Röttgen: Deutschland hat keine wirkliche Türkeipolitik

Die Einführung der Todesstrafe als rote Linie zu definieren

Berlin. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestages, Norbert Röttgen, hat die Haltung der Bundesregierung gegenüber der Türkei kritisiert: Der Bundesaußenminister spreche sich „dezidiert für die Fortsetzung der Beitrittsverhandlungen aus, obwohl auch er genau weiß, dass sie ohne Inhalt sind, eine Fiktion sind. Und das führt eben nicht nur zu einem Problem mit unserem Selbstverständnis, es führt nicht nur zur Selbstverleugnung, sondern auch dazu, dass wir keine wirkliche Türkeipolitik haben“, sagte Röttgen im ARD-„Bericht aus Berlin“.

„Es wird also Zeit, dass wir uns an den Realitäten orientieren und nicht an den Hoffnungen vergangener Zeiten.“ Gleichzeitig zeigte er Verständnis für die Haltung der Bundeskanzlerin: „Die Bundeskanzlerin hat gesagt, ihre Aufgabe sei auch, Europa zusammenzuhalten, Europa zusammenzuführen. Und das ist noch mal ein etwas anderer Akzent, als der Bundesaußenminister gesetzt hat.“ Röttgen bezeichnete die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei als „Fiktion“. „Es geht also sowieso nur noch um die äußere Hülle. Und meine Meinung ist darum ja auch, dass man nicht auf der Basis einer Fiktion zu einem so wichtigen Land wie der Türkei eine Politik machen kann. Und darum bin ich dafür, dass man diese Verhandlungen aussetzt.“

Die Einführung der Todesstrafe als rote Linie zu definieren, kritisierte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses. „Meine Meinung war gewesen, dass die rote Linie das Verfassungsreferendum ist. Denn das Verfassungsreferendum, das nun beschlossen worden ist, das beinhaltet ja praktisch die Abschaffung von Rechtsstaat und Demokratie in der Türkei.“ +++


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1 Kommentar

  1. Im Prinzip hat Herf Röttgen recht. Nur verschweigt er – bewußt? – wer denn für diese verkorkste Türkeipolitik verantwortlich ist. Schade. So reiht er sich eben auch ein in die nicht ernst zu nehmenden Politiker!
    In Anbetracht der anstehenden Bundestagswahlen wird es Zeit, darauf hinzuweisen, dass die Kanzlerin und ihre Union 2005 durch ihren Schwenk zu einer Politik der Privilegierten Partnerschaft mit der Türkei zu der heutigen verfahrenen Situation wesentlich mit beigetragen haben!
    Das politische Gebot der Stunde heißt jedoch trotz allem Deeskalation, wenn man überhaupt noch die Lage des unter fadenscheinigen Umständen verhafteten, türkischstämmigen deutschen Journalisten Deniz Yücel weiter verschlechtern und Erdogan keine weitere Munition im Rahmen seiner Aktivitäten in Richtung Autokratie liefern will. Die SPD handelt hier in vorbildlicher, staatsmännischer Weise. Ganz anders die Union, deren Lautsprecher Laschet, Scheuer, Klöckner, … nicht müde werden, populistisch gegen Erdogan zu wettern.
    Im übrigen war es die Union mit ihrer Kanzlerin Merkel, die mit ihrer falschen Türkeipolitik Deutschland und Europa erst in diese peinliche und möglicherweise derzeit alternativlose Lage gebracht hat.
    Wir erinnern uns: Das Konzept von CDU und CSU einer „privilegierten Partnerschaft“ mit der Türkei ist krachend gescheitert. Die Kanzlerin ist mitverantwortlich dafür, dass die türkische Führung immer autoritärer agiert bis zur derzeitigen Abkehr von einem demokratischen Rechtsstaat. Die Weigerung der Union, die EU-Beitrittsverhandlungen vor über 12 Jahren – wie u.a. vom damaligen Kanzler Schröder zu Recht vorgeschlagen – zu intensivieren, hat letztlich zu einer Abkehr der Türkei von europäischen Werten geführt mit den derzeitigen Höhepunkten der sogenannten Säuberungsaktionen, der Ausrufung des Ausnahmezustandes und der Einführung einer undemokratischen, autoritären Präsidialverfassung.
    In der Sendung von Anne Will am 5.3.2017 hat der seinerzeitige deutsche EU-Erweiterungs-Kommissar Günter Verheugen diesen Sachverhalt bestätigt, was seinen Mitdiskutanten Laschet, CDU, zu einer Reaktion veranlasste, die er besonders gut beherrscht: theatralische Schnappatmung. Möglicherweise wollte Laschet damit einen Grund liefern, weshalb seine nächste Reaktion frechdreist war: er unterstellte Verheugen eine „verwegene These“! Infolge Sauerstoffmangels war Laschet möglicherweise nicht mehr ganz bei Sinnen!
    Letztlich hat diese Politik dazu geführt, dass Merkel sich im Rahmen der Flüchtlingskrise Erdogan quasi ausliefern musste und immer noch muss! Der Fall Böhmermann hat exemplarisch gezeigt, wohin das führen kann!

    Mehr fällt mir dazu nicht mehr ein, außer:
    http://youtu.be/a0iOQ2xjWlU
    http://youtu.be/-5X2P5J6MiA
    http://youtu.be/QqoSPmtOYc8
    Viel Spaß und neue Erkenntnisse beim Anhören!
    PS: Glaubt keinen Wahlversprechen von Merkel. Es könnte eine Mau(s)t herauskommen!

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