Vonderau Museum Fulda zeigt Sonderausstellung „Ötzi – der Mann aus dem Eis“

Eigene Sichtweise auf Ötzi

Am Mittwoch dieser Woche wurde im Beisein der Stadt- und Kreisarchäologin Milena Wingenfeld, Mitgliedern des Fuldaer Geschichtsvereins und etwa interessierten 70 Gästen in der Kapelle des städtischen Vonderau Museums Fulda die Sonderausstellung „Ötzi – der Mann aus dem Eis“ eröffnet. Die Ausstellung widmet sich der am 19. September 1991 durch die deutschen Urlauber Erika und Helmut Simon im Bereich des Tisenjochs im Schnalstal auf 3.210 Metern Höhe entdeckten, weltbekannten Gletschermumie und der Nachbildung der Gegenstände, die am Fundort gefunden wurden. Komplettiert wird die Ausstellung, die bis zum 14. Mai 2023 im Vonderau Museum beherbergt wird, durch die Präsentation der damaligen Jagdwaffen und Jagdtiere sowie alles Wissenswerte über den Ackerbau und der Viehzucht. Ergänzend hierzu zeigt „Ötzi – der Mann aus dem Eis“ Fundstücke aus der Kupferzeit aus Osthessen und Hessen.

„Die Archäologie hat – wie Sie alle wissen – schon eine sehr lange Tradition“, so Museumsdirektor Dr. Frank Verse in seinen einleitenden Worten zur Begrüßung anlässlich der Ausstellungseröffnung von „Ötzi – der Mann aus dem Eis“ am Mittwoch in Fulda. Verse weiter: „Bereits 1926 hat der Arzt und Regionalhistoriker Johann Joseph Schneider bei Bimbach Grabungen vorgenommen, die der Bronzezeit zugeordnet werden und Anfang des 20. Jahrhunderts führte Joseph Vonderau zahlreiche Grabungen in Osthessen durch. Ein großer Teil unserer archäologischen Sammlungen stammen aus dieser Zeit und von diesen Ausgrabungen. Wir zeigen immer wieder zahlreiche Sonderausstellungen zum Thema Archäologie – zuletzt im vergangenen Jahr anlässlich des Keltenjahres.“

Bei der Sonderausstellung gehe es, nach Museumsdirektor Dr. Frank Verse, auch sehr stark um unsere eigene Sichtweise auf Ötzi, die, bedingt durch seine Gegenstände, die er bei sich trug, immer wieder erweitert und ergänzt werden kann und uns neue Eindrücke aus der Kupferzeit heute vor 5.300 Jahren gewinnen lässt. Wie Verse am Mittwochabend mit einem Schmunzeln verriet, sei er zwischenzeitlich auch immer wieder einmal gefragt worden, ob man denn den Original-Ötzi nach Fulda geholt hätte. Hierzu führte Verse aus: „Wenn man sich mal die Überführung 1998 von Innsbruck nach Bozen vergegenwärtigt und bedenkt, welcher Aufwand, welche strikten Sicherheitsvorkehrungen und welch konservatorische Technik damit verbunden sind, der wird sich sicher eingestehen, dass das nicht ganz so einfach ist.“ Wenngleich, so der Museumsdirektor weiter, hätte das Vonderau Museum Fulda keine Kosten und Mühen gescheut, um den Original-Ötzi nach Fulda zu holen. Für die Sonderausstellung im Vonderau Museum Fulda gibt es, wie Museumsdirektor Verse verriet, „mehrere Gründe“. Ein Grund ist die durch die Konservierung im Gletschereis „gute Erhaltung von organischen Substanzen“, was Parallelen aufweist zu ähnlichen Funden, wie man sie in Osthessen und Hessen gefunden hat. Auch die Ausrüstung, die am Fundort gefunden wurden – „Bogen aus Eichenholz, Kupferbeil, Pfeilspitzen – all das können wir auch für unsere Funde vermuten. Ein Blick auf Ötzis Ausrüstung lässt darauf schließen, wie Ausrüstungsgegenstände hier bei uns ausgesehen haben könnten. Wir können an seiner Ausstattung sehen, dass diese wirklich seine Alltagsausstattung gewesen sein muss und die eben nicht nur den Filter von Bestattungsbräuchen gegangen ist. Mit der Rekonstruktion von Ötzi zeigen wir auch Fundstücke derselben Zeit aus Osthessen und Hessen, um zu demonstrieren, wie die Funde zu etwa derselben Zeit hier ausgesehen haben“, so Dr. Verse.

Der Museumsdirektor weiter: „Ötzi. Sein richtiger Name unbekannt. Männlich, circa 46 Jahre alt, 1,60 Meter groß, dunkle, mittellange, gewellte Haare. Geboren vermutlich in Feldthurns in Südtirol und zuletzt im Etschtal lebend. Gestorben im Frühsommer vor circa 5.300 Jahren im Bereich des Tisenjochs in den Ötztaler Alpen auf 3.210 Metern Höhe. Entdeckung: 19. September 1991, Überführung nach Innsbruck am 23. September des gleichen Jahres. Seit 16. Januar 1998 im Archäologiemuseum in Bozen (Italien). 2001 wurde bei der Röntgenbildauswertung eine steinerne Pfeilspitze in seiner linken Schulter entdeckt, was darauf hindeutet, dass Ötzi ermordet wurde. Diese nüchterne Auflistung von Daten lässt nicht erkennen, dass wir es bei dem Mann aus dem Eis um eine der wichtigsten archäologischen Entdeckungen Europas des 20. Jahrhunderts zu tun haben.“ Weiter ging Dr. Verse auf die Fundumstände, die Bergungsversuche, auf die Ausrüstung, die Ötzi mit sich führte, seine Bekleidung wie seine Fellmütze und sein Fellmantel, auf seinen Gesundheitszustand und auch seine Tätowierungen ein. Die Linien wurden nicht wie heutige Tattoos mit einer Nadel in die Haut eingestochen, sondern wurden durch feine Schnitte vorgenommen. An Ötzis Fundort wurden einige Haarbüschel gefunden. In den Haaren fanden sich Spuren von Arsen, was möglicherweise darauf schließen lässt, dass der Mann gelegentlich Erzverarbeitungsprozessen beiwohnte. Sein Magen war bei der Untersuchung gut gefüllt, was darauf schließen lässt, dass er kurz vor seiner Ermordung Nahrung zu sich genommen hat.

Bei all den wissenschaftlichen Erkenntnissen, die man bis heute über die bekannteste Gletschermumie gewinnen konnte, war es dem Leiter des städtischen Vonderau Museums Fulda am Mittwochabend anlässlich der Ausstellungeröffnung dennoch über Gebühr wichtig zu erwähnen, „dass wir bei Ötzi nicht nur den spannenden Fund sehen sollten, das spannende Objekt, das wir uns anschauen können, und das uns Wissen verleiht, sondern wir sollten bei alldem auch nicht vergessen, dass es sich bei Ötzi um einen Menschen handelt; um einen Menschen, der die letzten Tage, Stunden und Minuten seines Lebens ein schweres Schicksal erlitt, und welches ihn letztlich hoch oben am Tisenjoch heimsuchte.“ Zur Ausstellung finden mehrere begleitende Veranstaltungen statt. Nähere Informationen sind auf der Internetpräsenz des Vonderau Museums einzusehen. +++ jessica auth