Lauterbach: Curevac für Europa nicht mehr relevant

Linke fordert staatliche Impfstoffproduktion

SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach glaubt nicht, dass der Impfstoff des deutschen Herstellers Curevac in Deutschland und Europa zum Einsatz kommen wird. „Die schlechte Nachricht: Der Impfstoff wird für Europa keine Rolle spielen“, sagte er dem Wirtschaftsmagazin „Business Insider“ am Donnerstag. „Wenn es Impfstoffe gibt, die so viel stärker sind, wie Moderna und Biontech, wie mit Abstrichen auch Johnson&Johnson und Astrazeneca, dann gibt es schlicht keinen Platz für einen Impfstoff, der nicht so gut ist.“ Am späten Mittwochabend hatte Curevac die Ergebnisse eine Studie mit seinem Impfstoff angegeben. Demnach hat das Mittel nur eine vorläufige Wirksamkeit von 47 Prozent.

Zu wenig, um Sicherheit gegen das Coronavirus zu bieten und die Menschen zu überzeugen, sagte Lauterbach: „Den wird niemand haben wollen.“ Das schlechte Abschneiden von Curevac sei in Spezialistenkreisen ohnehin nicht überraschend gekommen und zwar, weil die Studie nicht schon nac  h der ersten oder zweiten Interimsanalyse abgebrochen worden sei. „Eine Studie bis zum Schluss durchzuziehen, das wird nur gemacht, wenn das Ergebnis knapp ist. Wenn es eindeutig ist, werden Studien gestoppt, weil es ethisch nicht geboten ist, sie länger laufen zu lassen.“ Bei Curevac hätten Experten also schon vermutet, dass der Impfstoff nicht so stark sein würde. Das könne mit den mittlerweile auftretenden Corona-Varianten zu tun haben, sagte Lauterbach, „aber da scheint es auch ein zusätzliches Problem zu geben“. Die deutsche Impfkampagne sieht Lauterbach durch den Ausfall von Curevac um insgesamt zwei bis drei Wochen zurückgeworfen. Mitte September könnten dann genug Erwachsene geimpft sein, um eine Herdenimmunität gegen das Coronavirus zu gewährleisten. „Man muss auch bedenken, dass uns der Ausfall von Curevac im Sommer trifft, die Zahlen sind gerade sehr niedrig“, sagte der SPD-Politiker. „Somit glaube ich, dass diese zwei bis drei Wochen, die wir verlieren, uns nicht wirklic  h treffen.“ Auch für später womöglich notwendige Boosterimpfungnen werde Curevac keine Rolle spielen, sagte der SPD-Politiker: „Das wird mit Moderna und Biontech geschehen.“ Generell glaubt Lauterbach, dass Deutschland von einer vierten Corona-Welle mit einem größeren Lockdown verschont bleiben wird. Zwar könnte es in Zukunft Probleme mit Mutationen des Virus, wie der aktuell grassierenden Delta-Variante, geben. „Doch wenn es uns wirklich gelingt, 70 bis 80 Prozent der Erwachsenen zu impfen, dann wird das Problem der Varianten zwar kommen, aber das trifft dann die Ungeimpften“, sagte der Mediziner. „Und wer bis dahin nicht geimpft ist, gut, das ist nicht das Intelligenteste, was man tun kann.“

Linke fordert staatliche Impfstoffproduktion

Die beiden Vorsitzenden der Linkspartei, Susanne Hennig-Wellsow und Janine Wissler, wollen mit der Forderung nach einer staatlichen Impfstoffproduktion in den Wahlkampf ziehen. „Angesichts des Marktversagens bei der weltweiten Versorgung mit den dringend benötigten Covid-19-Impfstoffen und der Gefahr zukünftiger Pandemien dürfen wir die Produktion von Impfstoffen nicht mehr den Konzernen überlassen“, heißt es in einem von den beiden eingebrachten Änderungsantrag für das Wahlprogramm, das auf dem Parteitag am Wochenende beschlossen werden soll. „Zeit-Online“ berichtet darüber. In dem Text heißt es weiter: „Daher schlagen wir den Aufbau einer öffentlichen Impfstoffproduktion (im Sinne von regional vaccine manufacturing hubs) vor, weltweit koordiniert über WHO und UN“, heißt es weiter. In einem ausführlichen Konzept wird für Deutschland der Aufbau von zwei Fabriken vorgeschlagen, die jeweils Impfstoff für 20 bis 30 Millionen Bürger produzieren sollten. Die Kapazitäten sollen auf Dauer vorgehalten werden, nicht nur während einer akuten Pandemie. Die Kosten für den Aufbau beziffern die Linken auf 120 Millionen Euro, hinzu kämen jährlich zehn Millionen Euro für den Betrieb im Leerlauf. In dem Konzept wird eingeräumt, dass dies erhebliche Kosten seien. Sie seien aber „weit geringer als die volkswirtschaftlichen Schäden und das menschliche Leid durch diese und kommende Pandemien“. Der Aufbau einer entsprechenden Fabrik werde zwei Jahre dauern. Das lohne sich nach Ansicht der Linke-Vorsitzenden aber trotz der bereits vorhandenen Impffortschritte noch. „Die Covid-Wellen werden weltweit wahrscheinlich über Jahre weiter bestehen und permanenten Impfstoffbedarf erzeugen“, sagte Hennig-Wellsow „Zeit-Online“. „Unter Umständen ist leider von bis zu zehn Jahren auszugehen, bis man Covid weltweit wirklich unter Kontrolle hat.“ Wenn der Impfstoff in Deutschland nicht benötigt werde, könne er kostengünstig an ärmere Länder abgegeben werden. +++