
Um Rechtsstreite mit Maskenlieferanten zu Verträgen aus der Amtszeit von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zu beenden, hat das Ministerium unter Führung von Karl Lauterbach (SPD) inzwischen 120 Vergleiche mit Lieferanten geschlossen. Die Kosten dafür belaufen sich auf etwa 390 Millionen Euro, berichtet die „Welt am Sonntag“.
Das Ministerium hatte demnach die Zahlen erst mitgeteilt, nachdem ein Reporter der Zeitung vor das Verwaltungsgericht Köln gezogen war, um Auskunft zu erhalten. Zunächst hatte Lauterbachs Haus die Fragen der Presse zu den Kosten der Vergleiche nicht beantworten wollen. Verwiesen wurde unter anderem auf „Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse“ sowie „fiskalische Interessen und Verhandlungspositionen im Rahmen von zukünftigen Vergleichsschlüssen“.
Im Juli dieses Jahres hatte das Ministerium noch davon gesprochen, dass „rund 80 Streitfälle“ durch Vergleiche beendet worden seien. Nun sind es laut Mitteilung 120. Davon ist jeder dritte bereits vor Klageerhebung geschlossen worden, heißt es in der Antwort des Ministeriums an die Zeitung.
Mehrzahl der Bundesländer gegen Pandemie-Amnestie
Die Ankündigung von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU), alle offenen Corona-Bußgeldverfahren im Freistaat einzustellen, stößt in den anderen Bundesländern auf ein geteiltes Echo. Das ergab eine Umfrage der „Welt am Sonntag“. Kurzfristig will keines dem Beispiel Bayerns folgen, doch es gibt in mehreren Landesregierungen Überlegungen zu einer Amnestie. Die überwiegende Mehrheit der Länder lehnt diese jedoch ab.
In Berlin möchte der Regierende Bürgermeister Kai Wegner (CDU) dem Beispiel Bayern grundsätzlich folgen, allerdings könne der Senat über Verfahrenseinstellungen nicht im Alleingang entscheiden. „Die Bezirke sind für die Bußgeldverfahren zuständig. Aus persönlicher Sicht hat der Regierende Bürgermeister Sympathie dafür, dass die offenen Bußgeldverfahren nicht mehr geahndet werden“, sagte eine Sprecherin Wegners. „Dafür bräuchte es aber klare Kriterien, die zwingend juristisch nachvollziehbar sein müssten.“
Überlegungen zu einer Corona-Amnestie gibt es auch in Sachsen. „Wir sind zu dem Thema innerhalb der Staatsregierung im Gespräch“, sagte ein Sprecher des Sozialministeriums, das von Petra Köpping (SPD) geleitet wird. „Wenn eine Maßnahme zur Versöhnung beitragen kann, dann werden wir alles prüfen, was in unseren Möglichkeiten steht.“
In Thüringen sind entsprechende Gespräche, die auf Initiative des Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) geführt wurden, abgeschlossen. Staatskanzleichef Benjamin-Immanuel Hoff war dafür auf Vertreter der Kommunen zugegangen. Dabei wurden dem Vernehmen nach auch Einwände gegen eine Amnestie geäußert: Da letztlich ein Teil der Verstöße geahndet würde, ein anderer Teil aber nicht, könne ein Ungerechtigkeitsgefühl verstärkt werden. „Im Ergebnis entschied der Ministerpräsident, dieses Vorhaben nicht weiterzuverfolgen, sondern sich auf die Diskussion um eine gesamtgesellschaftliche Aufarbeitung der Corona-Maßnahmen zu konzentrieren“, sagte Hoff der Zeitung.
In Baden-Württemberg lehnt das von Manfred Luchs (Grüne) geführte Gesundheitsministerium eine Amnestie ab. „Eine grundsätzliche Einstellung der offenen Verfahren käme zumindest aus Sicht unseres Hauses einer Ungleichbehandlung gegenüber all jenen gleich, die ihr Bußgeld bereits bezahlt haben und keinen Einspruch erhoben hatten“, sagte eine Sprecherin.
„In Niedersachsen wird keine Veranlassung gesehen, die noch anhängigen Buß- oder Strafverfahren einzustellen“, heißt es im Justizministerium von Ressortchefin Kathrin Wahlmann (SPD). Eine Einstellung noch offener Verfahren sei „ein schlechtes Zeichen für die Funktions- und Durchsetzungsfähigkeit unseres Rechtsstaates“, erklärte eine Sprecherin. +++