Umweltministerin fordert Umdenken in Landwirtschaftspolitik

Bauernverband erwartet 1,4 Milliarden Euro Schaden durch Ausfälle

Ernte

Berlin. Bundesumweltministerin Svenja Schulze fordert angesichts des Klimawandels einen grundlegenden Wandel in der deutschen Landwirtschaft. Mit Blick auf die zuletzt in Teilen Deutschlands registrierten heftigen Starkregen und langen Dürreperioden sagte Schulze dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“: „Wir müssen damit rechnen, dass solche Extremwetterereignisse in Zukunft deutlich zunehmen.“ Da sei eine „kluge Anpassung an die jetzt schon nicht mehr vermeidbaren Folgen des Klimawandels“ nötig. Die Agrarpolitik Deutschlands müsse Umweltaspekte stärker berücksichtigen: „Wir brauchen eine Agrarpolitik, die eine nachhaltig wirtschaftende Landwirtschaft fördert“, so die SPD-Politikerin. „Das funktioniert nur, wenn künftig Umwelt-, Natur- und Klimaschutz integrale Bestandteile der Agrarpolitik werden“, forderte Schulze. „Dann wäre die Landwirtschaft krisenfester – und somit auch ökonomisch robuster“, betonte die Ministerin. Am Dienstag kommt Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) in Berlin mit ihren Länderkollegen zusammen, um über die Folgen der teils beträchtlichen Dürre-Schäden zu beraten.

Bauernverband erwartet 1,4 Milliarden Euro Schaden durch Ausfälle

Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, schlägt Alarm mit Blick auf die zu erwartenden Dürreschäden in Milliardenhöhe. Allein beim Getreide gehe man davon aus, dass sieben bis acht Millionen Tonnen weniger geerntet werden können als im Durchschnitt, erklärte er der „Passauer Neuen Presse“. Allein dieser Ausfall würde einen Schaden von rund 1,4 Milliarden Euro bedeuten. Dazu kämen Trockenschäden bei den Herbstkulturen, wie Mais, Zuckerrübe oder Kartoffeln. „Es gibt Regionen, in denen der Mais gerade mal kniehoch steht. Normalerweise hat er im Juli eine Höhe von 2,50 Meter“, beschrieb Rukwied die teilweise dramatische Lage vieler Landwirte. Für manch einen Bauern stelle sich die Frage, wie er seine Tiere im Winter füttern könne, wenn die Futtergrundlage fehle. Schon jetzt sei klar, dass die Schäden wegen der Trockenheit ein Mehrfaches der geforderten Soforthilfe von einer Milliarde Euro betragen würden. Der Bauernverbands-Chef hat vor allem zwei Forderungen an die Politik: Bund und Bundesländer müssen die rechtlichen Voraussetzungen schaffen, damit der Notstand ausgerufen werden könne. „Das wäre die Grundlage, damit Landwirte, die 2018 30 Prozent weniger Erntemenge als im Durchschnitt der letzten drei Jahre hatten, direkte finanzielle Unterstützung bekommen können“, so Rukwied. Zudem müsse es eine steuerfreie Risikoausgleichsrücklage für Landwirte geben, um bei möglichen weiteren Ernteausfällen die Liquidität zu erhalten.

Backhaus: Dürrekrise ist „Notsituation von nationalem Ausmaß“

Till Backhaus (SPD), Landwirtschaftsminister von Mecklenburg-Vorpommern, hat die Dürrekrise als „Notsituation von nationalem Ausmaß“ bezeichnet. „Ich habe so etwas noch nicht erlebt“, sagte Backhaus am Dienstag dem Deutschlandfunk. „Insofern ist der Klimawandel sicherlich präsent oder wir haben es mit diesen besonderen Wetterkapriolen zu tun.“ Man rechne mit erheblichen landwirtschaftlichen Einbußen von deutlich über 30 Prozent. Es leide nicht nur die Landwirtschaft, sondern die gesamte Umwelt. In Mecklenburg-Vorpommern sei bereits im Juli eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden. „Es ist richtig, was Klöckner sagt, dass die Länder in der Pflicht sind“, sagte der dienstälteste Landwirtschaftsminister. Vom heutigen Landwirtschaftsminister-Treffen erwarte er noch keine konkreten Ergebnisse, er halte aber generell eine hälftige Lastenteilung zwischen Bund und Ländern bei den Hilfen für die Landwirte für möglich. +++