Lindner wertet Bundeswehr-Leak als Weckruf

Putin versuche "offensichtlich, unsere Gesellschaften zu spalten"

Christian Lindner (FDP)

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), hat mit Sorge auf die Abhöraffäre bei der Bundeswehr reagiert. „Es ist ein Weckruf, dass wir von Putin ins Visier genommen werden“, sagte Lindner dem „Handelsblatt“. „Wir sehen einen hybriden Angriff aus Russland.“

Die Aufnahme sei veröffentlicht worden, „um unsere innenpolitischen Debatten in Europa zu stören“. Putin versuche „offensichtlich, unsere Gesellschaften zu spalten“. Das dürfe man nicht zulassen, so der FDP-Chef. Mit Blick auf den Leak sagte Lindner: „Wir werden untersuchen, wie das passieren konnte.“ Aber nach allem, was man bisher wisse, seien keine vertraulichen Informationen durch diesen russischen Spionageversuch an die Öffentlichkeit gelangt. Es seien in dem Gespräch der Bundeswehroffiziere „keine kritischen Informationen ausgetauscht“ worden, die nicht schon öffentlich gewesen seien. Der Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz forderte eine rasche Aufklärung der Abhöraffäre auch „mit Blick auf dringend benötigtes Vertrauen unserer Verbündeten“. Der Vorgang sei nicht nur für die Sicherheit Deutschlands von großer Bedeutung, sagte der Vorsitzende des Geheimdienstgremiums des Bundestages dem „Handelsblatt“. Der Spionagefall zeige, „dass Russland inzwischen auf sehr aggressive Art und Weise alle Mittel in die Hand nimmt, um weitere Unterstützung für die Ukraine zu verhindern und den Zusammenhalt zwischen den Staaten gezielt zu schwächen, die die Ukraine in Russlands völkerrechtswidrigem Angriffskrieg unterstützen“.

Kubicki sorgt sich um Zusammenarbeit mit Partner-Geheimdiensten

FDP-Bundesvize Wolfgang Kubicki fürchtet, dass die Abhöraffäre bei der Bundeswehr die Kooperation mit anderen Partnerdiensten gefährden könnte. „Ja, selbstverständlich“, sagte er auf eine entsprechende Frage des „Handelsblatts“. „Wenn es schon so einfach ist, sich in eine Webex-Kommunikation von bedeutenden Militärs einzuwählen, dann können wir davon ausgehen, dass unser Problem noch deutlich schwerer wiegt als diese peinliche Veröffentlichung.“ Mit Besorgnis reagierte Kubicki auf eine Einschätzung des ehemaligen Verteidigungsministers von Großbritannien, Ben Wallace. Vor dem Hintergrund des Spionagefalls bei der Bundeswehr wird der Politiker von der britischen „Times“ mit den Worten zitiert: „Wir wissen, dass Deutschland von russischen Geheimdiensten ziemlich durchdrungen ist, also zeigt es nur, dass sie weder sicher noch zuverlässig sind.“ Kubicki sagte dazu: „Sollte die Erklärung stimmen, dass Deutschland von russischen Spionen durchsetzt ist, dann wäre das ein GAU.“ Der Vize-Vorsitzende des Geheimdienst-Kontrollgremiums des Bundestages, Roderich Kiesewetter (CDU), sagte dem „Handelsblatt“, die Abhöraffäre verstärke den Eindruck, dass Deutschland unzuverlässig wirke und seine Partner und Verbündeten fahrlässig gefährde. „Das Porzellan hat allerdings schon vor dem Leak Olaf Scholz zerschlagen und einen enormen Flurschaden angerichtet“, fügte der CDU-Politiker hinzu. Das sei auch Wasser auf die Mühlen von Isolationisten in den USA, die sich in ihrer Kritik an Nato-Partnern erneut bestätigt sähen. Deshalb sei der Kanzler mit seinem Verhalten „zum Sicherheitsrisiko für Europa geworden“. Denn er stelle das Nato-Bündnis infrage und stärke durch das Aufgreifen russischer Narrative und die Blockade essenzieller Unterstützung für die Ukraine den Angreifer Russland. +++