Merz hört mit – Die Mühen der Schiefen Ebene

Fulda/ Gießen. „Die Mühen der Gebirge liegen hinter uns // Vor uns liegen die Mühen der Ebenen.“ Als Brecht das schrieb, hatte er – so darf man vermuten – nicht die geringste Ahnung, genau wie recht er damit hatte. Denn fast alle der ansonsten unerforschlichen Wege der Politik laufen irgendwann auf die Ebene hinaus – und ach: welche Mühe hat man da.

Da ist zunächst einmal die Auswahl der Ebene. Da gibt es die kommunale, die Landes-, die Bundes- und natürlich auch die europäische Ebene, neuerdings gerne auch die globale. Da heißt es, eine Wahl treffen, gegen welche die des Herakles am Scheideweg ein Kinderspiel war. Hat man sie freilich einmal getroffen, dann ist auf der jeweiligen Ebenen gut unterwegs sein („Da ich ja auf der Ebene des Bundes eine Weile unterwegs war…“, P. Hinz, Hess. Umweltministerin-Bündnis 90/Die Grünen), jedenfalls wenn man bereit ist, die nicht nur im Sport sprichwörtlichen „weiten Wege“ zu gehen.

Überhaupt schein, dies nebenbei, das Unterwegssein eine der Hauptbeschäftigungen, ach was: der Hauptbefindlichkeiten des modernen Menschen zu sein, nicht nur in der Politik („Im Gegensatz zur SPD sei die CDU offenbar nach wie vor mit ideologischen Scheuklappen unterwegs und dadurch völlig vernagelt.“, Presseerklärung SPD-Landtagsfraktion), sondern auch im Finanzwesen („Wir sind nicht periodisch unterwegs, wir sind bargeldlich unterwegs.“ oder „Wie sehr die Zinsen volatil unterwegs sind…“, aus einer Sparkassen-Verwaltungsrat-Sitzung). Gerade das Unterwegssein auf den Ebenen drückt die Unbehaustheit des Menschen, die Volatilität seiner Lebensverhältnisse auf besondere Weise aus.

Dies nun aber besonders dann, wenn die Ebene gar nicht erst greifbar ist („Das sind Diskussionen, die laufen auf einer nicht greifbaren Ebene.“, M. Öztürk, MdL-Die Grünen). Dies unabhängig von der Frage, wie wohl eine greifbare Ebene beschaffen sein müsste. Manchmal stehen die Dinge auch nicht einfach nur auf einem anderen Blatt, sondern sie finden auf einer ganz anderen Ebene statt, ohne dass der Weg dahin präzise ausgeschildert wäre. Da gerät man schnell einmal auf die schiefe Ebene, auf der man prüfen kann, „ob wir nicht der eigenen Partei auf dieser Ebene Füße machen können“ (A. Ypsilanti, MdL-SPD). Manche Ebenen sind freilich deshalb nicht greifbar, weil sie gar nicht in der räumlichen Dimension angesiedelt sind: „Das ist mindestens auf die mittelfristige Ebene angelegt.“ (Klaus Remmel, in: DLF, 28.März 2014). Wie man freilich auf diese gelangt, das ist eine bislang ungelöste Frage des Raum-Zeit-Kontinuums, die gerade in einem groß angelegten Joint-Venture von NASA und Raumschiff Enterprise erforscht wird.

Fakt ist: „Alle Ebenen gehören auf den Prüfstand.“ (C. Roth, MdB-Bündnis 90/Die Grünen, DLF, 3.November 2013) Dem ist unbedingt zuzustimmen. Aber die Prüfstände, regelmäßige Leser dieser Kolumne wissen es, sind ein weites Feld! Und von weiten Feldern beim nächsten Mal. +++ fuldainfo | gerhard merz