SPD will weniger „Theater“ in der Ampel-Koalition

Wegen der Konflikte in der Ampel-Koalition wirft die SPD den Koalitionspartnern FDP und Grünen zu viel Bemühen um öffentliche Profilierung vor, statt intern nach Lösungen zu suchen. „Selbstdarstellung hilft niemandem“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich der „Süddeutschen Zeitung“. „Die SPD beteiligt sich an den sachlichen Diskussionen vor allem hinter den Kulissen, um Probleme aufzulösen“, sagte er.

In der Debatte um die von der FDP geforderte beschleunigte Realisierung von Autobahnprojekten sagte Mützenich: „Der Bundeswegeplan gilt. Wir brauchen auch Vorhaben, um Lücken zu schließen und neue Engpässe zu verhindern.“ Am Sonntag trifft sich der Koalitionsausschuss im Kanzleramt. Kanzler Olaf Scholz (SPD) hält sich bisher bedeckt, wie er die verschiedenen Streitthemen mit den Partei- und Fraktionsspitzen lösen will. Dazu gehört auch der von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) forcierte Plan zum Austausch alter Öl-  und Heizungen. Der SPD-Abgeordnete Adis Ahmetoviæ sagte der SZ zu den Dissonanzen, er könne Grünen und FDP nur raten, „den Streit um die besten Antworten auf dringliche Fragen intern zu verlegen und das öffentliche Theater zu unterlassen“. Die Menschen sehnten sich nach einer lösungsorientierten und kompromissbereiten Politik in Zeiten von großen Herausforderungen. Der Druck auf das Bündnis sei auch gewachsen, weil für viele Vorhaben kaum Geld da sei; zudem belasteten die Folgen des russischen Krieges in der Ukraine den Haushalt.

Mützenich hatte sich offen gezeigt für Überlegungen, den mit 200 Milliarden Euro gefüllten Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) anzuzapfen, etwa für das geplante Heizungsprogramm, mit dem der Wärmeverbrauch klimafreundlicher werden soll. Der Schirm war zur Dämpfung der hohen Energiekosten eingerichtet worden, bisher wurden aber erst etwas mehr als 30 Milliarden Euro davon verbraucht. Im FDP-geführten Finanzministerium stoßen die Überlegungen in der SPD für eine Umwidmung von WSF-Mitteln nach SZ-Informationen auf entschiedenen Widerstand: „Niemals“, hieß es im Umfeld von Ressortchef Christian Lindner. Aus Ministeriumskreisen verlautete, der WSF sei ein Fonds für eine eng umrissene „außergewöhnliche Notsituation“, nur deshalb habe man ihn überhaupt über die Grenzen der verfassungsrechtlich verankerten Schuldenbremse hinaus mit Krediten befüllen können. Entsprechend dürften die Mittel auch nur zur Abfederung der extrem gestiegenen Gas- und Strompreise nach dem russischen Überfall auf die Ukraine eingesetzt werden. „Eine nachträgliche Erweiterung der gesetzlichen Zweckbindung würde gegen diesen grundgesetzlichen Rahmen verstoßen“, hieß es.

FDP mahnt Ampel-Partner zur Haushaltsdisziplin

FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hat die Ampel-Partner vor dem Koalitionsausschuss am Sonntag zur Haushaltsdisziplin und zu einem behutsameren Kurs beim Klimaschutz aufgerufen. „Die Koalition muss wieder deutlich machen, dass sie an einem Strang zieht. Wir stehen in der Verantwortung, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken, damit er im internationalen Wettbewerb langfristig bestehen kann“, sagte Djir-Sarai der „Rheinischen Post“. „Wir müssen uns auf die Vorhaben konzentrieren, die Innovationen befördern und Wachstum schaffen.“ Das heiße konkret, auf eine solide Haushaltspolitik zu pochen. „Die Schuldenbremse muss eingehalten werden und die Ausgaben des Staates müssen priorisiert werden“, sagte der FDP-Politiker. Gleichzeitig dürften die Bürger nicht weiter belastet werden. „Das gilt für Steuererhöhungen, überbordende Bürokratie, das übereilte Verbot von Öl- und Gasheizungen oder auch das Aus für den Verbrennungsmotor“, sagte Djir-Sarai. Die Koalition müsse sich darauf verständigen, dass die Klimaziele nur „technologieoffen“ zu erreichen seien. „Die Menschen und die Wirtschaft müssen auf dem Weg hin zur Klimaneutralität mitgenommen werden.“ Klimaschutz könne nur gelingen, wenn er sich an den Erfordernissen und der Lebensrealität der Bürger orientiere, sagte der Generalsekretär. Am Sonntag kommen im Kanzleramt die Partei- und Fraktionsspitzen von SPD, Grünen und FDP zusammen, um Streitpunkte zu beseitigen. +++