Jeden Tag machen Menschen die schmerzliche Erfahrung, dass Leben und Tod sehr nah beieinanderliegen. Verkehrsunfälle, Fälle von plötzlichem Kindstod, erfolglose Reanimationen im häuslichen Umfeld, nahestehende Menschen, die ihr Leben beenden – die Angehörigen bleiben verzweifelt zurück und wissen oft nicht, wohin mit ihrem Schmerz. Um in der Akutphase kompetent helfen zu können, fördert der Landkreis Fulda die Ausbildung in der Psychosozialen Notfallversorgung (PSNV): Zehn Frauen und Männer haben nun nach einem anerkannten Curriculum die Prüfung erfolgreich absolviert.
Zum Abschluss gratulierte Vize-Landrat und Gesundheitsdezernent Frederik Schmitt: „Ich danke Ihnen, dass Sie Ihre Zeit, Ihre Kraft und Energie zur Verfügung stellen, um unsere Rettungsdienste zu unterstützen und Menschen beizustehen, die den plötzlichen Tod eines Angehörigen verarbeiten müssen. Sie leisten Maßgebliches in einem Bereich, der sehr herausfordernd und zunehmend wichtiger geworden ist.“ Seit Oktober wurden die zehn Frauen und Männer gemeinsam darin geschult, bei akuten Todesfällen Angehörigen zur Seite zu stehen und auch darin, Todesnachrichten zu überbringen. Diese tragischen Ereignisse zu bewältigen, sich in Hinterbliebene einzufühlen und entsprechende Verhaltensregeln zu erlernen, hat die zehn Ehrenamtlichen zusammengeschweißt.
Es ist spürbar am Tag des Abschlusses, wie emotional die Seminartage gewesen sein müssen. In vielen, vielen Rollenspielen ging es um die schlimmsten aller Themen: „Wir müssen Ihnen leider sagen, dass Ihr Mann heute Morgen bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Ihr Mann ist tot.“ Sie haben solche Sätze ausgesprochen gegenüber einer Seminarteilnehmerin an der Haustür im Schulungsgebäude. Allen war klar, dass es eine Übungssituation ist – und doch ging es allen an die Nieren.
„Das ist das Wesen dieser Seminare. Es geht um Trauerreaktion von Erwachsenen und von Kindern, um das Thema Suizid, um das Aushalten von Schweigen und um lautstarke Verzweiflung. Die Seminare sind emotional und entsprechend machen sie den Teilnehmenden sehr deutlich, was diese Tätigkeit bedeutet “, sagt Kristina Schmidt. Sie ist seit 15 Jahren Teamleiterin und Sprecherin der PSNV des Landkreises Fulda und weiß aus eigener Erfahrung: „Diese Aufgabe gibt einem sehr viel, aber sie verlangt einem auch sehr viel ab.“ Aus diesem Grund ist auch die Selbstfürsorge ein wichtiger Bestandteil der Ausbildung. „Man muss gut auf sich selbst aufpassen, um andere auf lange Frist in diesen Extremsituationen unterstützen zu können“, sagt Kristina Schmidt.
Die zehn Frauen und Männer sind zum Teil bereits durch ihre Tätigkeit im DRK, im MHD oder auch in Notaufnahmen mit dem Themenbereich vertraut. Im Seminar waren auch Personen beteiligt, die in ihrem Berufsalltag damit keine Berührung haben. Aber auf Vorerfahrung komme es dabei nicht an, sagt die Teamleiterin: „Wir begegnen den Menschen nicht in einer Funktion, sondern als Mensch.“
Die zehn Personen, die ihren Dienst ehrenamtlich versehen, werden nun über das nächste Jahr bei Einsätzen der rund 40 erfahrenen Kolleginnen und Kollegen hospitieren, die vom Rettungsdienst und der Polizei angefordert werden können. Die Neuen werden schrittweise an ihre Aufgaben herangeführt und bleiben dabei in der professionellen Interaktion. Damit wollen wir eine Überforderung verhindern“, sagt Kristina Schmidt.
Parallel dazu hat der Landkreis bereits seit einigen Jahren auch ein Team, das die Psychosoziale Notfallversorgung von Einsatzkräften im Fokus hat. Dieses Team ist befähigt, Einsatzkräfte des Rettungsdienstes und der Feuerwehr zu betreuen, die besonders belastende Einsätze absolviert haben. Alle Teammitglieder sind selbst in der Gefahrenabwehr tätig – als Feuerwehrleute, Notärzte, in Diensten des DRK oder der Malteser und wissen deswegen umso besser, wie schwer manche Ereignisse zu verarbeiten sind. „Das Konzept der PSNV für Einsatzkräfte und für von Notfällen betroffene Personen ist eine wesentliche Säule der Gefahrenabwehr im Landkreis Fulda, und es bleibt unser Ziel, diese qualifizierte Versorgung auch künftig engagiert auszubauen“, sagt der zuständige Fachdienstleiter Frank Reith. +++ pm