Steinmeier bittet für Verbrechen im Warschauer Ghetto um Vergebung

Schuster lobt Steinmeier-Rede in Warschau

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat für die Gräueltaten der Nationalsozialisten im Warschauer Ghetto um Vergebung gebeten. „Die entsetzlichen Verbrechen, die Deutsche hier verübt haben, erfüllen mich mit tiefer Scham“, sagte er am Mittwoch bei der Gedenkfeier zum 80. Jahrestag des Aufstands im Warschauer Ghetto. Gleichzeitig erfülle es ihn „mit Dankbarkeit und Demut, dass ich an diesem Gedenken teilnehmen kann, als erstes deutsches Staatsoberhaupt überhaupt“, fügte er hinzu.

Viele Menschen in Polen und Israel hätten den Deutschen „trotz dieser Verbrechen, trotz des Menschheitsverbrechens der Shoah Versöhnung geschenkt“. „Welch unendlich kostbares Geschenk war das, ein Geschenk, das wir nicht erwarten konnten und nicht erwarten durften“, so Steinmeier weiter. Das habe „tiefe Freundschaft“ zu Polen und Israel erst ermöglicht. Diese Freundschaft sei „wahrlich ein Wunderwerk“ und zugleich „das Werk der Generationen vor uns“, so der Bundespräsident. Neben Steinmeier nahmen an der Gedenkveranstaltung auch Polens Staatspräsident Andrzej Duda sowie sein israelischer Amtskollege Jitzchak Herzog teil. Am 19. April 1943 hatten die im Warschauer Ghetto internierten Juden begonnen, den deutschen Besatzern Widerstand zu leisten und sie in Gefechte zu verwickeln. Die nur spärlich bewaffneten Aufständischen hatten knapp einen Monat gekämpft, bis der Befehlshaber der Besatzungsmacht, Jürgen Stroop, am 16. Mai 1943 die Niederschlagung des Aufstands gemeldet und die Große Synagoge von Warschau sprengen lassen hatte. Ein Großteil der Widerstandskämpfer wurde getötet. Nach der Niederschlagung hatten die Deutschen mit der systematischen Zerstörung der Überreste des ehemaligen jüdischen Wohnbezirks begonnen und zahlreiche Razzien in Warschau durchgeführt. Auf dem Gelände des ehemaligen Ghettos waren dann in den letzten Kriegsjahren etliche Menschen hingerichtet und teilweise das Konzentrationslager Warschau errichtet worden.

Schuster lobt Steinmeier-Rede in Warschau

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, hat die Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum 80. Jahrestag des Aufstands im Warschauer Ghetto begrüßt. „Die Rede des Bundespräsidenten hat mich beeindruckt“, sagte Schuster der „Welt“. „Die Verantwortung vor unserer Geschichte kennt keinen Schlussstrich, die Bitte um Vergebung – das hier so klar zu artikulieren, nötigt mir großen Respekt ab.“ Schuster sagte, durch den Besuch des Bundespräsidenten falle der Blick auf einen Teil der Geschichte, der in der deutschen Öffentlichkeit bisher wenig Beachtung finde. Dies sei aber notwendig. „Die Erinnerung an den jüdischen Widerstand hat viel damit zu tun, wie wir das Judentum der Gegenwart in unserer Gesellschaft betrachten“, sagte Schuster. Mit der Wahrnehmung des Mutes der Juden dieser dunklen Zeit, leiste man einen „unentbehrlichen Beitrag zur Verankerung jüdischen Lebens in Deutschland und zum Kampf gegen Antisemitismus und Antijudaismus“. +++

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