Krankenhausgesellschaft: Keine bundesweite Überlastung in Kliniken

Für Ausweitung der 2G-Regelung im öffentlichen Leben ausgesprochen

Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, sichert jedem schwerkranken Patienten in Deutschland eine intensivmedizinische Behandlung zu. „Die Corona-Lage in den Kliniken ist angespannt, aber wir haben aktuell keine bundesweite Überlastung“, sagte er der „Bild“. „Jeder Schwerkranke, der eine intensivmedizinische Behandlung braucht, wird diese absehbar auch bekommen – möglicherweise nicht im benachbarten Krankenhaus, dann aber im nächst gelegenen.“ Noch sei das Regelsystem „nicht flächendeckend reduziert“, so Gaß. Wegen der steigenden Patientenzahlen würden die Kliniken nun aber beginnen, planbare, nicht lebensnotwendige Operationen zu verschieben. Die Behandlungs-Zusage gelte auch für Thüringen, so Gaß. Mit Blick auf die Aussagen von Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke), wonach Ungeimpfte keine Garantie mehr bekämen, in Thüringen behandelt zu werden, widersprach Gaß und sagte: „Eine Behandlung hängt selbstverständlich nicht vom Impf-Status ab.“

Allgemeinmedizinern geht Testpflicht in Heimen nicht weit genug

Der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) hält die von der Gesundheitsministerkonferenz beschlossene Ausweitung der Testpflicht in Alten- und Pflegeheimen für unzureichend. „Zusätzlich wäre es wichtig, Pooltestungen der Bewohner durchzuführen und insbesondere auch Tagesbesucher hinsichtlich der 2G-Regel zu kontrollieren“, sagte Martin Scherer der „Rheinischen Post“. „Es kann nicht sein, dass diese Kontrollen in Gaststätten und Restaurants strenger durchgeführt werden als in Alten- und Pflegeheimen.“ Auch für eine Impfpflicht für Fachpersonal im Gesundheitswesen zeigte er sich offen. „Dabei spielt zum einen der Schutz der vulnerablen Personen eine Rolle und zum anderem der Selbstschutz der Fachkräfte“, so Scherer. Zudem könnten mit der Impfpflicht Krankheitsausfälle vermieden werden. „Je besser das Fachpersonal geschützt ist, desto stabiler wird auch die Personaldecke der medizinischen Einrichtungen im bevorstehenden Winter sein“, so der Allgemeinmediziner. Zudem sprach sich Scherer für Ausweitung der 2G-Regelung im öffentlichen Leben aus. „Aus medizinischer Sicht ist eine solche Forderung absolut nachvollziehbar, weil sie verdeutlicht, was wir in der aktuellen Lage brauchen: eine immunkompetente Bevölkerung, das heißt Immunkompetenz durch Genesung oder Impfung. Je mehr Menschen dieses Kriterium erfüllen, desto mehr Menschen sind vor schweren Verläufen geschützt und desto besser können wir der Pandemieentwicklung die Spitze nehmen“, so der DEGAM-Präsident weiter.

Der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, drängte hingegen auf ein sofortiges gesetzliches Verbot für die Betreuung von Heimbewohnern und Patienten durch ungetestetes Personal in Altenheimen und Kliniken. „Es muss sofort ein gesetzliches Verbot geben, dass ungetestetes Personal am Patienten arbeitet“, sagte Brysch der „Rheinischen Post“. „Es muss jetzt endlich jeder verstehen, dass man auch als Geimpfter oder Genesener das Coronavirus weitergeben kann.“ Die älteren Menschen in Heimen, ambulanter Betreuung oder Krankenhäusern könnten sich nicht selbst schützen, sie seien dem Personal ausgeliefert, sagte Brysch. Auch eine Impfung könne einen Test nicht ersetzen. Zwingend erforderlich sei daher die tägliche Testpflicht für das gesamte Personal in der ambulanten und stationären Altenpflege und in den Kliniken. „Die Testpflicht muss für alle gelten, nicht nur für die Ungeimpften, sondern auch für Geimpfte und Genesene“, sagte Brysch.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Helmut Dedy, verlangte die konsequente Einführung der 2G-Regel in Pflegeheimen und im Freizeitbereich. „Wir erwarten von den Ländern, dass für die Beschäftigten in Pflegeheimen 2G eingeführt wird“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“ (Samstagausgaben). „Solange sich die Länder dazu aber nicht durchringen, ist eine tägliche Testpflicht für ungeimpfte Beschäftigte ein Muss.“ Dedy zufolge müssen besonders verwundbare Personen besser geschützt werden. „Wir brauchen deshalb eine verschärfte Testplicht für Pflegeheime. Geimpfte und genesene Besucher zu Tests zu verpflichten, macht Sinn, um zusätzliche Sicherheit zu schaffen“, sagte Dedy weiter. Aber es müsse sich auch bei den Pflegekräften etwas tun, die bisher ungeimpft sind. „Wir erwarten, dass sich die Beschäftigten in der Pflege impfen lassen, weil ihnen Menschen anvertraut sind.“ Es sei richtig gewesen, die Kostenfreiheit der Corona-Tests aufzuheben, um die Impfbereitschaft zu stärken. „Das hat sicher auch etwas bewirkt. Aktuell scheint der Effekt aber gering zu sein. Und die Infektionszahlen sind erheblich gestiegen“, so Dedy. „Deshalb sollte über kostenfreie Tests nochmal nachgedacht werden. Noch besser wäre aus unserer Sicht aber, konsequenter 2G im Freizeitbereich einzuführen.“ Wenn nur Geimpfte und Genesene Clubs, Theater, Kinos und Fitnessstudios besuchen könnten, würde das die Zahl der Infektionen sicher dämpfen, fügte Dedy hinzu.

Staatsrechtler hält Impfpflicht für überfällig

Der Berliner Rechtswissenschaftler Christian Pestalozza, Mitglied der Ethik-Kommissionen des Landes Berlin, hält eine allgemeine Impfpflicht gegen das Coronavirus für überfällig. „Da sich offenbar nicht ausreichend Menschen freiwillig haben impfen lassen, halte ich diesen Schritt für unumgänglich“, sagte er dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. Für kontaktintensive und besonders gefährdete Berufe im Bereich der Pflege, des ärztlichen und medizinischen Personals, der Rettungskräfte, Polizei und Lehrkräfte habe er sich die Impfpflicht „schon viel früher gewünscht“. Der Verfassungsrechtsexperte sieht alle grundrechtlichen Voraussetzungen für eine Impfpflicht als erfüllt an: „Die Maßnahme verfolgt ein legitimes Ziel, ist geeignet, erforderlich und zumutbar.“ Er plädiert für eine bundeseinheitliche gesetzliche Regelung im Infektionsschutzgesetz, um einzelne Länder nicht in „Entscheidungsnot“ zu bringen. „Wer impfpflichtig ist, muss ebenfalls auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes klar sein“, so Pestalozza. „Da ist der neue Bundestag gefordert, eine parlamentarische Regelung zu treffen.“ Der Umstand, dass auch eine doppelte oder dreifache Corona-Impfung nicht hundertprozentig vor der Infektion schützt, sei kein Grund für rechtliche Bedenken, sagte Pestalozza dem RND. Er habe keinen Zweifel daran, dass das bei möglichen Klagen auch Gerichte wie das Bundesverfassungsgericht so sehen. „Wir können nicht darauf warten, bis die Krankenhäuser überfüllt sind und die Zahl der Toten weiter zunimmt. Manche Politiker tun so, als ob Corona besiegt wäre“, kritisierte er.

Österreich führt bundesweit 2G-Regel ein

In Österreich gilt angesichts steigender Infektionszahlen künftig bundesweit die 2G-Regel. Dies sei überall da der Fall, wo vorher die 3G-Regel galt, sagte Österreichs Bundeskanzler Alexander Schallenberg am Freitagabend. „Das heißt bei Gastronomie, Hotellerie, körpernahen Dienstleistern, Besuchen in Krankenhäusern, Alten- und Pflegeheimen gilt 2G, also genesen oder geimpft“, so der ÖVP-Politiker. Ebenso seien Veranstaltungen ab 25 Personen betroffen. Einfach geimpfte könnten vier Wochen lang mit einem PCR-Test ebenfalls als Person mit 2G-behandelt werden, so der Kanzler. Am Arbeitsplatz gelte weiterhin 3G, jedoch nur noch mit einem PCR-Test. „Das Ganze dient als starker Anreiz, dass Menschen sich impfen gehen. Das ist unser großes Ziel“, sagte er. Man müsse die Impfquote nach oben bekommen. Man wolle nicht spalten, aber habe die „Verantwortung, die Menschen in unserem Land zu schützen“, argumentierte der österreichische Bundeskanzler. +++