Massiver Widerstand gegen Dobrindts Maut-Pläne in der Koalition

Berlin. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) stößt wegen seiner Vorschläge für eine Pkw-Maut auf massiven Widerstand in der eigenen Koalition. Der Vorsitzende der einflussreichen NRW-Landesgruppe in der Unionsfraktion, Peter Hintze, sagte dem Nachrichtenmagazin „Focus“: „Mit dem Vorschlag, eine Mautpflicht für alle Straßen in Deutschland einzuführen, wird der Koalitionsvertrag überstrapaziert.“ Deutschland liege in der Mitte Europas und habe Grenzen zu neun europäischen Nachbarn.

Hintze warnte: „In Nordrhein-Westfalen pflegen wir eine gute Nachbarschaft zu den Niederlanden und zu Belgien.“ Für jede grenzüberschreitende Fahrt zum Arbeitsplatz, Einkauf oder Disco-Besuch von den europäischen Nachbarn Maut „zu kassieren, könnte sich als teurer Fehler herausstellen“. Das belaste den Wirtschaftsstandort und die nachbarschaftlichen Beziehungen. „Und es besteht die berechtigte Befürchtung, dass sich unsere Nachbarn wehren werden“, so Hintze. Er sieht zudem einen Verstoß gegen die Finanzverfassung, wenn der Bund die Gebühr auch für Gemeinde-, Kreis- oder Landesstraßen erheben würde. „Jede neue Bürokratie und der damit verbundene Aufwand müssen in einem vernünftigen Verhältnis zum Gemeinnutzen stehen“, kritisierte Hintze. „Die Eckpunkte aus dem Verkehrsministerium bedürfen einer grundlegenden Überarbeitung, um den Vereinbarungen im Koalitionsvertrag gerecht zu werden.“

Noch deutlicher formulierte der CDU-Haushaltsexperte Norbert Brackmann seine Kritik an dem Konzept: „Wir haben mit viel Mühe in der Nachkriegszeit die Grenzen in Europa abgebaut. Deshalb dürfen wir sie jetzt nicht für ein unausgegorenes Mautsystem wieder aufbauen“, sagte Brackmann „Focus“. Dobrindts Infrastrukturabgabe weise erhebliche rechtliche wie finanzielle Schwächen auf und produziere zusätzliche Bürokratie. „Ich vermisse außerdem die Antwort auf die naheliegende Frage, wer die Vignetten kontrollieren soll und wie viel das kostet.“ Auch mögliche Steuerausfälle in Grenzgebieten fehlten in der Kalkulation. „Da bleibt am Ende kaum ein zusätzlicher Ertrag für den Verkehrsetat übrig“, so Brackmann. „Dann gibt der Koalitionsvertrag die richtige Konsequenz vor: Wir sollten es lassen.“ Auch die SPD geht auf Distanz: Der Vizevorsitzende der sozialistischen Fraktion im Europaparlament, Knut Fleckenstein, sagte „Focus“: „Wenn ein Partner mit offenen Augen gegen die Wand laufen will, müssen die sozialdemokratischen Kollegen nicht unbedingt mitlaufen.“ An „Tricksereien“ beim EU-Recht dürften sie sich nicht beteiligen. Die Infrastrukturabgabe sei eine „Schnapsidee. Und Schnaps hat im Verkehr nichts zu suchen.“ +++ fuldainfo

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