Siemens-Energy-Chef erwartet Einschnitte für jeden wegen Klimawende

"Fridays for Future" bemängelt Anpassung der Klimaziele

Der Chef des Technologiekonzerns Siemens Energy, Christian Bruch, erwartet als Folge der Klimawende deutlich spürbare Belastungen für alle Bürger. Das Leben jedes Einzelnen werde sich radikal ändern, sagte er dem „Spiegel“ dazu. „Wir müssen akzeptieren, dass diese Veränderungen auch schmerzhaft werden können“, so Bruch. „Wir werden nicht jede Befindlichkeit berücksichtigen können, sei sie noch so berechtigt.“ Das müsse die Politik der Gesellschaft gegenüber klar aussprechen. Dem Käufer eines Autos müsse es zum Beispiel wert sein, dass er 300 bis 400 Euro mehr für das Fahrzeug zahle, wenn Stahl mit Wasserstoff aus regenerativ erzeugtem Strom hergestellt werde. Die Klimawende lasse sich nicht ohne Einschnitte für den einzelnen bewältigen, sagte der Manager.

„Der Flug nach Mallorca wird eben nicht mehr für 200 Euro zu haben sein.“ Es wird nach seiner Meinung auch Berufe und Qualifikationen geben, die man nicht mehr brauche. „Natürlich müssen wird das a lles abfedern“, so Bruch. „Vor allem müssen wir erst einmal anfangen.“ Er kritisierte die schleppende klimapolitische Umsetzung in Deutschland. Alle aktuellen Maßnahmen, ob der Ausbau der Netze oder der Windenergie, gingen viel zu langsam voran. Es komme ihm so vor, „als stünden wir morgens im Tal und diskutierten darüber, auf welchen Gipfel wir steigen sollen, und zwar so lange, bis die Sonne untergangen ist“, so der Siemens-Energy-Chef. Das neue Klimagesetz der Bundesregierung ändere daran wenig. „Wir können noch dreimal die Ziele verschärfen, aber das hilft nicht viel.“ Man müsse die Umsetzung beschleunigen und überlegen, „was in den Jahren 2022, 2023 und 2024 konkret zu tun“ sei, so der Unternehmer. „Es macht mich wahnsinnig zu sehen, wieviel wertvolle Zeit wir gerade verschenken.“ Als Sofortmaßnahme plädiert Bruch neben einem schnelleren Ausbau von regenerativen Energien, von Netzen und Speichern auch für den Bau neuer Erdgaskraftwerke. Sie sollten die schrumpfenden Kapazitäte n bei der Erzeugung von Atom- und Kohlestrom ausgleichen. „Das gefällt nicht jedem“, sagte er. Aber ohne Erdgas werde es „schlicht und ergreifend nicht gehen“.

„Fridays for Future“ bemängelt Anpassung der Klimaziele

„Fridays for Future“-Aktivistin Maia Stimming bemängelt die Anpassung von Deutschlands Klimazielen nach dem Karlsruher Urteil. „Klimaneutralität 2045 reicht nicht aus, um einen gerechten Beitrag zur Einhaltung der 1,5-Grad-Grenze zu leisten“, schreibt die 15-jährige Hamburgerin in einem Gastbeitrag für das Nachrichtenportal Watson. Anfang Mai hatte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe geurteilt, Deutschlands Klimaziele seien bis dahin in Teilen verfassungswidrig. „Für die Fridays-for-Future-Bewegung war das Urteil ein riesiger Erfolg“, räumt Stimming ein. „Denn das Urteil hat uns endlich recht gegeben in dem, was wir schon lange betonen: Die Klimapolitik der Bundesregierung ist unzureichend, muss nachgebessert werden und ist eben auch verfassungswidrig.“ Dennoch gibt die Aktivistin zu bedenken: „Um die Klimaerhitzung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, darf weltweit nur noch eine bestimmte Menge an Treibhausgasen ausgestoßen werden. Damit Deutschland nicht mehr als seinen gerechten Anteil hiervon ausstößt, muss hier Klimaneutralität schon weit vor 2050 erreicht werden, spätestens 2035.“ Die deutsche Regierung entziehe sich ihrer Verantwortung, „wenn sie Gesetze verabschiedet, die nicht ausreichen, und Maßnahme nach Maßnahme verschiebt und abschwächt“. Das sei „unfassbar ungerecht und unsolidarisch“, so die Klima-Aktivistin. +++