Kritik an Taurus-Absage des Kanzlers

Der Kanzler sagt, die Nato soll nicht Kriegspartei werden

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD)

Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt (Grüne) kritisiert die Weigerung von Kanzler Olaf Scholz (SPD), der Ukraine Taurus-Marschflugkörper zu liefern. „Niemand, der Taurus für die Ukraine fordert, will, dass Deutschland zur Kriegspartei wird, das ist ein falscher Vorwurf“, sagte sie dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Für den Frieden in Europa und darüber hinaus ist es essenziell, dass die Ukraine diesen Verteidigungskampf gewinnt.“

Die größte Gefahr für die Ukraine wie für Deutschlands Sicherheit sei und bleibe, dass Russlands Präsident Wladimir Putin „trotz des starken Widerstandes der Ukraine in diesem völkerrechtswidrigen und menschenverachtenden Krieg“ die Oberhand behalte und dann seinen imperialistischen Feldzug fortsetze, fügte Göring-Eckardt hinzu. „Deshalb unterstützen wir die Ukraine, und deshalb sollten wir in Deutschland und Europa noch mehr zur Verteidigung der Ukraine und zum Schutz unseres eigenen Landes tun.“ Die sicherheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Sara Nanni, sagte dem RND: „Der Kanzler sagt, die Nato soll nicht Kriegspartei werden. Er suggeriert damit immer wieder, man habe es am Ende doch selbst in der Hand, ob man angegriffen wird oder nicht. Was für ein Hohn gegenüber der Ukraine, die nie Kriegspartei werden wollte und sich nun wehren muss.“ Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner verteidigte unterdessen das Nein des Bundeskanzlers entschieden. „Es war bislang mehrheitlich die Auffassung der SPD-Bundestagsfraktion gewesen, dem Kurs des Kanzlers zu folgen, die Ukraine militärisch, insbesondere mit Luftabwehrwaffen zum Schutz der Zivilbevölkerung, zu unterstützen“, sagte Stegner. „Die Forderung nach Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern stieß bei vielen eher auf Skepsis. Das gilt auch weiterhin.“ Er fügte hinzu: „Diese Ansicht herrscht laut Umfragen auch bei der Mehrheit der Bevölkerung vor.“ Er mahnte, der Fortgang des Krieges dürfe nicht auf das Militärische verkürzt werden. „Signale aus der Ukraine, mit Russland zu verhandeln, sollten unbedingt aufgegriffen werden. Es wäre ein kleiner Schritt zu einem Waffenstillstand.“

Strack-Zimmermann kritisiert Scholz ebenfalls für Absage an Taurus-Lieferung

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) für seine Erklärung zur Verweigerung von Taurus-Marschflugkörpern für die Ukraine scharf kritisiert. Scholz liege falsch mit der Behauptung, es müssten Bundeswehrsoldaten in die Ukraine, um diese Waffe vorzubereiten, das stimme einfach nicht, sagte sie am Montag dem Fernsehsender „Welt“. Der Kanzler suche nach Ausreden. Es sei zwar richtig, dass man Taurus vorbereiten müsse, so wie andere Waffen auch, „aber: Wo ein Wille ist, ist in der Tat ein Weg. Aber offensichtlich werden jetzt Argumente aus der Tasche gezogen, die schon einmal hervorgeholt worden sind – und ich frage mich natürlich: Wer berät den Kanzler? Ich finde das sehr besorgniserregend“, so Strack-Zimmermann. Überhaupt könne man das Argument der Vorbereitung von Waffen nicht gelten lassen – sonst dürfte man gar keine deutschen Waffen in der Ukraine einsetzen, ergänzte sie: „In der Ukraine stehen eine Menge Waffen, um die Menschen dort zu schützen – Waffen aus deutscher Produktion. Die sind alle programmiert, sodass sie eben auf anfliegende Raketen wirken können. Wenn das also das Argument ist, müssten wir sofort alle automatischen Waffen, die auf Angriffe reagieren, abziehen. Ich halte das für vorgeschoben.“ Selbst wenn man Bedenken wegen der Programmierung durch deutsche Experten habe, könne man eine Lösung finden: „In diesem Fall kann die Programmierung in Deutschland stattfinden, beziehungsweise die ukrainischen Soldaten müssen das hier gelehrt bekommen.“ Die Lage in der Ukraine sei derzeit „auch psychologisch unglaublich ernst“, so Strack-Zimmermann. Daher sei es besonders unverständlich, dass man gerade jetzt eine solche Waffe verweigere. Es sei der „denkbar schwierigste Augenblick, nämlich da, wo die Ukraine ein massives Problem hat“. Strack-Zimmermann weiter: „Ich bin wirklich fassungslos angesichts der dramatischen Lage in der Ukraine. Es geht um die tatsächliche Lage, es geht aber auch um die psychologische Lage und dass das jetzt in diesem Augenblick kommt – ich fasse das nicht.“ Strack-Zimmermann zeigte sich auch irritiert über die Vehemenz der Taurus-Absage durch Bundeskanzler Scholz: „Offensichtlich will er sozusagen verbal mit der Faust auf den Tisch hauen, also eine Art Basta-Mentalität an den Tag legen. Und das ist deswegen schon hochproblematisch, weil ja vor wenigen Stunden, als die Außenministerin angesichts des zweiten Jahrestages des Angriffs Russlands auf die Ukraine in der Ukraine war, dort von einer russischen Drohne bedroht wurde, verfolgt wurde, und dass just zwei Tage später der Kanzler der Bundesrepublik dann ausschließt, dieses System zu nutzen – das ist schon bemerkenswert. Und ich kann nur sagen, mir bleiben selten die Worte weg, aber heute fehlen sie mir.“ +++