Restaurant Ritter baut Bio-Angebot weiter aus

Ehrlich kochen, die Umwelt schützen und das Tierwohl erhöhen

Ist stolz auf das Bio-Zertifikat: Der Gastronom Jonas Sporer, Küchenchef sowie Inhaber des Restaurants „Ritter“ in der Kanalstraße in Fulda. Foto: J. Brehl

So viele Bio-Lebensmittel aus regionaler Produktion wie möglich möchte Jonas Sporer auf die Speisekarte seines Restaurants „Ritter“ in Fuldas Innenstadt bringen. Neuerdings stammen Rind- und Kalbfleisch aus garantiert ökologischer Landwirtschaft.

Ehrlich kochen, die Umwelt schützen und das Tierwohl erhöhen – dieser Dreiklang bildet die Basis für Sporers Philosophie mit Genuss die ökologische Transformation in Landwirtschaft und Tierhaltung voranzutreiben – allen aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen zum Trotz. „Bio war bei uns schon immer Thema. Die große Frage ist doch, in welchem Zustand wir die Erde unseren Nachkommen hinterlassen möchten“, erklärt Sporer, dessen Eltern einst in den 1980er-Jahren die Stadtfraktion der Grünen mitgegründet hatten. In der ökologischen Landwirtschaft haben Tiere mehr Platz, der massenhafte Einsatz von Antibiotika ist untersagt, in den Trog kommt reines Bio-Futter und beim Verarbeiten der Lebensmittel sind deutlich weniger Zusatzstoffe erlaubt – um einige Vorteile der ökologischen Wirtschaftsweise aufzuzählen.

Bio Undercover

Bereits seit 2019 liefert Andrea Helmer mit ihrem Naturland-Betrieb Stadt Bauer aus Niederrode Bio-Eier und Bio-Rindfleisch an Sporer. Gänse für die Restaurantküche wuchsen zunächst alleinig beim Biohof Feldfuchse im hessischen Thalau auf. Nun ist auch der Biohof Kolb aus dem bayerischen Oberelsbach-Ginolfs ein zusätzlicher fester Lieferant, der keine Küken oder Jungtiere einkauft, sondern die Gänse selbst vermehrt. „Ich bezahle pro Kilo etwa so viel, wie eine komplette konventionelle Gans aus Polen kostet“, ordnet der Gastronom ein.

Die ersten Schritte erfolgten unter dem Radar der Gäste, denn wer konsequent auf regionale Ware setzt, muss mit begrenzt verfügbaren Mengen klarkommen. In der Praxis bedeutet dies sehr vorausschauend planen, mit den Lieferanten stetig kommunizieren, kaufen was vorhanden ist und notfalls einfrieren. Schließlich kann man bei einer Monate zuvor gebuchten Feier nicht plötzlich sagen, die bestellten Rouladen gibt es doch nicht, weil das Bio-Rindfleisch fehlt. Auch deswegen hatte Sporer die letzten Jahre nicht allzu offensiv mit den ökologischen Lieferanten geworben. „Zunächst musste ich sicherstellen, dass es immer funktioniert.“

Zudem waren anfangs gute Argumente nötig, damit die Bäuerinnen und Bauern ihn beliefern, anstatt die Ware zu einem höheren Preis an Endkunden zu verkaufen. Der große Vorteil: Sein Restaurant nimmt regelmäßig ab, so dass Landwirtinnen und Landwirte mit festen Einnahmen rechnen können. „Meinen Lieferanten biete ich Abnahmegarantien, das Vertrauen wächst oft über jahrelange Zusammenarbeit.“ Es brauche demnach einen sehr langen Atem und einen festen Willen. So kaufte Sporer lange hochwertige und höherpreisige Ware ein, konnte aber mangels Bio-Zertifikat nicht damit werben und folglich den Gästen keine „offiziellen“ Gründe liefern, warum sie tiefer in die Tasche greifen müssen.

Bio ganz offiziell

Im Juni vergangenen Jahres machte es Sporer „amtlich“, sein Restaurant Ritter ist seitdem bio-teilzertifiziert. Damit verpflichtet er sich, dass die im Zertifikat benannten Lebensmittel ausschließlich aus ökologischer Landwirtschaft stammen. Zum Start waren dies die Bio-Eier. Bis zu drei unangemeldete Bio-Kontrollen können im Jahr auf ihn zukommen. Mittels Lieferscheinen wird dann akribisch nachgerechnet, ob die eingekauften Bio-Lebensmittel ausgereicht haben, um die Gäste zu bewirten. Natürlich erfolgen auch kritische Blicke in Küche und Vorratshaltung.

Diesen Juni legte der Gastronom noch eine Schippe drauf, indem er Rind- und Kalbfleisch in das Zertifikat hat aufnehmen lassen. Die Zusammenarbeit mit dem Lieferanten WernerGut aus Mittelkalbach hat sich eingespielt. Der Naturland-Betrieb hält Legehennen und neben Kälbern wachsen dort Schweine, Lämmer und Kaninchen auf. Geschlachtet und zerlegt wird direkt vor Ort, das Verarbeiten übernimmt die Metzgerei Kleinhenz aus dem bayerischen Oberleichtersbach.

Darüber hinaus baut Sporer mit seiner Lebensgefährtin im eigenen Garten in Maberzell in drei Beeten und im Gewächshaus Gemüse an. Der ist zwar nicht bio-zertifiziert, allerdings wird ökologisch gegärtnert. Das sei etwas ganz anderes als der kleine Pseudo-Kräutergarten neben so manchem Sterne-Restaurant.

Wo ein Wille, da ein Weg

Der Bio-Fleischkonsum wird erst dann ökologisch nachhaltig, wenn das ganze Tier verarbeitet wird. „Gulasch, Geschnetzeltes und hausgemachte Sülze müssen auf die Speisekarte“, sagt Sporer, der perspektivisch auch Bio-Wurst von Kleinhenz ins Auge gefasst hat. Der Gastronom zeichnet sich für das Frühstücksbuffet des benachbarten Hotels Ritter verantwortlich. Das erklärt neben den hausgemachten Suppen, Soßen und Nachtischen, warum Sporer im vergangenen Jahr 40.000 Bio-Eier verbraucht hat.

Doch warum setzt er in wirtschaftlich angespannter Zeit beim Ausbau seines Bio-Angebots ausgerechnet auf die Warengruppe Fleisch, wo der Preisabstand zur konventionellen Ware besonders hoch ist? „Weil sich in der Tierhaltung schleunigst viel zum Besseren verändern muss. Woanders möchte ich kein Fleisch mehr einkaufen. Natürlich ist es eine schwierige Zeit, weil die Menschen wieder bei den Lebensmitteln sparen.“ Man dürfe aber nicht immer von vornherein sagen, etwas sei unmöglich.

Tatsächlich liegt der Bio-Anteil in der Außer-Haus-Verpflegung (AHV) – damit sind Kantinen, Mensen und Restaurants gemeint – gemessen am monetären Wareneinsatz im unteren einstelligen Prozentbereich. Bis 2030 möchte die Bundesregierung, dass 30 Prozent der Agrarfläche ökologisch bewirtschaftet werden, derzeit sind es rund elf Prozent. Für einen Nachfrageschub soll laut Bundeslandwirtschaftsministerium die AHV sorgen. Politisch unterstützt wird dies mit einem staatlichen Zuschuss von 80 Prozent der Beratungskosten, für diejenigen, die den Bio-Anteil auf mindestens 30 Prozent des monetären Wareneinsatzes erhöhen möchte. Der maximale Förderbetrag der „Richtlinie zur Förderung der Beratung von Unternehmen der Außer-Haus-Verpflegung zum vermehrten Einsatz von Produkten des ökologischen Landbaus (RIBE)“ liegt bei 35.000 Euro. Der Antrag ist spätestens zwei Monate vor der ersten Beratung zu stellen.

Nach wie vor kommt es auf jeden einzelnen Akteur an, mehr Bio-Lebensmittel auf die Teller zu bringen. Bleibt die spannende Frage, ob Sporers Gäste den Bio-Weg im wahrsten Sinne des Wortes weiter goutieren und den Preisaufschlag beispielsweise beim Kalbsschnitzel akzeptieren. Trotz Zertifikat war Sporer bislang eher zurückhaltend, Bio prominent auf der Speisekarte auszuweisen – das wird sich bald ändern. +++ Jens Brehl