Vorgetäuschte Sicherheitskontrollen im AKW Biblis

Umweltministerium wurde Anfang Mai 2015 erstmalig informiert

AKW / Bild: pixelio.de

Wiesbaden. Wie das Umweltministerium mitteilte, wurde das Ministerium von der Kraftwerksbetreiberin RWE-Power erstmalig am 5. Mai 2015 vom Verdacht vorgetäuschter Wiederkehrender Prüfungen eines Mitarbeiters informiert. Dabei handelte es sich insbesondere um nicht durchgeführte Prüfungen zur Funktionsweise und Zuverlässigkeit von Labor-, Strahlungs- und Reservemessgeräten. Diese insgesamt 11 Verdachtsfälle fielen in den Zeitraum April 2014 bis März 2015. Es handelte sich bei den vorgetäuschten WKP um keine melderelevanten Ereignisse nach der Atomrechtlichen Sicherheitsüberprüfungs- und Meldeverordnung. Die sogenannten Wiederkehrenden Prüfungen sind in Prüfhandbüchern für Block A und Block B festgelegt. Seit Einstellung des Leistungsbetriebes des Kraftwerks in Biblis werden weiterhin mehr als 2.000 WKP durchgeführt.

Nach Bekanntwerden der Verdachtsfälle hat die Kraftwerksbetreiberin dem betroffenen Mitarbeiter sofort den Zutritt zum Kraftwerksgelände untersagt und ausgeschlossen, dass technische Probleme und organisatorische Mängel Grund für die Auffälligkeiten bei den Wiederkehrenden Prüfungen waren. Es wurden durch die Kraftwerksbetreiberin alle im Jahr 2014 und 2015 bis dahin von diesem Mitarbeiter durchgeführten Prüfungen erneut kontrolliert und soweit erforderlich wiederholt. An diesen Überprüfungen waren behördlich hinzugezogene Gutachter beteiligt. Darüber hinaus wurde die sicherheitstechnische Relevanz der nicht durchgeführten Messungen durch das Umweltministerium als Aufsichtsbehörde überprüft. Eine Gefährdung des Personals oder der Bevölkerung konnte direkt ausgeschlossen werden. Die Betreiberin des Kraftwerkes Biblis hat umgehend gehandelt und den betroffenen Mitarbeiter fristlos entlassen. Die Kündigung wurde vom Betroffenen juristisch angefochten und daraufhin vor einem Arbeitsgericht verhandelt. Es bestand zu keinem Zeitpunkt eine Gefährdung des Personals oder der Bevölkerung. Darum bestand keine Notwendigkeit zur Information der Öffentlichkeit. Im Gegensatz zum AKW Phillipsburg 2 ist Biblis seit 2011 nicht mehr im Leistungsbetrieb. Außerdem handelt es sich bei dem betroffenen Mitarbeiter aus Biblis um einen internen Mitarbeiter von RWE.

Schmitt (SPD): Hinz zerdeppert Vertrauen

Der atompolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion Norbert Schmitt hat die vorgetäuschte Sicherheitskontrollen im Atomkraftwerk Biblis wie folgt kommentiert: „Es ist schon ein starkes Stück, wenn der baden-württembergische Amtskollege von Frau Hinz über einen Vorfall informiert, der in die Zuständigkeit der hessischen Umweltministerin fällt. Die Ausrede aus dem Ministerium, dass die vorgetäuschten Sicherheitskontrollen und gefälschten Prüfprotokolle nicht meldepflichtig seien, ist unverantwortlich und befremdlich und im Sinne der Transparenz fahrlässig. Das ausgerechnet eine Umweltministerin von Bündnis 90/Die Grünen sich so verhält und es nicht für nötig hält, die Bürgerinnen und Bürger der Region umfassend zu informieren, schadet der Vertrauensbildung. Im Zuge des Rückbaus des AKW Biblis wurde extra ein Beirat eingerichtet, der eine größtmögliche Transparenz gegenüber der Bevölkerung gewährleisten soll. Frau Hinz hat nun wieder dazu beigetragen, dass das aufgebaute Vertrauen zerdeppert wurde. Die Ministerin hielt es noch nicht einmal für nötig, die Obleute der im Hessischen Landtag vertretenen Parteien zu informieren. Mit ihrer Informationsunterlassung hat sie es möglicherweise zudem zu verantworten, dass bei in Betrieb befindlichen Atomkraftwerken nicht überprüft werden konnte, ob dort ebenfalls Prüfungen vorgetäuscht worden sind. Die SPD wird eine Sondersitzung des Umweltausschusses beantragen, in der Frau Hinz Rede und Antwort stehen muss und nicht schweigen kann.“

Rock: Früher haben die Grünen mehr Sensibilität an den Tag gelegt

„Die Informationspolitik der schwarz-grünen Landesregierung ist auch in diesem Zusammenhang äußerst dürftig – genau wie wir es ja bereits vom Innenminister kennen. Wir hätten erwartet, dass über ein solches Vorkommnis im ULA berichtet wird, insbesondere wenn die Ministerin darüber bereits fast ein Jahr Bescheid wusste. Da spielt es auch keine Rolle, dass es sich nicht um ein „meldepflichtiges Ereignis“ handelt. Früher haben die Grünen bei Themen wie diesen mehr Sensibilität an den Tag gelegt“, so René Rock, energiepolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Hessischen Landtag. +++ fuldainfo

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