Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat ihre Kabinettsliste verteidigt und sich gegen Kritik gewandt, keine Person aus Ostdeutschland als Minister nominiert zu haben. „Ich bin Ostdeutsche und habe einen Wahlkreis im Zentrum all der Probleme, denen wir uns in den Neuen Bundesländern zu stellen haben“, sagte Merkel am Sonntagabend. Sie werbe darum, dass das Amt der Bundeskanzlerin „an der Stelle auch als Teil der Regierung durchgeht“, so Merkel.
Auch dass die Diplom-Kauffrau Anja Karliczek Bildungsministerin werden soll, rechtfertigte die Kanzlerin: „So wie ein Verteidigungsminister nicht erst alle soldatischen Laufbahnen durchlaufen muss, muss eine Wissenschaftsministerin nicht selber Wissenschaftlerin gewesen sein“, so Merkel. Dass einer ihrer größten Kritiker, Jens Spahn, im Kabinett sitzen könnte sei ebenfalls kein Problem. Spahn sei nicht der einzige Kritiker. Er habe ihr versprochen, dass es in seinem Amt als Gesundheitsminister „um die Sache“ gehe. Julia Klöckner soll Landwirtschaftsministerin und Peter Altmaier Wirtschaftsminister werden. Helge Braun ist als Kanzleramtschef vorgesehen, Ursula von der Leyen soll Verteidigungsministerin bleiben. Am Montag soll auf einem CDU-Parteitag der Koalitionsvertrag mit der SPD bestätigt werden.
Merkel-kritischer Wirtschaftsflügel begrüßt Personalentscheidungen
Der Wirtschaftsflügel der CDU begrüßt die Personalentscheidungen von Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/CSU (MIT), Carsten Linnemann, sagte der Funke-Mediengruppe: „Die Debatten der letzten Wochen zeigen erste Erfolge. Es ist gelungen, ein überzeugendes Team aus erfahrenen Köpfen und neuen Impulsgebern zu präsentieren und damit zugleich die Breite der Volkspartei CDU darzustellen.“ Der 40-jährige Finanzpolitiker, der zum Kreis der konservativen Merkel-Kritiker gehört, betonte gegenüber der Funke-Mediengruppe: „Jetzt wird es aber auch darauf ankommen, inhaltlich neue Akzente zu setzen und klares Profil zu zeigen, damit die Union wieder erkennbar wird und sich in einer Großen Koalition gut behaupten kann.“
Hofreiter kritisiert „strategisches Pöstchenverteilen“
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat Kanzlerin Angela Merkels Kabinettsliste als „strategisches Pöstchenverteilen“ kritisiert. Dieses habe „in erster Linie den Zweck, die Mütchen in der CDU zu kühlen“, sagte Hofreiter „Welt“. „Auch wenn es neue Gesichter im Kabinett gibt, kann das nicht darüber hinwegtäuschen, dass der möglichen großen Koalition jegliches Aufbruchsignal bei den wichtigen Zukunftsherausforderungen fehlt.“ Das zeige sich etwa beim Klimaschutz, sagte Hofreiter. Dieses Thema sei von den Koalitionspartnern als erstes abgeräumt worden. „Kein Kohleausstieg, kein Fortschritt bei der Landwirtschaft, keine mutige Verkehrswende – im Gegenteil. Der Koalitionsvertrag lässt befürchten, dass Union und SPD ihren fahrlässigen Kurs des Nichtstuns fortsetzen.“ +++
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