Regierung gab seit 2018 über 243 Millionen Euro für Beratung aus

Die Regierung engagiere Beratungsunternehmen "von einem Millionenauftrag zum nächsten"

Die Bundesregierung hat seit 2018 mindestens eine Viertelmilliarde Euro für Leistungen von Beratungs- und Prüfungsunternehmen ausgegeben. Insgesamt hätten allein die vier großen Unternehmen Deloitte, Ernst & Young (EY), KPMG und PricewaterhouseCoopers (PwC) – die so genannten „Big Four“ – von den Ministerien und ihren nachgeordneten Behörden seit Januar 2018 rund 243 Millionen Euro erhalten, heißt es in Antworten des Bundesfinanzministeriums auf Fragen der Linksfraktion, über die die Zeitungen des „Redaktionsnetzwerks Deutschland“ berichten.

Die größten Summen erhielten demnach mit 82,6 Millionen Euro bis Ende Juni 2020 das wegen seiner Rolle im Wirecard-Skandal in die Kritik geratene Unternehmen Ernst & Young sowie PwC mit 82,9 Millionen Euro bis Ende September 2020. KPMG erhielt bis Ende September 66,8 Millionen Euro, Deloitte elf Millionen Euro. Der unterschiedliche Zeitraum ergibt sich aus den unterschiedlichen Zeitpunkte n der Anfragen. Der Linkspartei-Abgeordnete Matthias Höhn bezeichnete die Zahlungen als bedenklich und schlug weitgehende Veränderungen im Beratungsgeschäft vor: „Man muss diskutieren, in Deutschland das Beratungs- und Prüfungsgeschäft voneinander zu trennen“, sagte er dem RND. „Das könnte auch soweit führen, die Wirtschaftsprüfung in Zukunft öffentlich-rechtlich durchführen zu lassen.“ Die Regierung engagiere Beratungsunternehmen „von einem Millionenauftrag zum nächsten“, obwohl der Bundesrechnungshof schon lange vor Abhängigkeiten und Kompetenzverlust in der Verwaltung warne, sagte Höhn. „Zudem beraten die Big Four mal den deutschen Staat und mal Privatunternehmen, die dann vom Staat beauftragt werden. Das führt zu Interessenskonflikten sowie nebulösen Beauftragungsstrukturen und darf so nicht unhinterfragt weitergehen.“

Zudem müsse die Bundesregierung „eine transparente Einsicht in alle externen Beratungs- und Unterstützungsleistungen für die Bundesministerien ermöglichen“. Nicht enthalten sind in den Zahlen des Finanzministeriums Aufträge des bundeseigenen Unternehmens Bahn sowie des Bundesnachrichtendienstes (BND). Für die Ermittlung der Bahn-Zahlen habe die Zeit nicht gereicht, heißt es in einem der Schreiben. Die Aufträge des BND seien „aus Gründen des Staatswohls geheimhaltungsbedürftig“, da sie wesentliche Strukturelemente des Dienstes beträfen. „Aus ihrem Bekanntwerden könnten sowohl staatliche als auch nichtstaatliche Akteure Rückschlüsse auf den Haushalt, Modus Operandi, die Fähigkeiten und Methoden des Dienstes ziehen“, schreibt Finanzstaatssekretärin Bettina Hagedorn (SPD). „Eine Offenlegung der entsprechenden Informationen würde die Aufgabenerfüllung des BND stark beeinträchtigen, was wiederum die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen könnte.“ +++

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