Verkaufsoffener Sonntag am 9.10. in Petersberg gekippt

Verwaltungsgericht Kassel entscheidet für „Allianz“

Liobakirche in Petersberg

Fulda. Mit seiner heutigen Entscheidung hat das Verwaltungsgericht Kassel die für kommenden Sonntag in Petersberg bei Fulda geplante Ladenöffnung aus Anlass des „Krempel- und Spaßmarktes“ gekippt. Die hierzu von der Gemeindeverwaltung erlassene Allgemeinverfügung beurteilen die Richter „als offensichtlich rechtswidrig“, weil sie den Anforderungen des Hessischen Ladenöffnungsgesetzes (HLöG) nicht genüge. Geklagt hatten der Diözesanverband Fulda der Katholischen Arbeitnehmer-Bewegung (KAB) und die Gewerkschaft ver.di im Auftrag der „Allianz für den freien Sonntag“.

Nach dem HLöG, so das Gericht, bedürfe es „einer begründeten realistischen Prognose“ hinsichtlich „der zu erwartenden Besucherzahlen“ der Anlassveranstaltung. Die von der Gemeinde Petersberg dargelegten „Erfahrungswerte vergangener Jahre“ seien „nicht nachvollziehbar“. So werde beim „Großflohmarkt“ des Veranstalters Jäger eine Besucherzahl von 5.000 bis 6.000 Personen angenommen, doch „erscheint dem Gericht vorliegend fernliegend“, dass „diese Prognose unabhängig von einer Öffnung der Ver- kaufsstellen am Sonntag“ sei. Und aus den Verwaltungsunterlagen ergebe sich bereits, „dass der geplante ‚Krempel- und Spaßmarkt‘ nicht die Hauptsache darstelle, sondern mit dem geplanten verkaufsoffenen Sonntag „mindestens gleichberechtigt nebeneinander“ stehe.

Darüber hinaus habe die Gemeindeverwaltung Petersberg den ihr durch das HLöG „eingeräumten Ermessensspielraum dadurch überschritten“, dass „sie die Offenhaltung der Ver- kaufsstellen nicht inhaltlich auf bestimmte Handelszweige beschränkt hat, für deren Öffnung an einem Sonntag anlässlich eines ‚Krempel- und Spaßmarktes‘ ein sachlicher Grund bestehen könnte“. Die Richter kritisierten, die sonntägliche Ladenöffnung sei zwar räumlich „auf bestimmte Straßenzüge“, aber nicht gleichzeitig „auf bestimmte Handels- zweige“ begrenzt worden.

Familienbund begrüßt Verwaltungsgerichtsurteil

„Gut so!“ - Der Familienbund der Katholiken in Hessen begrüßt das heutige Urteil des Kasseler Verwaltungsgerichts mit dem Verbot des in Petersberg geplanten verkaufsoffenen Sonntags. Landesvorsitzender Hubert Schulte stellt zufrieden fest, dass dem Schutz der Arbeitnehmer und dem Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe mit dieser Entscheidung Vorrang vor wirtschaftlichen Interessen eingeräumt werde. Der Einsatz von Verdi und von der katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB) für den Sonntag als arbeitsfreien Tag komme vielen Arbeitnehmern und ihren Familien zugute und verdiene Anerkennung und Unterstützung. Dass gleichzeitig das Verwaltungsgericht in Darmstadt einen ebenfalls für den kommenden Sonntag in Weiterstadt vorgesehenen verkaufsoffenen Sonntag untersagt habe, verstärke den Eindruck, dass immer mehr Gemeinden immer öfter die gesetzlich gebotenen Feiertagsvorgaben zu unterlaufen versuchten. In Darmstadt hatten die Gewerkschaft und die evangelische Kirche erfolgreich Klage eingereicht. +++


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5 Kommentare

  1. Ich begrüße diese Entscheidung sehr! Dank an ver.di und KAB!
    Was geht denn der Gemeinde verloren?
    Geld? Jeder Euro kann nur ein Mal ausgegeben werden.

    Was geht den Angestellten verloren?
    Lebensqualität, denn z.B. mit Freunden und Verwandten kann mensch sich meist nur am Wochenende treffen - weil da arbeitsfreie Zeit ist. Theoretisch. Für viele heutzutage auch das nicht mehr.

    Man muss nicht religiös sein, um im menschlichen Leben mehr zu sehen als eine permanente Abfolge von Geld-Erwerb und Geld-Ausgeben. Das ist notwendig und manchmal u.U. auch schön – aber längst nicht alles und sollte vor allem nicht in unserem Denken und Handeln stets dominieren.
    Wir müssen die wenigen Grenzen, die dem „Terror der Ökonomie“ noch gesetzt sind, verteidigen, damit möglichst vielen Menschen noch die Möglichkeit bleibt, sich jenseits von Produktion / Konsumtion zu erfahren.

  2. Das Leben besteht weißgott nicht nur aus Shoppen! Genau deshalb sollte der Sonntag als Ruhetag bzw. Tag der Besinnung erhalten bleiben. Es gibt genügend Alternativen auch für Berufstätige: abends z. Bsp. oder am Samstag. Da muss man nicht auch noch am Sonntag shoppen. Und wer das dann trotzdem will, kann ja auf die Online Plattformen wie ebucht oder Amaz... zurückgreifen.

    Es hat in der Geschichte der Arbeit in diesem Land lange und harte Kämpfe mit den Arbeitgebern gegeben, den Sonntag nur in Ausnahmefällen als Arbeitstag zuzulassen. Wer das immer mehr aufweicht, handelt gegen die sozialen Interessen der Menschen!

  3. Da frag ich mich doch, liebe Niniane, mit welchen Verkäufern du gesprochen hast. Von wegen Sonntagszuschlag. Doppelte Stunden nennst du guten Zuschlag? Freiwillig. Ja klar, aber gezwungen. Auch der Verkäufer hat Familie. Wo bleibt die an diesem Tag? Wo arbeitest du. Kann ich da auch am Samstag oder Sonntag eine Leistung von dir bekommen?

  4. Tja, Niniane das mit den Füßen abstimmen ist ja toll, aber wie an anderer Stelle bereits schon gesehen, muss in einem Rechtsstaat das Gesetz gelten und auch eingehalten werden.
    Entscheidend ist der Anlass für die Sonntagsöffnung. Aber wenn es keinen Sonntag mehr gibt für die Verkäufer/innen, dann brauchtes dass auch nicht für Lehrer, Beamte, Handwerker usw. Alle frei oder Alle arbeiten. Wie schmeckt das Niniane. Und zu den Bundesländern, welche du ansprichst, da ist es mit den christlichen Werten teilweise nicht weit. Christliche Werte wie Nächstenliebe und soziales Einsatz für Schwächere ist manchen nicht so wichtig als Events.

  5. Hm, ich war schon öfters auf dem Petersberger Flohmarkt (+ verkaufsoffenem Sonntag in z.B. Hammer, Sommerlad und Globus u.a.): Ich finde das unglaublich, was dort für Menschenmassen auflaufen. Wenn sogar noch schönes Wetter ist, sieht man endlose Schlangen von Shopping-Begeisterten, die das Ganze als Event für die Familie ansehen. Tatsächlich können Familien oft die Woche über nicht zusammen einkaufen gehen, weil die Kinder in der Schule und die Eltern an der Arbeit sind. Daher kommen viele Besucher von weit her, um gemeinsam durch die Geschäfte zu streifen und eine Grillwurst zu verzehren. Es ist also schlicht falsch, dass die Kirche solche Verkaufsveranstaltungen als familienfeindlich anprangern will. Außerdem habe ich mich mit Verkäufern unterhalten: Die melden sich gerne freiwillig dafür, weil sie ordentliche Sonntagszulagen kriegen. Verdi und die Kirche kämpfen für meine Begriffe einen Kampf gegen Windmühlenflügel. In anderen europäischen Ländern, wie Frankreich, England, Holland gibt es mittlerweile überall 24-Stunden Geschäfte, Tesco, Carrefour und wie sie alle heißen. Selbst in Deutschland gibt es in einer Reihe von Bundesländern Geschäftsöffnungszeiten bis spät nachts und an Sonn- und Feiertagen. Wenn die verkaufsoffenen Sonntage abgeschafft würden, ginge kein Mensch zusätzlich in die Kirche, unternähme keine Familie stattdessen einen Kinobesuch, einen Spielenachmittag, einen Spaziergang oder einen Zoobesuch. Keine Frage, dass es auch gruselig ist, wenn der Sinn vieler Menschen nur noch aus Konsumieren besteht. Aber sorry liebe KAB und ver.di - die Leute stimmen an dieser Stelle sozusagen mit den Füßen ab.

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