RhönEnergie – Möller: Werthaltigkeit der Beteiligung wurde bestätigt

Fulda. Nach der letzten Verbandsversammlung der RhönEnergie ist klar, das Unternehmen macht keine großen Gewinne mehr. Zudem hat es in letzter Zeit wieder einige Diskussionen um die Investitionen der RhönEnergie und deren Sprecher Günther Bury gegeben. Wir haben Fuldas Oberbürgermeister Gerhard Möller erneut gebeten, uns einige wichtige Fragen zu beantworten. So heißt es in einer Antwort, dass die Ertragsprognosen deutlich angehoben statt drastisch reduziert wurden. Ein weiteres Thema war der Windpark „Buchonia“.

fuldainfo: Aktuelle Informationen und neue Erkenntnisse haben weitere Fragen zum Engagement der RhönEnergie aufgeworfen. Am 13. Juni 2008 wurde von der Verbandsversammlung das 200-Megawatt-Offshore-Projekt Borkum genehmigt. Von Herrn Bury wurden die geplanten Baukosten mit etwa 500 Millionen Euro angegeben. Darauf basierte die damalige breite Zustimmung der Verbandsversammlung.

Möller: Am 13. Juni 2008 hat die Verbandsversammlung der Beteiligung der ÜWAG an einem Offshore-Windpark mit 400 MW einstimmig zugestimmt. Die Investition wurde in der 51 Seiten starken Vorlage mit 1.060 Millionen Euro im Basisszenario angegeben, erwartet wurde am Ende ein Wert zwischen 1,0 und 1,1 Milliarden Euro. Von einem Windpark mit 200 MW oder einer Investitionssumme von 500 Millionen Euro war zu diesem Zeitpunkt keine Rede. Erst zu einem späteren Zeitpunkt – Mitte 2009 – wurde der Windpark aufgrund der Finanzkrise in zwei Bauabschnitte von je 200 MW aufgeteilt. Die einfache Annahme, für den ersten Bauabschnitt lediglich die Hälfte der Gesamtinvestition (also dann 500 bis 550 Millionen Euro) zu unterstellen, ist jedoch nicht korrekt. Bereits für den ersten Bauabschnitt musste die volle Infrastruktur (Umspannwerk und Netzanschluss, Genehmigungen, Gutachten etc.) des gesamten Vorhabens aufgebaut werden. Diese wird später auch von dem zweiten Bauabschnitt genutzt. Daher ist klar, dass der erste Bauabschnitt inklusive dieser gesamten Infrastrukturausgaben deutlich mehr kostet als der zweite.

fuldainfo: Drängte Herr Bury die Politiker der Verbandsversammlung 2008 zu besonderer EILE bei der Genehmigung der Offshore-Beteiligung, und wenn ja, welchen Grund gab er dafür an?

Möller: Die Beteiligung ist im April 2008 durch den Aufsichtsrat der ÜWAG und durch den Verbandsvorstand genehmigt worden und stand dann planmäßig auf der Tagesordnung der Verbandsversammlung im Juni 2008. Die Beteiligungsmöglichkeit für die bei der Trianel zusammengeschlossenen Projektpartner war zwar mit einer Frist versehen, aber das ist bei solchen Projekten üblich und hatte keinen Einfluss auf die Entscheidung der Verbandsversammlung. Das ist auch in dem damaligen Diskussionsverlauf klar nachvollziehbar. Alle Beteiligten – Vorstand, Aufsichtsrat und die Mitglieder der Verbandsversammlung – waren einhellig der Meinung, dass diese Beteiligung sowohl ein sinnvoller Beitrag zur Energiewende als auch ein wirtschaftlich lohnendes Vorhaben ist. Dementsprechend stimmten sie der Beteiligung der ÜWAG an der Trianel Power Windpark Borkum GmbH & Co. KG zu.

fuldainfo: Wurde der Verbandsversammlung von Herrn Bury ein befristetes Rücktrittsrecht zugesagt, und wenn ja, warum wurde es nicht RECHTZEITIG ausgeübt?

Möller: In der bereits erwähnten, mehr als 50 Seiten umfassenden schriftlichen Vorlage wurde selbstverständlich auch auf das bestehende, befristete Rücktrittsrecht bis zum 31. Dezember 2008 hingewiesen. Bis zu diesem Zeitpunkt gab es keine Planabweichungen und damit auch keinen Grund, dieses Rücktrittsrecht auszuüben. Kein einziger kommunaler Gesellschafter hat dieses Rücktrittsrecht damals ausgeübt. Ein solches Rücktrittsrecht ist auch immer befristet und mittlerweile ausgelaufen.

fuldainfo: Trifft es zu, dass Herr Bury den Abgeordneten VOR deren Genehmigung ausdrücklich schriftlich mitteilte, dass die vorhandenen Risiken erkannt seien und systematisch begrenzt würden?

Möller: Die Einschätzung der Risiken war – wie bei Projekten dieser Art und Größenordnung üblich – ebenfalls Bestandteil der umfangreichen schriftlichen Vorlage. Hier darf ich aus der Vorlage zitieren: „Aus technologischer Sicht ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei der Offshore-Windenergie um eine innovative Technologie handelt, zu der langfristige Erfahrungswerte noch nicht vorliegen. Dies bringt gewisse Risiken mit sich, denn es ist nicht auszuschließen, dass unvorhergesehene technische Detailprobleme zu Zeitverzögerungen und/oder Kostensteigerungen in der Errichtungsphase führen können.“ Auf die Risiken wurde also schon im Prozess der Entscheidungsfindung deutlich hingewiesen. Es ist aber richtig, dass diese Risiken in der Gesamtbewertung als erkannt und als beherrschbar angesehen wurden. Ebenfalls wurde darauf hingewiesen, dass während der Umsetzung ein permanentes systematisches Projektmanagement stattfinden soll, um die Risiken zu begrenzen.

fuldainfo: Wie hoch GENAU sind mittlerweile die Baukosten für den Offshore-Windpark?

Möller: Exakt hat der erste Bauabschnitt des Windparks bis zur Fertigstellung 1.116 Mio. Euro gekostet. Dabei stehen allerdings noch Rückforderungen im Raum: Wie bekannt, sind zwischenzeitlich Verzögerungen eingetreten, für die wesentlich allerdings der vorgelagerte Übertragungsnetzbetreiber TenneT verantwortlich ist. Trianel unternimmt alle nötigen Schritte, die durch die Verzögerungen entstandenen zusätzlichen Kosten den Verursachern in Rechnung zu stellen. Auch Mehrkosten, die andere Lieferanten in Rechnung gestellt haben, werden dabei noch Gegenstand rechtlicher Auseinandersetzungen sein.

fuldainfo: Welche maximale Eigenkapitalrendite wurde Ihnen und der Verbandsversammlung VOR der Genehmigung der Investition im Jahr 2008 von Herrn Bury mitgeteilt?

Möller: In der schon mehrfach erwähnten umfangreichen Vorlage wurden mehrere Szenarien aufgezeigt und gerechnet. Die Bandbreite für die Eigenkapitalrendite lag in diesen Szenarien zwischen 7,7 % und 16,8 %. Im Basisszenario wurde von einer Rendite von 13,8 % ausgegangen. Diese ursprünglich prognostizierten Renditen werden heute zwar nicht mehr erreicht, dennoch ist das Projekt nach wie vor werthaltig. In seiner Presseinformation vom 14.06.2008 hat Herr Bury angegeben, den Energiebedarf von rund 20.000 Haushalten decken zu können. In einer Pressemeldung vom 4. Juni 2014 spricht er nur noch von rund 14.000 Haushalten.

fuldainfo: Wurde der Aufsichtsrat von Herrn Bury über seine um 30 % DRASTISCH reduzierte Ertragsprognose informiert, und welche wirtschaftlichen Einnahmeausfälle ergeben sich daraus?

Möller: Die Verbandsversammlung hat am 13. Juni 2008 eine Beteiligung an einem Windpark mit einer Leistung von 400 MW beschlossen. Aus dem damals unterstellten Windertrag ergab sich damit für den Anteil der damaligen ÜWAG eine mögliche Deckung des Energiebedarfs von 20.000 Haushalten. Das wurde in der Pressemitteilung aus dem Jahr 2008 zu dem 400-MW-Projekt auch so dargestellt. In der Pressemeldung vom 4. Juni 2014 wird hingegen berichtet, dass der erste Bauabschnitt mit 200 MW Leistung fertiggestellt wurde. Wenn man auf die Relation aus 2008 abzielt, könnte der Anteil der heutigen RhönEnergie an diesem Bauabschnitt also rechnerisch nur 10.000 Haushalte versorgen. Allerdings liegen die gemessenen Winderträge inzwischen deutlich höher als ursprünglich erwartet. Damit wurden aus den rechnerisch 10.000 Haushalten für den ersten der beiden Bauabschnitte jetzt 14.000 Haushalte. Die Ertragsprognosen wurden also deutlich angehoben.

fuldainfo: Nach unseren Recherchen wurde bereits für das Jahr 2012 von dem Energieversorger ewmr auf die Beteiligung am Windkraftwerk Borkum eine außerplanmäßige Abschreibung von über 6,4 Millionen Euro vorgenommen. Bislang wurde von Herrn Bury der Eindruck erweckt, als würden nur die Flensburger Probleme sehen. Welche Risiken haben ewmr zu dieser schweren Entscheidung wohl getrieben und warum behauptet Herr Bury im Gegensatz dazu, keine außerplanmäßige Abschreibung vornehmen zu müssen?

Möller: Zur Bilanzpolitik anderer Energieversorger kann ich mich nicht äußern. Herr Bury hat auf Nachfrage darauf hingewiesen, dass es zwischen dem Engagement der Stadtwerke Flensburg und dem der RhönEnergie Fulda große Unterschiede gibt und man die aktuelle Situation der Flensburger darum nicht mit der unseres regionalen Versorgers vergleichen kann. In der aktuellen Sitzung des kommunalen Trägerausschusses hat er betont, dass nur die Stadtwerke Flensburg sich an den Nachfinanzierungen nicht beteiligt haben und deshalb – anders als die RhönEnergie – eine Wertkorrektur vornehmen mussten. Im Übrigen haben auch die Wirtschaftsprüfer der ÜWAG aus dem Jahr 2012 ebenso wie die neuen Wirtschaftsprüfer der RhönEnergie Fulda im Jahr 2013 die Werthaltigkeit der Beteiligung bestätigt und keine Notwendigkeit für eine Abwertung gesehen.

fuldainfo: Trotz der im Oktober 2012 bereits bekannten Kostenexplosion versprach Ihnen Herr Bury öffentlich „weiter hohe Rendite“. Welche GENAUE Eigenkapitalrendite hat Ihnen Herr Bury derzeit noch für Borkum zugesichert?

Möller: Aufgrund der inzwischen stattgefundenen Nachfinanzierungen hat die RhönEnergie nicht allein Eigenkapital, sondern auch Fremdkapital in die Windpark-Gesellschaft investiert. Insofern hat die Eigenkapitalrentabilität keine Aussagekraft mehr, vielmehr muss die Gesamtkapitalrentabilität betrachtet werden. Diese liegt nach Berechnungen bei 5,0 %.

fuldainfo:  Nach ihrer Auffassung sind Windräder in der Rhön unerwünscht und eine „Verspargelung der Landschaft“ wollen sie verhindern. WIDERSETZT sich Herr Bury nicht Ihren Zielen, indem er mit dem RhönEnergie-Tochterunternehmen SynEnergie trotzdem in unserer Region – unter anderem bei Hofbieber, Eichenzell und Ramholz – große Windparks bauen will?

Möller: Der Aufsichtsrat hat nach den Ereignissen in Fukushima und der beschlossenen Energiewende in Grundsatzbeschlüssen am 15. Juni 2011 und am 15. Dezember 2011 den Einstieg in regionale Windkraftprojekte befürwortet und Budgets freigegeben. Die laufenden Aktivitäten der SynEnergie stehen damit völlig im Einklang. Die Energiewende ist der klare, von einer breiten gesellschaftlichen und politischen Mehrheit getragene Wille und wird nicht ohne Maßnahmen vor Ort auskommen. Ich habe zwar in Übereinstimmung mit der laufenden Regionalplanung betont, dass im Kernbereich des Biosphärenreservates Rhön keine Windräder erwünscht sind. Dort gibt es auch keine Projekte der SynEnergie – übrigens auch nicht in Hofbieber. An den übrigen Stellen muss aber jeweils eine verantwortungsvolle Abwägung zwischen den Eingriffen in die Natur und der gewollten Umstellung der Energieerzeugung auf erneuerbare Energieträger stattfinden. Die SynEnergie achtet bei ihren Projekten auf eine solche Abwägung.

fuldainfo: Welche GENAUEN Zahlen wurden Ihnen zu durchschnittlicher Windgeschwindigkeit, Jahresvolllaststunden, Investitionshöhe und minimaler Eigenkapitalrendite für das Windkraftprojekt Ramholz „Buchonia“ genannt? In welcher Höhe sollen insgesamt KREDITE für das Bauvorhaben „Buchonia“ aufgenommen werden?

Möller: Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass der Windpark „Buchonia“ nur zu 50 % von der SynEnergie und zu weiteren 50 % von einem privaten Investor gebaut wird. An dem Standort gibt es eine entsprechende Windhöffigkeit, das heißt, dass die durchschnittliche Windgeschwindigkeit 6,7 m/s beträgt und die zu erwartenden Volllaststunden in Höhe von 2.500 Stunden pro Jahr für einen wirtschaftlich erfolgreichen Betrieb vorhanden sind. Die Investition liegt bei 49,1 Millionen Euro. Die Kredite für den Bau des Windparks werden von einer eigenen Projektgesellschaft aufgenommen und betragen voraussichtlich 36,8 Millionen Euro. Da diese Projektgesellschaft nur mit dem Windpark selbst haftet, besteht ein Risiko der SynEnergie bzw. der Muttergesellschaft RhönEnergie Fulda ausschließlich in der Höhe ihrer Einlage in diese Projektgesellschaft. Diese liegt zwischen 4,4 und 6,1 Millionen Euro.

fuldainfo: Inwieweit kann Ihnen Herr Bury GARANTIEREN, dass beim Windpark „Buchonia“ keine erneute wirtschaftliche Fehlentscheidung mit langfristigen Auswirkungen getroffen wird?

Möller: Wie bei allen Projekten gibt es auch für den geplanten „Windpark Buchonia“ eine sorgfältige Planung und Vorbereitung sowie ein umfassendes Projektmanagement, um es wirtschaftlich erfolgreich zu betreiben. Dies setzt immer die Stabilität und Verlässlichkeit der politischen Vorgaben voraus. +++ fuldainfo