Steuereinnahmen sinken 2024 um 30 Milliarden Euro

DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben: Steuerschätzung ist ein Weckruf

Die Steuerschätzung für die Einnahmen von Bund, Länder und Kommunen fällt schlechter aus als zuletzt erwartet. Für das Jahr 2024 ergeben sich Mindereinnahmen in Höhe von 30,8 Milliarden Euro, wie das Bundesfinanzministerium am Donnerstag mitteilte. Unter Berücksichtigung der seit Oktober in Kraft getretenen Steuerrechtsänderungen liegt das Steuervolumen in diesem Jahr bei 920,6 Milliarden Euro, das sind 30 Milliarden Euro weniger als im Oktober geschätzt. „Dies ist maßgeblich auf die erwarteten Wirkungen des Jahressteuergesetzes 2022 und des Inflationsausgleichsgesetzes zurückzuführen“, so das Bundesfinanzministerium. Für 2025 rechnet Finanzminister Lindner (FDP) mit Steuereinnahmen von nominal erstmals über einer Billion Euro. „Das Schätzergebnis eröffnet gegenüber den bisherigen Planungen keinerlei neue finanziellen Handlungsspielräume“, sagte Lindner zu den Schätzungen. Es bleibe das Gebot der Stunde, die Konsolidierung des Bundeshaushalts voranzutreiben.

Grüne pochen nach Steuerschätzung weiter auf Kindergrundsicherung

Anlässlich der Vorstellung der aktuellen Steuerschätzung hat der Sprecher für Haushaltspolitik der Grünen-Bundestagsfraktion, Sven-Christian Kindler, auf die Umsetzung der sogenannten Kindergrundsicherung gedrängt. „Die Verankerung der Kindergrundsicherung in der Finanzplanung bleibt auch trotz angespannter Haushaltslage zentral“, sagte Kindler am Donnerstag. „Die Kindergrundsicherung ist eines der Schlüsselprojekte des Koalitionsvertrags. Gerechte Chancen für Kinder gibt es nicht zum Nulltarif.“ Die auskömmliche Finanzierung von humanitärer Hilfe, Klimaschutz und sozialen Förderprogrammen für die Transformation müsse ebenso gewährleistet werden, so der Haushaltspolitiker. „In Zeiten eines brutalen Krieges in Europa und der notwendigen Transformation der Volkswirtschaft hin zu Klimaneutralität müssen wir investieren. Eine gegen die Notwendigkeiten blinde Sparpolitik hilft nicht weiter“, sagte der Grünenpolitiker. Haushaltspolitik sei eine „Politik des Ermöglichens“. Man werde darüber reden müssen, wie mehr Spielräume im Haushalt geschaffen werden können. „Wenn man wirklich Milliardenbeträge einsparen will,  dann muss man an die klimaschädlichen Subventionen ran“, so Kindler.

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Christoph Meyer mahnte andere Priorisierungen an. „Niemand wird in den Haushaltsberatungen an einer Schwerpunktsetzung vorbeikommen“, sagte Meyer. „Die Zeit der Verteilungspolitik ist zu Ende.“ Die Ergebnisse der Steuerschätzung zeigten seiner Ansicht nach die Notwendigkeit für eine entlastende, unbürokratische Wirtschafts- und Industriepolitik. „Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit muss gestärkt werden, sonst droht sich die Lage bei den Steuereinnahmen zukünftig weiter zu verschlechtern“, sagte Meyer. Der CDU-nahe Lobby- und Berufsverband „Wirtschaftsrat der CDU“ nannte die Steuerschätzung derweil ein „Alarmzeichen für die Zukunftsfähigkeit des Bundeshaushaltes“. „Nach Jahren stetig steigender Rekordeinnahmen ist der Trend durchbrochen“, sagte Wolfgang Steiger, Generalsekretär des Wirtschaftsrats den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Es müsse deshalb Schluss sein mit immer weiteren Ausgabenwünschen, die Bundesregierung müsse haushaltspolitische Realitäten akzeptieren. Steiger forderte das Einhalten der Schuldenbremse. „Der Wirtschaftsrat erwartet einen Haushaltsentwurf, der auf Angebotspolitik setzt und fiskale Anreize für private Investitionen und Forschung schafft“, sagte der Interessenvertreter.

DIHK-Hauptgeschäftsführer Martin Wansleben: Steuerschätzung ist ein Weckruf

„Die Ergebnisse der heutigen Steuerschätzung sind ein Weckruf: Wenn die Wirtschaft nicht rund läuft, kommt auch in den Staatskassen weniger an. Damit unsere Wirtschaft wieder Fahrt aufnehmen kann, braucht es wettbewerbsfähige wirtschaftliche Rahmenbedingungen. Ein Beispiel sind die schon im Koalitionsvertag angekündigten besseren Abschreibungsbedingungen, die endlich kommen sollten. Wir brauchen mehr Investitionen am Standort Deutschland, die unser Land voranbringen und Arbeitsplätze sichern. Entscheidungsprozesse müssen dringend beschleunigt und die Angebotsbedingungen für die Wirtschaft gestärkt werden. Aus Sicht der Unternehmen sollte eine Priorisierung der öffentlichen Ausgaben auf die wichtigen Zukunftsfelder Energieversorgung, Digitalisierung sowie Bildung und Forschung vorgenommen werden. Neue Schulden können auf Dauer nicht der Ausweg sein. Eine starke Wirtschaft ist die beste Garantie für einen zuverlässig finanzierten, handlungsfähigen Staat.“ +++