Lage auf Intensivstationen spitzt sich zu

In Osthessen liegt aktuell keine besondere Belastung vor

Krankenhaus-Patient

Intensivmediziner warnen mit Blick auf den zweiten Corona-Winter vor einem Bettenmangel auf Intensivstationen in Deutschland. Die Lage sei „aktuell bereits schwierig“, sagte Gernot Marx, Präsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), dem Nachrichtenportal Watson. Der Mediziner berichtet, dass Intensivstationen mehr Covid-19-Patienten betreuen müssten als im selben Zeitraum 2020. Es fehlten jedoch die entsprechenden Kapazitäten. „Unser größtes Problem ist gerade, dass wir sehr viel weniger betriebsbereite Intensivbetten in ganz Deutschland verzeichnen als im vergangenen Herbst“, sagte er weiter. „Wenn sie nicht für zwei Betten eine Pflegekraft zur Verfügung haben, wird das Bett nicht belegt, es wird gesperrt“, erläutert Marx das Problem.

Und weiter: „Teilweise wissen wir von Kliniken, in denen ganze Abteilungen stillliegen.“ Der Mangel an betriebsbereiten Betten habe im Notfall katastrophale Konsequenzen. „Teilweise muss ein Notarzt zwanzig Kliniken abtelefonieren und dann 100 Kilometer weit fahren, um seinen Notfallpatienten an die Intensivmediziner übergeben zu können“, so Marx weiter. Auch die 80 bis 90 Prozent der Patienten, die nicht unter Corona, sondern anderen Erkrankungen litten, wären davon betroffen. Vergangenes Jahr waren Ende Oktober 28.970 Intensivbetten betriebsbereit, dieses Jahr waren es nur noch 24.517, wie der DIVI-Report vom 31.10.2021 aufzeigt. Durch eine aktuelle Umfrage konnte das DIVI ermitteln, dass inzwischen in jedem dritten Bett deutscher Intensivstationen kein Patient mehr behandelt werden kann. Laut Daten vom Montagnachmittag werden aktuell 2.058 Covid-Patienten intensiv behandelt, 74 oder 3,7 Prozent mehr als am Vortag. 2.931 Intensivbetten sind aktuell frei, 10.406 Betten als Notfallreserve innerhalb von sieben Tagen aufstellbar. Klettern die Zahlen so weiter wie in den letzten Tagen, könnte schon in zwei bis vier Wochen diese Notreserve in Anspruch genommen werden müssen. Weitere drei Wochen später wäre dann auch die Reserve aufgebraucht, wenn nicht anderweitig Betten freigemacht werden, beispielsweise durch das Verschieben von Operationen, oder die Rekrutierung von zusätzlichem Personal.

HJK: Die Pandemie ist erst vorbei, wenn 80 bis 90 Prozent der Bevölkerung geimpft sind

In Osthessen liegt aktuell keine besondere Belastung durch Covid-19 Intensivfällen vor, so das Herz-Jesu-Krankenhaus auf Anfrage von fuldainfo.de. Wenn die Fälle allerdings ansteigen, wird es zu einer Konkurrenz zwischen Covid-19 und nicht Covid-19 Intensivfällen kommen.

Man kann von zwei Wellen reden, eine Welle der Geimpften und eine der Ungeimpften. Das Krankheitsbild hat sich tatsächlich im Vergleich zu den vorherigen Wellen geändert. Bei den Geimpften handelt es sich vor allem um ältere Patienten mit Risikofaktoren. Erfreulicherweise entwickeln diese Patienten bislang nicht die gefährlichen Organkomplikationen wie die Ungeimpften mit gleichem Risikoprofil. Die Ungeimpften sind jüngere Menschen im Alter von 20 bis 50 Jahren, die einen sehr symptomatischen Verlauf haben. Aber da sie nur geringes Risiko für Komplikationen haben, bleiben bei diesen Patienten auch schwere Organschäden aus. Allerdings müssen viele der Ungeimpften mit Covid-19 mit gesundheitlichen Langzeit-Covid-19-Problemen rechnen Post-COVID bzw. Long-COVID.

Die Pandemie ist erst vorbei, wenn 80 bis 90 Prozent der Bevölkerung geimpft oder genesen sind und, wenn die Fallzahlen niedrig sind – erst dann kann sich die Pandemie nicht wieder entfachen. Mit der aktuell (immer noch) zu niedrigen Impfquote und der hohen Prävalenz hat das SARS-CoV-2 Virus freie Bahn sich auszubreiten. Ohne Kontrolle werden wir wieder viele schwere Fälle vor allem bei den Ungeimpften bekommen, die unser Gesundheitswesen belasten werden. Daher brauchen wir weiter Masken, Abstandsregeln, Testungen und die Covid-Schutzimpfungen. Außerdem sind die Booster-Impfungen für Risikogruppen und Menschen mit vielen Kontakten klar zu empfehlen.

Klinikum Fulda: Auslastung ist dennoch hoch

Der Anstieg der Inzidenzen wird – mit der mittlerweile bekannten Verzögerung – auch auf den Intensivstationen in Hessen und im Klinikum Fulda spürbar werden. Derzeit werden in Osthessen und im Klinikum Fulda dort nur wenige Patienten behandelt. Die Auslastung ist dennoch hoch, da viele Non-COVID-Patienten versorgt werden müssen. In enger Abstimmung mit dem Landesplanungsstab und gemeinsam mit den Krankenhäusern der Region bereiten wir uns auf einen Anstieg in den nächsten Wochen vor. Dazu zählt die Festlegung der Aufnahmekapazitäten für COVID-Patienten ebenso wie die mögliche Verschiebung nicht-dringlicher Fälle.

Helios Hünfeld: Lage ist Ruhig

Auch im Helios in Hünfeld ist die Corona-Lage ruhig. Zurzeit der Anfrage (Stand 28.10.2021) behandelte man nur einen COVID-19-positiven Patienten. Dieser war nicht intensivpflichtig. Auch in den Wochen zuvor hatte man nur sehr wenige Corona-Patienten zu betreuen, auf der Intensiv-Station keine. Das aktuelle Infektionsgeschehen bundesweit und regional wird vom Krankenhaus beobachtet. Auch ist das Abstands- und Hygienekonzept weiterhin in Kraft, ebenso wie die 3G-Regel und die Beschränkungen für Besucher (Zeit und Anzahl der zugelassenen Personen). +++