Ersthelfer und den Umweltmanagementbeauftragten – diese sind sicherlich sinnvoll und lassen sich erklären. Doch eine befähigte Person zur Prüfung von Leitern? Ein Störfallbeauftragter? Eine befähigte Person zur Prüfung von Anschlag- und Lastenaufnahmemittel?

Das ruft Kopfschütteln hervor. Denn es ist nicht damit getan, diese 30 Beauftragten zu ernennen: Nein, sie müssen ständig speziell geschult werden, müssen sich mit kontinuierlich ändernden Vorschriften beschäftigen. Sie müssen ihre Kontrollarbeiten umfangreich dokumentieren! Und sie werden angehalten, sämtliche Dokumentationen entsprechend sicher zu archivieren. Das alles schafft keine Wertschöpfung, keine Produktivität. Im Gegenteil, das alles ist höchst kontraproduktiv. Und Leist ist nicht der Einzige, der darunter leidet. Als ob die hohen Energiekosten, die hohen Lohnkosten und die unzähligen Auflagen und Verordnungen nicht schon reichen würden. Hier macht man es den Unternehmen unnötig schwer. Alles mag gut gemeint sein, aber geht an der Realität völlig vorbei und bremst die Produktivität aus. Daher der Apell an die Politik: Schaffen Sie diese Bürokratie Monster schnellstens ab. Sorgen Sie dafür, dass Unternehmer wieder Freude an und Lust auf unternehmerisches Engagement haben! Der Wirtschafts-Standort Deutschland hat es bitter nötig.

Hier die Auflistung der Betriebsbeauftragten: Abfallbeauftragter, Abnahmebeauftragter, Beauftragte Person Aufzugsanlagen, Befähigte Person Prüfung elektrischer Betriebsmittel, Brandschutzbeauftragter, Befähigte Person Prüfung Leitern, Befähigte Person Prüfung Anschlag & Lastenaufnahmemittel, Befähigte Person Prüfung Überwachungsbedürftiger Anlagen, Befähigte Person zur Prüfung / Wartung kraftbetriebener Türen, Tore, Fenster, Beauftragter Ladungssicherheit, Betriebsärzte, Datenschutzbeauftragter, Datenschutzkoordinator, Ersthelfer, Fachkraft für Arbeitssicherheit, Fremdfirmen-Koordinator, Gefahrgutbeauftragter, Immissionsschutzbeauftragter, Kundenbeauftragter, Produktionssicherheits- und Konformitätsbeauftragter, Prüfmittelbeauftragter, Qualitätsmanagementbeauftragter, Sicherheitsbeauftragter in chemischen Laboratorien, Sicherheitsbeauftragter, Störfallbeauftragter, Strahlenschutzbeauftragter, Umweltmanagementbeauftragter, verantwortliche Elektrofachkraft, Zollbeauftragter. +++ Klaus H. Radtke