Onlinehandel: Bundesverbraucherministerium kritisiert Retouren-Boom

Dieses Konsumverhalten birgt Schattenseiten

Das Bundesverbraucherministerium will den nachhaltigen Konsum stärker in das öffentliche Bewusstsein rücken und nimmt dabei die Retouren-Problematik im Onlinehandel ins Visier. Die Coronakrise habe den Onlinehandel an vielen Stellen stark befördert. „Mit ein paar Klicks bequem von zu Hause bestellen und Waren ohne großen Aufwand kostenlos zurückschicken, gehört für viele mehr denn je zum Konsumalltag“, sagte Verbraucherschutz-Staatssekretär Christian Kastrop dem „Handelsblatt“. „Doch gerade im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte birgt dieses Konsumverhalten Schattenseiten, denen wir uns stellen müssen, wenn man etwa an den Retouren-Boom, das dadurch gesteigerte Verkehrsaufkommen und die Vernichtung von Neuware denkt.“

Um das Problem in den Griff zu bekommen, hat der Sachverständigenrat für Verbraucherfragen im Bundesverbraucherministerium verschiedene Vorschläge erarbeitet. Zu den „Lösungsansätzen für eine nachhaltige Entwicklung des  Onlinehandels“ zählt etwa eine „Kostentragungspflicht“ für die Verbraucher bei Retouren von mangelfreien Produkten. Das geht aus einem Policy-Brief des Beratungsgremiums hervor, der am Montag an das Ministerium übergeben wird und über den das „Handelsblatt“ berichtet. Ihren Gebührenvorschlag begründen die Experten damit, dass viele Unternehmen aus Wettbewerbsgründen von Rücksendegebühren absähen. „Dieses Problem wäre gelöst, wenn von Gesetzes wegen die Kunden zur Tragung der Rücksendegebühren verpflichtet wären“, heißt es in dem Papier. Eine solche Kostenregelung beseitige zwar nicht den Wettbewerb zugunsten des Verbrauchers, „aber den zu Lasten der Nachhaltigkeit“.

Als Beleg führen die Autoren des Policy-Briefs eine Studie der Forschungsgruppe Retourenmanagement an der Universität Bamberg von 2019 an, wonach schon eine Mindestgebühr von drei Euro zu einer Senkung der Retouren um 16 Prozent führen würde. Die Regierungsberater befürworten außerdem verpflichtende Regelungen zur Überwachung von Menschenrechts- und Umweltstandards entlang der Lieferkette. Mit der Einführung eines solchen Lieferkettengesetzes läge die Verantwortung für einen nachhaltigen Konsum nicht länger alleine bei den Verbrauchern und ihrer Kaufentscheidung. „Unterstützenswert ist eine Regelung auf europäischer Ebene, damit für alle europäischen Unternehmen gleiche Wettbewerbsbedingungen herrschen“, heißt es in dem Policy-Brief. Jedoch räumen die Experten ein, dass ein solche europäische Lösung aufgrund der Vielzahl der Beteiligten und widerstreitender Interessen in „absehbarer Zeit nicht realistisch“ sei. Sie halten es daher für „geboten, dass Deutschland so schnell wie möglich eine nationale Regelung erlässt“. +++

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