Lauterbach: Fehlende Klinik-Spezialisierung kostete Menschenleben

Lauterbach attackiert Lobbygruppen

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) geht davon aus, dass die fehlende Spezialisierung in Krankenhäusern in der Pandemie Menschenleben gekostet hat. Beim Einsatz von ECMO-Geräten – Maschinen zur Sauerstoffanreicherung des Bluts außerhalb des Körpers – seien in Deutschland während der Corona-Pandemie im Vergleich zu Frankreich „wahrscheinlich etwa doppelt so viele Menschen bei der ECMO-Behandlung“ gestorben, sagte Lauterbach dem Focus.

„In Häusern, die nicht so viel Erfahrung damit hatten, starben drei von vier Patienten, im Großraum Paris hingegen nur 35 Prozent. An hiesigen Kliniken wie der Charité lag die Sterblichkeit wiederum ähnlich niedrig“, so Lauterbach. Er führte als Grund an: Die Versorgung mit den ECMO-Geräten konnte in Deutschland zwar angeboten werden, „aber sie war mangels Spezialisierung nicht überall so hochwertig, wie sie hätte sein können“. „So etwas wie die ECMO einem unerfahrenen Ärzteteam in die Hand zu geben, ist ungefähr so, wie einen Sonntagsfahrer einen 600-PS-Lamborghini fahren zu lassen.“ Mit der Reform sieht Lauterbach Deutschlands Kliniken besser gerüstet. „Durch die Gesetze, die wir jetzt machen, wird das ärztliche Personal besser genutzt“, so der Minister im „Focus“.

Lauterbach attackiert Lobbygruppen

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gibt den Lobbygruppen eine Mitschuld am schlechten Zustand des deutschen Gesundheitswesens. „Jetzt stehen die Krankenhäuser mit dem Rücken zur Wand und die älteren Hausärzte wollen aus lauter Frustration ihre Praxen aufgeben“, sagte er dem Magazin Focus. „In der Digitalisierung ist 20 Jahre nichts gelaufen. In der Medizinforschung sind wir komplett zurückgefallen. Ohne den Einfluss der Lobbygruppen wäre ein solches Reformversagen der letzten zehn Jahre kaum erklärbar.“ Weiter führte der Minister aus: „Vertreter von Lobbygruppen müssen stets ein Maximum herausholen oder fordern mehr Geld für das, was bisher schon war.“ Dagegen sei zwar nichts einzuwenden, aber es ersetze keine Reform, „und unser Gesundheitssystem ist schon jetzt mit das teuerste in Europa.“ In der Vergangenheit sei „zu viel Rücksicht auf Interessensgruppen genommen“ worden, so der Minister.

Kassenärzte dringen auf Nachbesserung beim Hausärztegesetz

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) fordert die Ampel-Koalition auf, das Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz im Bundestag deutlich nachzubessern. Das Gesetz sei lediglich „ein erster Schritt in die richtige Richtung“, sagte der KBV-Vorsitzende Andreas Gassen der „Bild“. „Es kann tatsächlich zur Verbesserung der Lage der Hausärzte beitragen. Wir erwarten jetzt, dass im parlamentarischen Verfahren noch Verbesserungen eingearbeitet werden.“ Konkret forderte Gassen, dass keine Praxis durch die Reform finanziell schlechter gestellt werden dürfe als vorher. Außerdem verlangt der KBV-Chef ein Bonussystem: „Wer mehr arbeitet, muss auch mehr bekommen“, sagte Gassen der „Bild“. Insgesamt könne das Gesetz dafür sorgen, dass es mittelfristig wieder mehr Hausärzte gibt. +++

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