Sammet: Ohne Vorschaltgesetz mit Inflationsausgleich werden viele Krankenhäuser die Reform nicht mehr erleben

Wir können gestiegene Kosten nicht weitergeben

Michael Sammet, Geschäftsführer des Herz-Jesu-Krankenhauses

Viele Krankenhäuser haben in letzter Zeit bundesweit protestiert. Die Abschaffung der Fallpauschalen wird laut Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ihre Probleme lösen. Denn von der Anzahl der Fälle können viele Häuser nicht mehr leben. Laut einer Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI) e.V. gehen aktuell 49 Prozent der Allgemeinkrankenhäuser davon aus, in den nächsten sechs Monaten ihr Leistungsangebot reduzieren zu müssen, etwa indem sie Betten sperren oder Stationen vorübergehend schließen. 21 Prozent der Häuser gehen von Einschränkungen aus, zum Beispiel durch die Verschiebung planbarer Operationen. 38 Prozent der befragten Allgemeinkrankenhäuser plant bereits konkret, offene Stellen zeitweise nicht mehr zu besetzen. Weitere 40 Prozent ziehen letzteres in Betracht. Wir haben dazu unter anderem beim Herz-Jesu Krankenhaus (HJK) Fulda nachgefragt.

Michael Sammet, Geschäftsführer des Herz-Jesu-Krankenhauses Fulda und des St. Vinzenz-Krankenhauses in Hanau, sagte: „Wir haben bereits jetzt ein unkontrolliertes Krankenhaussterben in Deutschland. Der sogenannte ‚kalte Strukturwandel‘ nimmt immer mehr Fahrt auf. Wir hatten bereits im ersten Halbjahr dieses Jahres so viele Insolvenzen wie im gesamten Vorjahr 2022 sowie dreimal so viele wie im gesamten Jahr 2021.

Anders als in allen anderen Branchen können wir unsere Preise im Krankenhaus nicht an die gestiegenen Kosten für Löhne und Gehälter sowie Sachkosten in vollem Umfang anpassen. Dies führt zu einem massiven Kostendruck, dem viele Krankenhäuser nicht mehr standhalten können. Die Bundesregierung und allen voran der Bundesgesundheitsminister bestätigt dies sogar in öffentlichen Statements und nimmt dies ohne Wenn und Aber hin. Ohne ein Vorschaltgesetz mit Inflationsausgleich werden viele Krankenhäuser die Reform nicht mehr erleben. Es besteht derzeit die große Gefahr, dass wir in kürzester Zeit Strukturen zerschlagen, die wir zukünftig in Anbetracht des demografischen Wandels und einer alternden Bevölkerung dringend benötigen. Es ist schon ziemlich dreist, seitens des Bundesgesundheitsministers, die Krankenhausreform als Heilsbringer anzukündigen, wohl wissend, dass die meisten Krankenhäuser in Deutschland aktuell dringend finanzielle Hilfe benötigen, die Krankenhausreform jedoch erst in einigen Jahren ihre Wirkung zeigen wird.

Lässt die Bundesregierung weiterhin die Beschäftigten im Krankenhauswesen buchstäblich im Regen stehen und sorgt nicht schnellstens für ein Vorschaltgesetz mit Inflationsausgleich, so werden in den kommenden Monaten, gerade auch vor dem Hintergrund der massiven Tarifsteigerungen im nächsten Jahr, weitere, und zwar nicht wenige Kliniken Insolvenz anmelden müssen. Das Image des Krankenhauswesens wird hierunter mehr und mehr leiden, was sicherlich nicht dazu führen wird, dass die Bewerberanzahl der so dringend benötigten Fachkräfte im Krankenhaus steigen wird. All dies ignoriert die aktuelle Bundesregierung und nimmt es fahrlässig in Kauf.“ Weitere Krankenhäuser und Kliniken haben uns bis heute nicht geantwortet. +++

Sie können uns jederzeit Leserbriefe zukommen lassen.

Diskutieren kann man auf Twitter oder Facebook

Hier können Sie sich für den fuldainfo Newsletter anmelden. Dieser erscheint täglich und hält Sie über alles Wichtige, was passiert auf dem Laufenden. Sie können den Newsletter jederzeit wieder abbestellen. Auch ist es möglich, nur den Newsletter „Klartext mit Radtke“ zu bestellen.

Newsletter bestellen