Städte setzen auf höhere Entlastung noch in dieser Legislaturperiode

Dr. Ulrich Maly

Berlin. Der Deutsche Städtetag hat gemeinsam mit Staatssekretär Jörg Asmussen aus dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales Fragen der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung mit besonderer Bedeutung für die Kommunen erörtert. Im Mittelpunkt des Dialogs standen die von der großen Koalition angekündigte Reform der Eingliede­rungshilfe für Menschen mit Behinderung sowie die Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit. Weiteres Thema war, wie sich der Mindestlohn auf die Umsetzung des Sozialgesetzbuchs II (Hartz IV) auswirkt. An der Sitzung des Hauptausschusses des Deutschen Städtetages nahmen rund 120 Kommunalpolitiker aus dem gesamten Bundesgebiet teil, darunter auch der Regierende Bürgermeister von Berlin, Klaus Wowereit, der dem Präsidium des kommunalen Spitzenverbandes angehört.

Der Präsident des Deutschen Städtetages, der Nürnberger Oberbürgermeister Dr. Ulrich Maly, begrüßte die Absicht des Bundes, die Kommunen bei den stetig steigenden Sozialausgaben weiter zu entlasten und sich an der gesamtgesellschaftlichen Aufgabe der Eingliederung von Menschen mit Behinderung mit Bundesmitteln finanziell zu beteiligen. „Die immer weiter steigenden Sozialausgaben der Kommunen belaufen sich in diesem Jahr auf 47 Milliarden Euro und werden voraussichtlich bis zum Jahr 2017 auf mehr als 54 Milliarden Euro anwachsen. Die Sozialausgaben steigen doppelt so stark wie die Investitionen der Kommunen“, so Maly: „Entlastungen aus dem geplanten Bundesteil­habegesetz sollten daher keinesfalls erst mit dem Jahr 2018 beginnen. Wir setzen darauf, dass die Regierung Spielräume gewinnt, um noch in dieser Legislaturperiode finanziell über die für 2015 bis 2017 vor­gesehene Soforthilfe von jährlich 1 Milliarde Euro hinauszugehen. Und wir halten es für elementar, dass die Entlastungen unmittelbar bei den Kommunen ankommen und nicht teilweise bei den Ländern hängen bleiben.“

Im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit nannte Präsident Maly das von der Bundesregierung geplante ESF-Bundesprogramm zur Förderung von Arbeitsverhältnissen für Langzeitarbeitslose einen ersten Schritt in die richtige Richtung. Er forderte darüber hinaus, den arbeitsmarktfernen Langzeitleistungsbeziehern mehr Aufmerksamkeit zu widmen und dazu auch wieder mehr geeignete öffentlich geförderte Arbeitsgelegenheiten für Arbeitssuchende mit sozialen und beruflichen Integrationsschwierigkeiten anzubieten. Denn 45 Prozent der Arbeitslosen im Hartz IV-System sind langzeitarbeitslos, d.h. seit 12 Monaten oder länger ohne Arbeit.

Der Städtetagspräsident empfahl, den sogenannten Passiv-Aktiv-Transfer zu prüfen. Wenn dies ermöglicht würde, könnten bisherige Leistungen für den Lebensunterhalt ein Beschäftigungsverhältnis finanzieren, so dass Langzeit­arbeitslose aus dem Hartz IV-Bezug ausscheiden würden. „So kann Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanziert werden“, sagte Maly. Er erneuerte die Kritik des Städtetages an der in der vergangenen Legislaturperiode vorge­nommenen Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente. Den Jobcentern seien gerade die Instrumente genommen worden, mit denen langzeit­arbeitslose, arbeitsmarktferne Menschen wieder stabilisiert und an Arbeit herangeführt werden können.

Zum Thema Mindestlohn sagte Maly: „Es ist sozial- und arbeits­marktpolitisch richtig, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor unangemessen niedrigen Löhnen zu schützen.“ Durch einen gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro verringere sich nach Berechnungen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zudem die Zahl der Haushalte um rund 60.000, die ihren Lohn durch Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II aufstocken müssen. Der Mindestlohn werde die Ausgaben von Bund und Kommunen für Arbeitslosengeld II und Unter­kunftskosten um jährlich 700 bis 900 Millionen Euro reduzieren, solange Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage konstant bleiben. +++ fuldainfo

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