Röttgen verlangt Bundeswehr-Einsatz gegen Taliban

CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen fordert ein Eingreifen des Westens gegen die Taliban – ausdrücklich unter Beteiligung der Bundeswehr. „Man darf nicht dabei zuschauen, wie Menschen, die uns lange verbunden waren, von den Taliban abgeschlachtet werden, wie Mädchen und Frauen alle hart erkämpften Rechte wieder verlieren“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Das wäre eine massive Selbstbeschädigung unserer Glaubwürdigkeit.“ Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag fügte hinzu: „Nach 20 Jahren Einsatz zu sagen, das sei eine afghanische Angelegenheit, ist wirklich absurd und beschämend.“ Es gehe nicht darum, aus Afghanistan eine moderne Demokratie zu machen. Röttgen bekräftigte, er wolle den Truppenabzug aus Afghanistan nicht revidieren. „Trotzdem muss man der Offensive der Taliban jetzt etwas entgegensetzen, aus der Verantwortung nach 20 Jahren Einsatz heraus und aufgrund unserer eigenen Sicherheitsinteressen“, sagte er dem RND. „Es reicht nicht, dass wir immer nur amerikanische Entscheidungen abnicken.“ Das sage er als Transatlantiker. „Der einseitige und übereilte Abzug aus Afghanistan war ein Fehler. Das müssen wir offen gegenüber den USA kommunizieren und darauf drängen, dass sie ihre bereits stattfindende Luftunterstützung der afghanischen Streitkräfte intensivieren“, so Röttgen. „Das können wir aber nur dann fordern, wenn wir auch selbst bereit sind, etwas zu leisten.“

Terrorismus-Experte hält Taliban mittlerweile für pragmatischer

Der Terrorismusexperte Peter Neumann vom Londoner King’s College glaubt, dass die afghanischen Taliban in den vergangenen 30 Jahren ihren Charakter geändert haben. „Die Taliban versuchen, aus den Fehlern der 1990er-Jahre zu lernen“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Damals wurden sie von Teilen der Bevölkerung sehr gehasst, weil sie zum Beispiel gegen religiöse Minderheiten vorgegangen sind.“ Das habe sich geändert. „Sie geben sich versöhnlicher und wollen auch Mädchen erlauben, zur Schule zu gehen“, sagte Neumann. Zwar habe sich die Ideologie nicht geändert. „Sie sind jetzt aber bereit, zu deren Durchsetzung pragmatischer zu sein. Ich vermute, wir werden am ersten Tag nach der Machtübernahme keine Massenexekutionen sehen.“ Große Hoffnungen auf einen Dialog mit den Taliban habe er dennoch nicht, so Neumann. „Die Frage ist auch: Worüber sollen wir mit den Taliban sprechen? Die wissen ganz genau, dass der Westen so schne ll nicht zurückkommt“, sagte er. Der Westen habe mit dem Rückzug seiner Truppen sein wichtigstes und einziges Druckmittel verloren. „Die Taliban haben ihr Ziel erreicht, die stärksten Militärmächte auf der Welt zu vertreiben. Sie sind auf ihrem absoluten, triumphalen Höhepunkt. Weshalb sollten sie jetzt verhandeln wollen?“ +++

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