Mehrheit lehnt Gendersprache ab – 16 Prozent „voll und ganz“ dafür

Die Sprache verändert sich alleine

Die Mehrheit der Deutschen lehnt sogenannte „Gendersprache“ ab. Das ergab eine Umfrage, die „Welt am Sonntag“ bei Infratest-Dimap in Auftrag gegeben hat. Demnach halten 56 Prozent der Bevölkerung nichts von Binnen-I, Gendersternchen oder einen Unterstrich in journalistischen und literarischen Texten. Nur ein gutes Drittel ist ganz oder eher dafür. Selbst die Frauen wenden sich mehrheitlich gegen eine sogenannte „geschlechtergerechte“ Sprache (52 Prozent), die das generische Maskulinum nicht anerkennt.

Zwischen einem Zeitraum vom 18. bis 20. Mai hatte Infratest-Dimap im Auftrag der „Welt am Sonntag“ 1.008 Menschen befragt. Demnach legen 30 Prozent der Befragten die Genderisierung der Sprache voll und ganz, 26 Prozent „eher“ ab. Nur 16 Prozent unterstützen das Gendern „voll und ganz“. 19 Prozent befürworten es „eher“. Halten 61 Prozent der Männer nichts von der Verweiblichung bestimmter Worte, so liegt der Wert bei den Frauen bei 52 Prozent. Die ARD-Talkshow-Moderatorin Anne Will sprach in ihrer Sendung am vergangenen Sonntag demonstrativ vom „Bund der Steuerzahler – Pause – Innen“. Weil es offenbar Nachfragen irritierter Zuschauer gab, erklärte ein ARD-Sprecher der Bild-Zeitung: „Anne Will gendert seit Langem konsequent. Sie hat mit ihrem Sprachgebrauch zwei Tage vor dem Diversity-Tag ein Signal gesetzt und damit eine wichtige öffentliche Diskussion angestoßen.“ „Zeit“-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo sagte der „Zeitung: „Von unseren durchaus kritikfreudigen Leserinnen und Lesern hat sich nach meiner Erinnerung in 16 Jahren noch niemand darüber beschwert, dass wir nicht gendern.“ Eher werde beklagt, wenn Gastautoren auf dem Gendersternchen bestünden. Dies sei umso interessanter, als die „Zeit“ einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Leserinnen habe, sagt di Lorenzo. Seine Wochenzeitung benutzt meist demonstrativ sowohl die weibliche als auch die männliche Form.

ZDF-Talkmaster Markus Lanz lehnt sogar diesen Sprachgebrauch ab. „Die Lage einer verfolgten Minderheit in China wird keinen Deut besser, wenn man von Uigurinnen und Uiguren redet und sich dabei die Zunge verrenkt. Denn dann achten die Zuschauer nur noch auf den Versprecher und kriegen gar nicht mehr mit, worum es eigentlich geht“, sagte Lanz der „Welt am Sonntag“. Er frage Frauen in seinem Umfeld und seine weiblichen Talkgäste immer mal wieder, ob sie sich sprachlich diskriminiert fühlten, sagt der Journalist. „Zu meiner großen Überraschung verneinen es so gut wie alle. Deshalb ändere ich auch nichts.“ Zu viele Leute seien der Meinung, man könne die Welt mit Formalismen retten. „Das ist aber Unfug“, sagte Lanz. Die Schriftstellerin Monika Maron kämpft regelrecht gegen die Gendersprache: 2019 hat sie eine Online-Petition gegen den „Gender-Unfug“ initiiert, die bisher 75.000 Unterzeichner fand – wobei Unterzeichnerinnen natürlich mitgemeint sind. „Die politische Bereinigung der Sprache ist eine geradezu diktatorische, auf jeden Fall eine ideologische Anmaßung, die nur Leute mit Hoheitsgewalt durchsetzen können: in Behörden, Rathäusern, Universitäten, öffentlich-rechtlichen Sendern“, sagt sie der Zeitung. Das Argument, das ihr am häufigsten entgegengehalten werde, laute, dass die Sprache sich doch ohnehin ständig verändere. „Das stimmt“, sagt Maron: „Die Sprache verändert sich. Aber jetzt soll sie gewaltsam verändert und verunstaltet werden.“ Nach ihrer Erfahrung funktioniere Sprachpolitik nie: Das DDR-Regime habe noch so viel vom „antifaschistischen Schutzwall“ reden können, die Menschen hätten trotzdem immer nur „die Mauer“ gesagt. +++

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