Sexualisierte Gewalt im Bistum Fulda – Mehr Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauch

Zweiter Zwischenbericht der unabhängigen Kommission

Die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt im Bistum Fulda schreitet voran. Nun hat die unabhängige Kommission ihren zweiten Zwischenbericht vorgelegt. Der Bericht umfasst die Aktivitäten des Jahres 2023 und gibt auch einen Ausblick in die Zukunft. Neben Gesprächen mit Zeitzeugen und Betroffenen sowie der Sichtung zahlreicher Akten stand im abgelaufenen Jahr die Etablierung entsprechender Standards und Verfahren im Mittelpunkt.

Der Zwischenbericht wird auf der Homepage der Kommission veröffentlicht. Dort sind auch weitere Informationen sowie Ansprechpartner und Kontaktmöglichkeiten zu finden: www.nur-mit-mut.de
Im Berichtszeitraum haben die zuvor etablierten Arbeitskreise „Betroffene hören“ und „Akteneinsicht“ ihre bewährte Arbeit intensiv fortgeführt, heißt es in dem zweiten Zwischenbericht der unabhängigen Kommission im Bistum Fulda. In monatlichen Sitzungen haben die Arbeitskreise der gesamten Kommission berichtet, zu speziellen Themen kamen Experten aus den jeweiligen Fachabteilungen der Bistumsverwaltung hinzu. Um die Handlungen von Personalverantwortlichen in den untersuchten Fällen angemessen bewerten zu können, erhielt die Kommission beispielsweise vom Offizial des Bistums Fulda Einblicke und Unterlagen zum kanonischen Recht sowie dem kirchlichen Strafrecht. Im Jahr 2023 trat ein Betroffenenvertreter aus persönlichen Gründen von seinem Mandat zurück. Derzeit läuft das Auswahlverfahren für seine Nachbesetzung. Zudem schied Dr. Martin Flesch bedingt durch berufliche Verpflichtungen aus der Kommission aus. Der Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie wird der Kommission jedoch weiterhin bei Gesprächen mit Betroffenen zur Verfügung stehen und gegebenenfalls gutachterliche Stellungnahmen abgeben. Als Nachfolgerin für Dr. Flesch wurde Dr. Anna-Maria Budczies berufen. Sie war zuletzt über 14 Jahre lang Direktorin für psychosomatische Medizin und Psychotherapie am Klinikum Fulda.

Transparente Kommunikation

Der Arbeitskreis „Betroffene hören“ konzentriert sich vor allem darauf, Betroffenen und Zeitzeugen eine Stimme zu geben und sie zu ermutigen, über das Erlebte zu sprechen. Um mögliche weitere Betroffene und Zeitzeugen zu erreichen, wurde ein Fragebogen an alle Pfarrgemeinden versandt, der sie zur Mitarbeit einlädt. Darüber hinaus informiert die unabhängige Kommission mit Flyern, einer Website sowie verschiedenen Medienberichten kontinuierlich über ihre Arbeit. Der Vorstandssprecher, Fuldas Oberbürgermeister a. D.  Gerhard Möller, hat zudem dem Katholikenrat des Bistums Fulda die Arbeit der Kommission vorgestellt sowie an einem Treffen der Vorsitzenden der unabhängigen Kommissionen aller Diözesen teilgenommen, bei dem aktuelle Fragen erörtert wurden und ein Austausch mit Kerstin Claus, die vom Bundeskabinett zur Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs berufen wurde sowie dem Missbrauchsbeauftragten der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Helmut Dieser (Aachen), stattfand.

Aktenarbeit und Schlussfolgerungen

Der Arbeitskreis Akteneinsicht setzt mit Unterstützung von fünf ehemaligen Kriminalkommissaren die umfassende Aktenbearbeitung mit großer Sorgfalt fort, so der Bericht. Für eine vergleichbare Auswertung der Fälle wurden dabei auch einheitliche Kriterien entwickelt. Besonders komplexe Fälle werden intensiv von jeweils zwei Kommissionsmitgliedern in Patenarbeit besprochen, um eine detaillierte und umfassende Auswertung sicherzustellen. Im Hinblick auf einen späteren Abschlussbericht entwickelt der Arbeitskreis zudem inhaltliche Gliederungspunkte, um ein entsprechendes Gesamtkonzept vorzubereiten. Für Erfahrungen und Erkenntnisse aus der Aufarbeitung steht die Kommission im Austausch mit der Interventions- und der Präventionsbeauftragten im Bistum Fulda.

Ausblick

Die Mitglieder der Kommission sind für drei Jahre bis zum August 2024 berufen. In diesem Zeitraum wird die Kommission ihre Arbeit voraussichtlich nicht abschließen können, heißt es in dem Zwischenbericht. Eine Verlängerung der Berufung ist möglich. „Ich bin sehr dankbar für den bisherigen Einsatz der Kommissionsmitglieder“, betont Bischof Dr. Michael Gerber. Für ihn sei es unerlässlich, dass die Aufarbeitung gründlich und gewissenhaft vorangetrieben wird. „Wenn die Kommissionsmitglieder dafür zur Verfügung stehen, habe ich die klare Bereitschaft, das Mandat bis zum Abschluss der Arbeiten zu verlängern“, so Gerber. +++