Teilnahme an Demo gegen Corona-Politik: Hat Fuldaer Oberstudiendirektorin unmoralisch gehandelt?

Sachverhalt noch nicht vollumfänglich aufgearbeitet – Politische Parteien beziehen Stellung

Eine Oberstudiendirektorin einer städtischen Schule in Fulda war vergangene Woche in Kritik geraten, nachdem diese offenbar bei einer Demonstration in Fulda gegen die Corona-Politik gesehen wurde. Darüber wurde unsere Redaktion per Mail von einem Fuldaer Verein unterrichtet, der sich u.a. gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus einsetzt.

Weiter teilte uns dieser Verein elektronisch mit, Schüler der Schule hätten ihn in einer „Flut an E-Mails“ kontaktiert und über die Haltung ihrer Schulleiterin in der Pandemie informiert. Demnach soll die Schuldirektorin u.a. bei einer Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen ohne Mund-Nasen-Bedeckung gesehen worden sein. Tatsächlich existierte ein Foto, dieses im Rahmen der medialen Berichterstattung über eine Demo in Fulda entstand, auf diesem die Schulleiterin deutlich zu erkennen ist, wenig später aber aus dem Netz verschwand. Weiter hätten die Schüler dem Verein Angaben darüber gemacht, ihre Schulleiterin habe sich ihnen gegenüber abwertend gegen die Corona-Schutzimpfung ausgesprochen. Auch bei den nicht angemeldeten und umstrittenen sogenannten „Montagsspaziergängen“ sei die Direktorin des Öfteren gesehen worden. Umgehend nach Erhalt dieser E-Mail vonseiten des Vereins sendeten wir eine Anfrage an den Bürgermeister der Stadt Fulda, Dag Wehner (CDU), verantwortlich für das Dezernat II mit den Zuständigkeiten Öffentliche Sicherheit und Ordnung, Familie, Jugend, Schulen, Sport, Soziales und Senioren und baten um eine Stellungnahme. Unter anderem adressierten wir an Bürgermeister Wehner die Frage, wie das Verhalten der Lehrerin in ihrer Verantwortlichkeit als Oberstudiendirektorin zu vereinbaren sei.

Am Tag darauf (Dienstag) verwies uns die Magistratspressestelle der Stadt Fulda auf das Staatliche Schulamt für den Landkreis Fulda und des Hessische Kultusministerium, mit der Begründung, die angesprochenen Themen fielen in deren Zuständigkeitsbereich, die Amtsleiterin des Staatlichen Schulamtes für den Landkreis Fulda, Marion Van Cuylenburg, in dieser Mail bereits in Kopie gesetzt. Daraufhin sendeten wir eine Anfrage an Frau Van Cuylenburg und das Hessische Kultusministerium. Per Mail antwortete uns Frau Van Cuylenburg: „[…] herzlichen Dank für Ihre Anfrage. Ich bitte Sie allerdings freundlich um Ihr Verständnis, dass in unserem Amt – zum gegenwärtigen Zeitpunkt – zunächst der Sachverhalt nachvollzogen werden muss. Selbstverständlich nehmen wir die erhobenen Vorwürfe sehr ernst. Ich bitte daher um Verständnis, dass ich Ihnen zum jetzigen Zeitpunkt keine Stellungnahme zukommen lassen kann.“ Vom Hessischen Kultusministerium haben wir bis heute keine Antwort erhalten.

In der gestrigen Samstagausgabe der heimischen Tageszeitung war über das angebliche Fehlverhalten der Schulleiterin zu lesen, dass diese Verwürfe „zu Unrecht“ erhoben worden seien. Die Schulaufsicht habe sich intensiv um eine Aufklärung dieses Sachverhaltes bemüht und mit Vertretern aller schulischen Gremien gesprochen. Die Amtsleiterin des Staatlichen Schulamtes für den Landkreis wird darin wie folgt zitiert: „Die in Rede stehenden Vorwürfe und Beschwerden konnten nicht bestätigt werden. Ein dienstliches Fehlverhalten war nicht festzustellen.“ Uns gegenüber hat sich die Amtsleiterin des Staatlichen Schulamtes für den Landkreis Fulda zu dem Sachverhalt bis heute nicht geäußert. Des Weiteren sendeten wir eine Anfrage an die Schulleiterin. U.a. wollten wir wissen, was an den Vorwürfen dran sei und ihr eine Möglichkeit geben, sich zu positionieren. Auch die Schulleiterin hat sich gegenüber fuldainfo.de bislang nicht geäußert. Weitere Anfragen gingen an die politische Parteienlandschaft und die Schülervertretung in Stadt und Landkreis Fulda.

Klotzsche (FDP): Kritik und Proteste müssen friedlich und im Rahmen der geltenden Gesetze stattfinden

Mario Klotzsche von der FDP-Kreistagsfraktion erklärte uns auf Nachfrage: „Grundsätzlich gilt, dass alle Bürgerinnen und Bürger Freiheits- und Grundrechte in Anspruch nehmen dürfen. Das gilt auch und selbstverständlich für Beamte. Für Beamte gilt aber auch, dass sie eine besondere Stellung und ein Treueverhältnis zum Dienstherren haben. Daraus ergeben sich strengere Vorgaben für ihr Verhalten. Die Corona-Spaziergänge und respektive Versammlungen in Fulda verlaufen, soweit ich die Medienberichterstattung verfolge, friedlich. Ich kann auch den Frust vieler Menschen über die Gesamtlage und die Kritik an Einzelmaßnahmen gut nachvollziehen. Beispielsweise werden die 2G-Regeln für den Einzelhandel gerade wieder in vielen Bundesländern (Bayern, Saarland, Niedersachsen) von Obergerichten aufgehoben. Auch die schlechte Qualität von grundlegenden Statistiken, zum Beispiel der Meldeverzug bei der Angabe zur Hospitalisierungsrate (das ist der im Gesetz als maßgeblich definierte Indikator) oder Unklarheiten darüber, ob auch die Zahl der Schnelltests oder nur PCR-Test die Inzidenz abbilden, lässt immer wieder Zweifel am Pandemiemanagement aufkommen. Je länger die Pandemie dauert, je gravierender Grundrechtseingriffe sind, desto häufiger werden die kritischen Stimmen. Schließlich geht es um die Freiheit eines jeden Einzelnen. Kritik und Proteste müssen aber friedlich und im Rahmen der geltenden Gesetze stattfinden. Insofern ist es gut, dass die Versammlungen in Fulda in letzter Zeit offenbar auch angemeldet wurden. Bei aller Kritik, bei allen Aktionen, egal ob gegen oder für Coronamaßnahmen, sollten wir als politisch Verantwortliche kein Öl ins Feuer gießen und die Spaltung anheizen. Extremistische Gruppen von den politischen Rändern versuchen die Unzufriedenheit zu instrumentalisieren. Das hilft niemanden. Ich wünsche mir, dass wir einander zuhören, die Argumente austauschen und den Dialog pflegen.“

Grüne: Schulleiter haben Vorbildfunktion und sollten sich an Auflagen halten, die dem Gesundheitsschutz dienen

Von Seiten des Kreisverbandes Bündnis 90/Die Grünen teilte man uns zur Sachlage schriftlich mit: „Die Vermutung, dass Parteien des rechten Spektrums unangekündigte Demonstrationen forcieren, liegt nahe. Wir können dies bislang jedoch nur den Veröffentlichungen der Medien wie Facebook, Twitter etc. entnehmen. Sicherlich kennen die Behörden mehr Fakten und gehen diesen nach. Der Fall der Schulleiterin ist unabhängig davon zu betrachten. Wenn sie an Demonstration teilnimmt, ist dies ihr gutes persönliches Recht. Jedoch hat sie als Schulleiterin Vorbildfunktion und sollte sich an Corona-Auflagen halten, die dem Gesundheitsschutz dienen. Es geht allerdings gar nicht – sollte sich dies bewahrheiten – dass sie versucht, ihr anvertraute Schüler zu beeinflussen. Allerdings müssen die Untersuchungen abgewartet werden. Eine Vorverurteilung ist unangebracht.“

AfD Fulda: Solange sich die Schulleiterin in ihrem Unterricht an den Beutelsbacher Konsens hält, hat sie in ihrem Handeln nichts falsch gemacht

Pierre Lamely von der AfD Fulda antwortete uns schriftlich: „Ich spreche mich klar gegen eine Kriminalität der Spaziergänger aus.“ „[…]. Wichtig in diesem Zusammenhang mit den Spaziergängern ist mir, immer wieder darauf hinzuweisen, dass die Bürger freundlich und friedlich bleiben sollen, dann ist der Erfolg vorprogrammiert.“ „[…] Es ist sicherlich nicht unser Gesellschaftsziel, dass nur solche Lehrer unterrichten, die eine politisch gewünschte Meinung vertreten. Wichtig ist, dass sie diese Meinung nicht ihren Schülern aufzwingen, ganz egal, ob die Lehrkraft bei den ‚Montagsspaziergängern‘ oder bei ‚Fridays for Future‘ mitläuft. Solange sich die Schulleiterin an den sogenannten ‚Beutelsbacher Konsens‘ im Unterricht hält, der die Grundlagen politischer Bildung festlegt, hat sie in ihrem Beruf nichts falsch gemacht und man sollte die Hetzjagd gegen sie unverzüglich beenden.“

Vonseiten des Parteivorstandes der CDU Fulda teilte man uns auf Anfrage mit, dass man zu dem Ergebnis gekommen sei, zum derzeitigen Stand des Sachverhaltes kein Statement zu diesem Thema abzugeben.

Schülervertretung Fulda: Dass Schulleitungen hinter den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie stehen, ist ausschlaggebend für deren Umsetzung und damit Garant für einen sicheren Schulbetrieb

Auf Anfrage teilte uns der Kreisschulsprecher für den Landkreis Fulda, Moritz Bindewald, in Rücksprache mit der Stadtschulsprecherin, Sophie Wehner, mit: „Mit Besorgnis haben wir die Medienberichte zur Kenntnis genommen, darüber hinaus liegen uns allerdings bis dato keine endgültigen Informationen vor. Dass Schulleitungen hinter den Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie stehen, ist ausschlaggebend für deren Umsetzung und damit Garant für einen sicheren Schulbetrieb. Selbstverständlich sind wir im steten Dialog mit der Schülervertretung der Schule und treten dafür ein, den Sachverhalt schnellstmöglich zu klären.“ SPD und LINKE haben sich bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht geäußert. +++ ja/nh


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8 Kommentare

  1. warum geht denn eigentlich derjenige, der es der presse gesteckt hat, nicht einfach zum schulamt, wenn er der meinung ist, dass das eine mit dem anderen nicht vereinbar ist? nein, dazu bräuchte er arsch in der hose. aber das wäre der saubere weg. dann könnte das amt prüfen ob es okay ist oder nicht. stattdessen wird öffentlichwirksam ein mensch an den pranger gestellt. mich nervt es, dass hier nur noch denunziert wird.

  2. Was wäre eigentlich, wenn sich die Schulleiterin öffentlich für die Legalisierung von Canabis oder für die Entkriminalisierung von Päderasten aussprechen würde, also nix dagegen hätte, wenn LehrerInnen es sich mit ihren SchülerInnen einlassen würden? Wäre das dann auch mit dem Recht auf freie Meinung vertretbar?

    LehrerInnen und vor allem diese in Leitungsfunktionen sollten und müssen Vorbildfunktionen übernehmen. Denn sie haben gegenüber ihren Schutzbefohlenen eine hohe Verantwortung. Und wenn eine solche Person sich öffentlich, also auf einer Demo gegen Maßnahmen des demokratisch legitimierten (!) Staates auflehnt, dann ist dies NICHT mit ihrem Job vereinbar. Denn schließlich ist die Dame Staats-BEAMTIN! Und daher gehalten, die Rechtsauffassung des Staates zu vertreten und durchzusetzen. Macht sie das Gegenteil, so kann und darf sie ihren Job nicht länger ausüben.

    So einfach ist das!

  3. Es ist erschreckend, wie hier in manchen Kommentaren einer Bürgerin das Demonstrationsrecht aberkannt wird. Das ist der Anfang vom Ende einer Demokratie. Die Bürger haben in einer Demokratie nicht nur das Recht, eine andere Meinung zu haben, sie können diese auch „demonstrativ“ auf einer Kundgebung äußern. Alles andere ist undemokratisch.

    Der Verein „Fulda-stellt-sich-quer“, von dem offenbar die Denunziation gegenüber fulda.info ausging, sollte sich um seine eigenen oftmals linksextremen Einstellungen kümmern. Er spielt sich gerne als Hüter der Demokratie auf, ist aber selbst nicht besonders tolerant, wenn es um andere Meinungen geht.

    Die betroffene Oberstudiendirektorin wird nun keine Ruhe mehr haben, evtl. wird sie sogar aus dem Dienst gemobbt. So etwas ist einer Demokratie unwürdig! Überrascht hat mich die Stellungnahme der Grünen. Diese finde ich sehr gut.

  4. Sie sollten sich nicht als Blockwart betätigen, sich statt um widerliche einzelne oder vereinsmäßig organisierte Denunzianten um wichtige Angelegenheiten kümmern und nicht um derlei willkürliche Firlefanzen. Auch eine Schulleiterin hat das Recht auf freie Meinung und kritische Äußerungen. Mit ihrer Vorbildfunktion als Lehrkraft hat das nichts zu tun. Nur Deppen sehen das anders. Sie maßen sich schändlicherweise an, über das Tun und Lassen anderer Menschen zu richten und zu entscheiden. Sie sollten sich schämen! Und damit das auch klar ist, ich bin doppelt geimpft und geboostert!

  5. Das sehe ich auch wie beim ersten Beitrag. Die Frau bekommt für ihre Loyalität gegenüber ihres Brötchengebers ein fürstliches Gehalt. Da geht ein solches Verhalten mal gar nicht. Sie kann eine Meinung dazu haben. Aber nicht in Öffentlichkeit. Und das wusste die Dame, als sie den Job angenommen hat. Wie RTL-Hessen es an die Öffentlichkeit gebracht hat, geht mal gar nicht! Billiger geht es nicht! Nur jemanden vor der Kamera zu Wort kommen lassen, der alles andere als ein weißes Blatt Papier ist, hat mit seriösem Journalismus mal gar nichts zutun. Wie so oft ist dieser Beitrag wie immer mit das beste zum Thema.

  6. unmögliches verhalten der schulaufsicht und der direktorin. übrigens bekommen schulbeamte auch noch eine coronazulage!! sie ist beamtin des landes hessen ! und: demonstriert gegen ihren arbeitgeber. wer lässt sich so etwas bieten. vorbildfunktion ade !!! solche leute müssen entlassen werden. wdippel

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