Maas: Autofahrer bei Diesel-Nachrüstungen entlasten

Kommunen warnen nach Diesel-Urteil vor Prozessflut

Berlin. Nach dem Diesel-Urteil des Bundesverwaltungsgerichts hat der für Verbraucherschutz zuständige Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) eine Entlastung der Autofahrer bei technischen Nachrüstungen gefordert. „Die Autofahrer dürfen nicht die Zeche zahlen für das Versagen der Autobranche“, sagte Maas der „Rheinischen Post“. „Deshalb dürfen die Kosten für notwendige Nachrüstungen nicht an den Käufern hängenbleiben“, fügte der Bundesjustizminister hinzu. „Wir erwarten von der Automobilindustrie, dass sie Euro 5- und Euro 6-Fahrzeuge technisch nachrüstet. Alleinige Software-Updates reichen nicht aus“, sagte der SPD-Politiker. Maas machte deutlich, dass er die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht kommentieren könne. Unabhängig davon sei klar: „Die Automobilindustrie ist in der Pflicht, Schadstoffe zu reduzieren und die Umwelt zu entlasten – und zwar schnell, gesetzestreu, technisch sauber und transparent nachvollziehbar.“ Die gesetzlichen Vorgaben zur Luftreinhaltung müssten eingehalten werden. „Pauschale Fahrverbote gehen am Ende zulasten der Autofahrer und der Wirtschaft“, sagte Maas.

Kommunen warnen nach Diesel-Urteil vor Prozessflut

Der Städte- und Gemeindebund sieht nach dem Urteil zu möglichen Diesel-Fahrverboten eine Prozessflut auf Kommunen und Autobauer zukommen. „Es besteht nicht nur die Gefahr einer `Mammut-Fahrverbotsbürokratie`, sondern es ist auch eine Prozessflut zu befürchten, mit der sich betroffene Dieselfahrzeugbesitzer, aber auch Anlieger von Straßen, die dann unter dem Umwegeverkehr leiden, zur Wehr setzen werden“, sagte Gemeindebunds-Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg der „Rheinischen Post“. „Gerade weil das oberste Verwaltungsgericht die Verhältnismäßigkeit und die Fahrverbote als allerletztes Mittel hervorgehoben hat, ist eine solche Entwicklung gut vorstellbar“, sagte Landsberg.

Handwerkskammer: Fahrverbote für viele Betriebe existenzbedrohend

Fahrverbote für Dieselfahrzeuge könnten dramatische Auswirkungen für das Handwerk haben. „Den meisten Betrieben würde durch ein Fahrverbot die Existenzgrundlage entzogen. Die Folgen wären Unternehmensschließungen und Arbeitsplatzverluste“, sagte der Präsident der Handwerkskammer Düsseldorf, Andreas Ehlert, dem „Handelsblatt“. Viele Betriebe hätten Fuhrparks mit Dutzenden Dieselfahrzeugen. Mehr als die Hälfte der Fahrzeuge seien drei, maximal vier Jahre alt. „Diese Betriebe könnten es wirtschaftlich nicht verkraften, wenn sie gezwungen wären, ihre Fahrzeugflotte zu erneuern.“ Schwere Vorwürfe erhebt Ehlert gegen die Politik und die Autoindustrie. Die europäische Luftreinhalte-Richtlinie sei vor zehn Jahren in Kraft gesetzt und zwei Jahre später in nationales Recht überführt worden. „Das heißt: Deutschland hatte viele Jahre Zeit Vorkehrungen zu treffen, dass es nicht zu Fahrverboten kommt“, sagte der Handwerkspräsident. Die Politik habe aber nicht gehandelt. Hinzu seien dann die Manipulationen der Autoindustrie gekommen. „Und jetzt stecken wir tief in diesem Dilemma.“ Aber, betonte Ehlert: „Die Versäumnisse von Politik und Autoindustrie dürfen nicht auf dem Rücken der Wirtschaft abgeladen werden.“ Die Autoindustrie sieht Ehlert nun „selbstverständlich gefordert, da, wo manipuliert worden ist, kostenlos Hardwarelösungen anzubieten, damit die Grenzwerte bei den betroffenen Fahrzeugen wieder eingehalten werden können“. Die Kosten müsse die Industrie alleine tragen. „Vor allem für die Werkstattbetriebe muss die Nachrüstung kostenneutral sein“, sagte der Handwerkspräsident. Die Einführung einer neuen Umweltzone mit der blauen Plakette lehnt Ehlert strikt ab. „Das würde es den Kommunen sehr leicht machen, Fahrverbote flächendeckend zu verhängen“, sagte er. Das aber würde das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts konterkarieren. Der Richter habe ja ausdrücklich betont, dass stets die Verhältnismäßigkeit von Fahrverboten zu prüfen sei. „Diese Prüfung würde bei einer blauen Plakette völlig unter den Tisch fallen.“ +++