Melnyk für Angriffe aufs russische Hinterland

Der frühere ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat sich für ukrainische Angriffe aufs russische Hinterland ausgesprochen. „Die Dynamik dieses grausamen Krieges zwingt uns, alles immer wieder neu zu überdenken“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“.

Die Russen hätten die Produktion von Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen massiv gesteigert und im Winter mehr Attacken auf ukrainische Städte geflogen als im Vorjahr. „Das Völkerrecht erlaubt es uns, dass wir uns wehren – wenn andere Mittel nicht helfen, auch durch den Beschuss im Hinterland, um logistische Wege abzuschneiden und Kommandozentralen und Militärflugplätze für Kampfjets zu treffen, die ihre Raketen auf ukrainische Städte abfeuern.“

Melnyk hofft darauf, dass die Bundesregierung schnellstens Taurus-Marschflugkörper an Kiew liefert. „Russland hat nach wie vor Tausende Panzer für die Front. Wir haben bis heute nicht genug schwere Waffen bekommen, um dagegenzuhalten“, beklagte der Botschafter. „Ich war ja der Erste, der Taurus ins Spiel brachte. Das war im Mai 2023, es sind also mehr als 270 Tage vergangen – und erst jetzt sind wir hoffentlich auf dem Weg, wenn man den Ampel-Beschluss richtig versteht und er schnell umgesetzt wird“, erklärte Melnyk mit Verweis auf den Passus in dem Ampel-Antrag, dass „weit reichende Waffensysteme“ an die Ukraine geliefert werden sollen.

Zwar sei man in der Bundesrepublik „zu Recht stolz darauf, dass Deutschland der zweitgrößte Unterstützer geworden ist“, doch noch immer fehle die Zusage zur Taurus-Lieferung. „Das zeigt leider, dass die Zögerlichkeit der Bundesregierung immer noch nicht ganz überwunden ist.“

Hilfe von Deutschland und der EU erhofft er sich auch auf seinem neuen Posten in Brasilia. „Brasilien bekommt zum Beispiel einen großen Teil der Düngemittel für seine Lebensmittelproduktion aus Russland. Das will man wohl nicht für eine politische Positionierung riskieren“, sagte Melnyk. „Deshalb brauchen wir auch hier die Unterstützung unserer deutschen und europäischen Freunde – nicht nur diplomatisch, sondern auch wirtschaftlich.“

So müssten in Brasilien „dringend ein paar Fabriken gebaut werden, um die Abhängigkeit von Russland zu verringern“, erklärte er. „Dabei muss der Westen den Lateinamerikanern helfen.“ Melnyk ist nach einer Station als Vize-Außenminister in Kiew inzwischen Botschafter seines Landes in Brasilien. +++