Parteien starten Initiative gegen sinkende Wahlbeteiligung

Berlin. Die fünf im Bundestag vertretenen Parteien und die FDP wollen sich gemeinsam um Maßnahmen gegen die sinkende Wahlbeteiligung bemühen: Dazu haben sich die Generalsekretäre und Bundesgeschäftsführer der sechs Parteien getroffen. Laut eines Berichts der „Süddeutschen Zeitung“ haben sie sich bei dem Treffen am Freitag auf vier Themenkomplexe verständigt. Demnach wollen die Partien zunächst die sinkende Wahlbeteiligung genauer erforschen lassen.

CDU-Generalsekretär Peter Tauber sagte der Zeitung, ihn interessiere auch, ob „eine Nichtteilnahme automatisch eine Ablehnung des demokratischen Systems“ sei, oder ob es nicht auch andere Gründe dafür geben könne. Nicht zu wählen könne „ja auch Ausdruck von Zufriedenheit mit der Regierung sein“. Zweiter Themenkomplex soll das Wahlrecht sein. Die Grünen wollen ein kommunales Wahlrecht für alle Ausländer. Der Union geht es laut SZ angesichts der Erfahrungen bei den jüngsten Wahlen in Hamburg und Bremen eher um die Frage, ob Bürger durch ein zu kompliziertes Wahlrecht abgeschreckt würden. Der dritte Komplex heiße Partizipation. Dabei soll es nicht nur um Volksabstimmungen, sondern auch um innerparteiliche Mitbestimmung gehen. Der letzte Punkt auf der Agenda der Generalsekretäre heiße „Politische Kultur“.

Die Union denke da zum Beispiel daran, den 23. Mai als Verfassungstag zu nutzen, an dem bundesweit in Schulen, Volkshochschulen, Bundeswehrstandorten oder auch Unternehmen für die Demokratie geworben werde. SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi hatte bereits im vergangenen Jahr Vorschläge gegen die sinkende Wahlbeteiligung gemacht. Darunter war unter anderem die Empfehlung, auch in Supermärkten und Bahnhöfen Wahlurnen aufzustellen. Tauber und sein CSU-Kollege Andreas Scheuer hatten im Februar für die Union nachgelegt. Sie wollen unter anderem die Wahllokale zwei Stunden länger – also bis 20:00 Uhr – offen halten. Grüne und Linke glauben, dass Volksabstimmungen gegen die Demokratiemüdigkeit vieler Bürger helfen könnten.

FDP-Generalsekretärin Nicola Beer plädiert für E-Voting, also die Möglichkeit der elektronischen Stimmabgabe. Was in Estland gehe, müsse doch auch in Deutschland möglich sein, findet Beer. Im Laufe der kommenden Woche wollen die Generalsekretäre und Bundesgeschäftsführer die vier Eckpunkte, über die sie am Freitag gesprochen haben, ausformulieren. Dann wollen die Parteien auch die Stiftungen ihrer Parteien dafür gewinnen, sich mit dem Katalog zu beschäftigen. Einen Zeitplan gibt es aber noch nicht. Der Bundesgeschäftsführer der Grünen, Michael Kellner, sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Wir wollen Interesse an Politik stärken, darüber haben wir in guter Atmosphäre gesprochen.“ Das sei „ein starkes Zeichen für unsere politische Kultur, Fortsetzung folgt“. Bei Europawahlen liegt die Beteiligung schon seit mehr als 15 Jahren unter 50 Prozent. Zuletzt haben auch bei einigen Landtagswahlen weniger als die Hälfte der Berechtigten ihre Stimme abgegeben. Im Bund sieht es zwar noch etwas besser aus. Aber auch hier ist die Beteiligung seit dem Rekordjahr 1972 von gut 91 auf 71,5 Prozent geschrumpft. +++ fuldainfo

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