Krankenhaus-Chef rechnet mit Rekord bei Intensivpatienten

Drohender Intensivbetten-Engpass: SPD und Linke kritisieren Spahn

Krankenhaus-Patient

Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, rechnet angesichts der steigenden Zahl von Corona-Infizierten mit einem Rekord bei den intensivmedizinisch-versorgten Patienten in Deutschland. „In zwei bis drei Wochen werden wir die Höchstzahl der Intensivpatienten aus dem April übertreffen – und das können wir gar nicht mehr verhindern. Wer bei uns in drei Wochen ins Krankenhaus eingeliefert wird, ist heute schon infiziert“, sagte Gaß der „Bild“. Das sei leider die realistische Prognose, so Gaß. Er kündigte zudem an, auch Pflegepersonal aus nicht-intensivmedizinischen Bereichen auf den Intensivstationen einzusetzen. „Das ist natürlich nicht optimal, aber in einer solchen Ausnahmesituation zu rechtfertigen“, sagte Gaß.

Drohender Intensivbetten-Engpass: SPD und Linke kritisieren Spahn

Gesundheitsexperten von SPD und Linkspartei halten Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und Klinikbetreibern schwere Versäumnisse im Coronakrisenmanagement vor. Zuvor hatte die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) vor einem Engpass bei Intensivbetten gewarnt – wegen Personalmangels, berichtet die „Welt“. SPD-Fraktionsvize Bärbel Bas lastet Spahn an, Fachpersonal im Gesundheitsbereich und Risikogruppen nicht ausreichend zu schützen. „Die angekündigte Teststrategie kommt leider zu spät“, sagte Bas der „Welt“. Mit steigenden Infektionszahlen fielen nun vermutlich zunehmend auch Beschäftigte im Gesundheitswesen aus, weil sie sich mit Sars-CoV-2 infizierten. Zudem fehlten teilweise immer noch Präventions- und Notfallkonzepte, um Personalengpässe abzufedern. Krankenhäuser müssen seit Mitte April täglich die verfügbaren intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten an ein Register melden, das von der DIVI geführt wird. Die Vereinigung schätzt, dass bundesweit 3.500 bis 4.000 speziell ausgebildete Pflegekräfte fehlen, um die derzeit gemeldete Bettenzahl auch tatsächlich nutzen zu können. Die Union kritisiert daher Klinikbetreiber und fordert ein Gegensteuern. „Auf die Aussagen des Intensivregisters möchte ich mich verlassen können“, sagte die gesundheitspolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Karin Maag (CDU). Krankenhäuser, die das benötigte Personal nicht gewährleisten könnten, müssten ihre Bettenmeldung umgehend korrigieren.

Die Linkspartei sieht die Versäumnisse auf Seiten von Spahn. Dass es zwar eine Meldepflicht für Intensivbetten gebe, nicht aber für das Fachpersonal, sei ein „dilettantischer Fehler“, sagte Achim Kessler, gesundheitspolitischer Sprecher der Fraktion. Die FDP fordert „pragmatische Lösungen“. „Durch personelle Umschichtungen, auch über eigene Krankenhäuser hinaus, könnten wir unsere im europäischen Vergleich überdurchschnittliche Intensivbettenkapazität  aufrechterhalten“, so der liberale Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann. Auch die Grünen setzen auf Teamlösungen: Krankenpflegefachkräfte sollten Intensivpflegekräfte unterstützen, so der Vorschlag von Kordula Schulz-Asche, Sprecherin für Pflege- und Altenpolitik der Grünen-Bundestagsfraktion. „Es wäre ja absurd, wenn in der heutigen Situation die einen Fachkräfte überlastet und andere Fachkräfte in Kurzarbeit sind.“ Die AfD-Fraktion zweifelt derweil an einer drohenden Notlage. Ihr gesundheitspolitischer Sprecher Detlev Spangenberg warnt vor „übertrieben gefährlichem Aktionismus“. +++

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