OloV-Hauptverantwortliche unterzeichnen regionale Strategie und Zielvereinbarung

Berufs- und Studienorientierung: ein Aktions- und Spannungsfeld

Unterzeichneten die regionale OloV-Strategie und Zielvereinbarung: v.li. Claus Gerhard (Kreishandwerkerschaft), Stefan Schunck (IHK Fulda), Landrat Bernd Woide, Waldemar Dombrowski (Arbeitsagentur Bad Hersfeld-Fulda), Bürgermeister Dag Wehner und Stephan Schmitt (Staatliches Schulamt Fulda). Fotos: M.Seidel

Fulda. Eine regionale Strategie und Zielvereinbarung, die für mehr Verbindlichkeit, Qualität, Transparenz und Nachhaltigkeit im Prozess der Berufsorientierung sorgen soll, wurde kürzlich im Rahmen der Veranstaltung „Berufswahl-Aktiv-Fulda – die gelebte regionale Strategie“ in der Ferdinand-Braun-Schule von den hauptverantwortlichen OloV-Akteuren unterzeichnet. OloV steht für die Optimierung lokaler Vermittlungsarbeit im Übergang Schule und Beruf und war zunächst ein Projekt des Hessischen Pakts für Ausbildung. Inzwischen ist aus OloV eine landesweite Strategie geworden, die auf den vorhandenen regionalen Strukturen aufbaut und Institutionen aus Bildung, Wirtschaft und Politik, die gleichermaßen für die Gestaltung des Übergangs Schule-Beruf verantwortlich sind, an einen Tisch bringt.

Demographischer Wandel und unterschiedliche Interessenlagen

Neben allgemeinen und inhaltlichen Qualitätsstandards wurden mit der aktuell verabschiedeten und drei Jahre gültigen regionalen Strategie auch konkrete Inhalte zur Optimierung der Vermittlungsprozesse festgelegt. Dazu gehören beispielsweise die Vermeidung von Parallelstrukturen und Parallelmaßnahmen, die Verankerung der Berufsorientierung in den Curricula der Schulen, die Information von Schülern und Eltern über die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Bildungsabschlüsse oder die gezielte Nachwuchsgewinnung in einzelnen Berufssparten, die in unserer Region besonders vom Fachkräftemangel betroffen sind. Entwickelt und abgestimmt wurde die Strategie von der regionalen OloV-Steuerungsgruppe. Dass verbindlich formulierte Ziele und eine abgestimmte Strategie im OloV-Prozess von entscheidender Bedeutung sind, wurde im Verlauf der Veranstaltung deutlich. Nach der Begrüßung durch die beiden OloV-Regionalkoordinatoren Christiane Herchenhein (Stadt Fulda) und Ulrich Nesemann (Landkreis Fulda) sowie Andreas Stengel (Ansprechperson Berufs- und Studienorientierung beim Staatlichen Schulamt) warf Yvonne Lieber vom Hessischen Statistischen Landesamt ein Schlaglicht auf die wichtigsten statistischen Kennzahlen im OloV-Kontext. Sie präsentierte ausgewählte Daten der Ausbildungsberichterstattung für den Landkreis Fulda sowie Vergleichszahlen anderer hessischer Landkreise. Dabei wurden die Herausforderungen des demographischen Wandels ebenso deutlich wie die Interessenlagen Jugendlicher bei den aktuellen Berufsausbildungs- und Studienmöglichkeiten.

Gute Perspektiven sind nicht immer bekannt

„In unserer Region stehen derzeit 100 Bewerbern 160 offene Ausbildungsplätze gegenüber“, verdeutlichte Waldemar Dombrowski, Vorsitzender der Geschäftsführung der Arbeitsagentur Bad Hersfeld-Fulda, die Situation in Stadt und Landkreis. Unternehmen müssten heute sehr viel stärker dafür werben, dass sich junge Menschen bei ihnen ausbilden lassen. Insbesondere Abiturientinnen und Abiturienten seien die dualen Ausbildungsmöglichkeiten und die guten Weiterentwicklungsperspektiven in den Unternehmen nicht immer bekannt, so IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schunck. Die Kreishandwerkerschaft Fulda sieht angesichts der Komplexität der Berufsorientierung die Gefahr, dass Jugendliche Chancen übersehen oder falsche Entscheidungen bei der Berufswahl treffen könnten. „Die Bündelung aller regionalen Aktivitäten sowie die Verhinderung von Parallelstrukturen bietet deshalb den Jugendlichen eine wichtige Hilfestellung beim reibungslosen Übergang von der Schule in den Beruf“, unterstrich Dr. Herbert Büttner von der Kreishandwerkerschaft.

Alle OloV-Akteure sind in der Verantwortung

Die Schulen, die die Aufgabe haben, die Schülerinnen und Schüler auf die Ausbildungs- und Studienreife vorzubereiten, sieht Stephan Schmitt, Leiter des Staatlichen Schulamts Fulda, in der Verantwortung, Kooperationen mit Betrieben und außerschulischen Partnern zu pflegen. Als Schulträger unterstützen Stadt und Landkreis Fulda ebenfalls den OloV-Prozess. „Der Landkreis hat als freiwillige kommunale Maßnahme an Förder-, Haupt- und Realschulen ArbeitsCoaches eingesetzt, die die Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern im Berufsorientierungsprozess begleiten und die Kooperation zwischen Schule und Betrieben unterstützen“, erklärte Landrat Bernd Woide. Fuldas Bürgermeister Dag Wehner sieht im Übergang von der Schule in den Beruf einen der wichtigsten Entwicklungsschritte im Leben. Als örtlicher Träger der öffentlichen Jugendhilfe habe die Stadt im OloV-Kontext besonders auch benachteiligte, schwächere Jugendliche bzw. Jugendliche ohne ausreichende familiäre Unterstützung im Blick, so Wehner.

Berufsorientierung im Spannungsfeld Schule-Betrieb

Das Spannungsfeld zwischen Theorie und Praxis der Berufsorientierung machte Andreas Stengel vom Staatlichen Schulamt Fulda deutlich. „In den letzten zehn Jahren hat sich der OloV-Prozess verstetigt und alles baut auf festgelegten OloV-Qualitätsstandards auf. Das ist sehr positiv. Gleichzeitig sind in den vergangenen Jahren immer mehr Module wie beispielsweise das zweitägige Kompetenzfeststellungsverfahren, das zweite Praktikum in der Realschule oder neue Praktika an den Gymnasien hinzugekommen.“ Eine Herausforderung sei, die Module der Berufsorientierung in den Schulalltag zu integrieren, die andere Herausforderung, als Schule der deutlich stärkeren Eigeninitiative der Betriebe gerecht zu werden. Welche neuen Wege Schulen und Betriebe gehen, zeigten im Anschluss Praxisbeispiele sowie eine Angebotsbörse. Mehr als 30 Betriebe hatten die Veranstaltung, die von Hermann Diel moderiert wurde, als Plattform genutzt, um Kontakt zu den weit über 170 Veranstaltungsteilnehmerinnen und -teilnehmern aufzunehmen und in den Gedankenaustausch zu gehen. In diesem Zusammenhang verweist die OloV-Steuerungsgruppe auf die Website www.berufswahl-aktiv-fulda.de. Dort gibt es mehr als zweihundert Angebote der Berufsorientierung. Lehrerinnen und Lehrer sowie andere Akteure, die die Berufswahl junger Menschen fördern, können über diese Plattform ganzjährig mit Ausbildungsbetrieben in Kontakt treten, individuelle Absprachen zu Berufsorientierungsveranstaltungen treffen oder gemeinsam neue Aktivitäten starten. Darüber hinaus ermöglicht „Berufswahl Aktiv“ direkte Kontakte zwischen Schülerinnen und Schülern, Auszubildenden, Betrieben und Institutionen. Auch Eltern werden mit dem Informationsangebot angesprochen. +++