Klartext mit Radtke – Der Hype um einen Landrat im kleinsten Landkreis des Landes

Darüber ist es wert, nachzudenken!

Vorwegstellen möchte ich gerne etwas äußerst Bemerkenswertes, was sehr gut als Einleitung zu diesem sehr heiklen Thema passt. Heute las ich über die Kabarettistin und Satirikerin Christine Prayon, die in der HEUTE SHOW (ZDF) als Kunstfigur „Birte Schneider“ auftritt. Weder ihr noch der HEUTE SHOW (Oliver Welke) kann man ja nun vorwerfen, sie seien auch nur einen Hauch von „rechts“. Umso erschreckender, was ich lesen musste. Prayon monierte bei Vorgesetzten die zunehmend einseitigen Sendungen, was jedoch niemanden interessierte. „Ich habe auch mit den Verantwortlichen dort geredet und betont, dass ich mich nicht daran beteiligen will, Andersdenkende der Lächerlichkeit preiszugeben.“ Desillusioniert stellte sie fest: „Wie wenig bedarf es mittlerweile, um als rechts gebrandmarkt zu werden? Wann bin ich rechts, wann bin ich eine Verschwörungstheoretikerin, eine Schwurblerin? Ich habe Fragen, ich habe Kritik, ich möchte mich äußern dürfen, ich möchte auch zuhören dürfen, ich möchte auch den hören, der für das Letzte gehalten wird.“ Sie könne mit Satire, die das verhindere, nichts mehr anfangen. „Das ist ein Simulieren von Freiheit“, so die Kabarettistin.“

Darüber ist es wert, nachzudenken!

Nun zum Thema: das Unvorstellbare ist passiert. Ein AfD Mitglied ist Landrat in Sonneberg (Thüringen) geworden. Im kleinsten Landkreis dieses Landes. Die politisch Verantwortlichen dieser Republik sind entsetzt und die Medien überschlagen sich mit entsprechenden Apokalypse-Nachrichten. Immerhin gab es eine Wahlbeteiligung von über 60 Prozent. Alle Parteien haben sich auf den CDU-Kandidaten verständigt, sind also geschlossen gegen den AfD Mann angetreten. Erfolglos. Unabhängig davon, was man von der Partei AfD hält, muss man folgendes feststellen. Zum einen ist Sonneberg nicht Berlin. Zum anderen geht es hier um die Position des Landrates, der die Themen, mit denen er für sich Werbung betrieben hat, ohnehin nicht beeinflussen kann. Da frage ich mich, wie es zu einer derartigen Aufregung kommen kann. Insbesondere die reflexhafte Beschimpfung der Wähler halte ich für völlig kontraproduktiv. Das bringt ausschließlich Verdruss und provoziert das Motto: „jetzt erst Recht“.

Friedrich Merz war es, der die Marktanteile der Partei halbieren wollte. Und was ist passiert? Der Marktanteil hat sich verdoppelt. Was hat also die Blockadehaltung, was hat die sogenannte Brandmauer gebracht? Gar NICHTS! Im Gegenteil. Immerhin hat Merz jetzt erkannt, wer die Hauptgegner der CDU sind: Die Grünen. Ob er damit dem Ministerpräsidenten Boris Rhein in Hessen unbedingt einen Gefallen getan hat? Keinen Gefallen hat er sich sicherlich mit der Aussage getan, jegliche Zusammenarbeit mit der AfD unterbinden zu wollen – unter Androhung des Parteiausschlusses. Die Funktion eines Landrates besteht zu 80 Prozent darin, Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes umzusetzen. Und bei den anderen Aufgaben wie öffentlicher Nahverkehr, dem Schulbau oder der Müllabfuhr kann er sowieso nicht alleine entscheiden – er benötigt immer die Zustimmung des Kreistages. Somit müssten alle Funktionsträger der anderen Parteien, insbesondere der CDU, alles ablehnen, was der Landrat beschließt – und sei es noch so sinnvoll. Ob das demokratisch ist, soll jeder für sich beurteilen. Klar ist jedoch: wenn der Wähler bemerkt, dass hier eine ungerechtfertigte Blockadehaltung praktiziert wird, profitiert die AfD davon erheblich.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser forderte eine klare Abgrenzung gegenüber der Partei (AfD). Frage an Nancy Faeser: was haben die Parteien denn bisher gemacht? Zudem sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, es dürfe keinerlei Anbiederung und Übernahme der politischen Positionen sowie der Sprache der AfD geben. Also ich übernehme jede Position, die vernünftig ist – ob sie von den Linken oder der CSU kommt. War es nicht so, dass das Wahlprogramm der AfD eher der CDU oder der CSU zugeschrieben wurde – selbst bei vielen Bundestagsabgeordneten?! Thüringens Landes-Verfassungsschutz-Chef Stephan Kramer warnt mit einem ungewöhnlichen Ausspruch vor einem erstarkten Rechtsextremismus in ganz Deutschland: „Wir sind bei 20 Prozent braunem Bodensatz in der Bundesrepublik.“ Demnach jeder 5. Deutsche ein NAZI? Eine völlig unqualifizierte Aussage in Kenntnis der Details. Dieser Mann hat schon Sarrazin geistig auf eine Stufe mit Hitler, Goebbels und Göring gestellt. Der renommierte Münchner Historiker Michael Wolffsohn fragte daraufhin, ob dieser Mann noch alle Tassen im Schrank hat. Nach seiner neuerlichen Entgleisung kann man davon ausgehen, dass dies nicht der Fall ist. Wo ist denn die Empörung der Medien hinsichtlich solcher Aussagen?! Aber sie gab es, weil Claudia Pechstein in Uniform unangenehme Wahrheiten aussprach, die für jeden Bürger nachvollziehbar sind. Dieser Behördenchef sollte sofort entlassen werden, da er zum einen solche Aussagen nicht treffen darf, zum anderen dadurch mehr spaltet als versöhnt.

Anstatt die wirklichen Ursachen zu analysieren und sich auch unangenehme Fragen zu stellen, wird lieber darüber diskutiert, ob und wie man diese Partei verbieten kann. Kein gutes Rezept für eine Entzauberung, Einzäunung oder Verzwergung. Endlich sollte zur Kenntnis genommen werden, dass die hohen Zustimmungswerte der AfD allein – oder zumindest überwiegend – auf bei den Menschen schlecht ankommender Politik und unzureichende Kommunikation beruht. Sie ist eine Protestpartei. Wann endlich nehmen die Verantwortlichen wahr, dass es zu einer eklatanten Kurskorrektur kommen muss! Die Welt ist aus den Fugen geraten. Selbst das politische Urgestein Gerhart Baum hat in der FAZ davon gesprochen, in der unsichersten Zeit seit Ende des 2. Weltkrieges zu leben. Und gerade deshalb sind Sicherheit, Vertrauen, und eine klare Strategie unerlässlich. In dieser Zeit verbieten sich Experimente, ideologisch geprägte Anordnungen, Bevormundungen und unnötige Einschränkungen oder Gängelungen. Seit Jahren wird Bürokratieabbau gefordert, in Wirklichkeit wird es immer schlimmer. Kein normal denkender Mensch hat etwas gegen die Aufnahme von Flüchtlingen. Es kann und darf aber nicht sein, dass Migranten ohne Bleibe-Perspektive nicht konsequent abgeschoben werden. Es muss schnellstens Klarheit herrschen über das, was geht und das, was nicht geht. Der sozialdemokratische Kanzler Helmut Schmidt sagte in einem Interview 2016 wörtlich: „Wir müssen eine weitere Zuwanderung aus fremden Kulturen unterbinden.“ Als Mittel gegen die Überalterung komme Zuwanderung nicht in Frage. „Die Zuwanderung von Menschen aus dem Osten Anatoliens oder aus Schwarzafrika löst das Problem nicht, schafft nur ein zusätzliches dickes Problem.“ „Wir sind nicht in der Lage gewesen, alle diese Menschen wirklich zu integrieren. Sieben Millionen Ausländer in Deutschland sind eine fehlerhafte Entwicklung, für die die Politik verantwortlich ist.“ Diejenigen, die sich nicht in die deutsche Gesellschaft integrieren wollten oder könnten „hätte man besser draußen gelassen“. Ist Schmidt nun ein Rechtsextremist? Ich glaube ebenfalls, dass ungeregelte Einwanderung aus fremden Kulturen problematisch sein kann, darauf haben bereits auch andere bedeutende Persönlichkeiten hingewiesen.

Es sollte zu denken geben, dass ein sehr großer Anteil an Migranten sich dauerhaft nicht in den Arbeitsmarkt integrieren lässt, sondern von dem deutschen Sozialsystem leben. Natürlich stellen sich viel Bürger die Frage, ob es gut gehen kann, wenn unsere Regierung das Welt-Klima, die Flüchtlinge, die Ukraine und unzähliges mehr retten möchte – bei gleichzeitiger drastischer Veränderung der eigenen Lebensumstände und Befindlichkeit. Regeln müssen konsequent für alle gelten. Erschreckend, dass eine nicht geringe Anzahl von Bürgern sich in den Städten und Orten nicht mehr wohlfühlt. Es ist auch ungut, dass seit Jahren der Eindruck besteht, durch Flüchtlinge begangene kriminelle Handlungen, würden seitens der Medien wenig publik gemacht, von der Polizei nicht entschieden verfolgt, von den Gerichten nicht konsequent verurteilt. Kann man das alles als böswillige Phantasie abtun? Sofern also die AfD, die aufgrund Ihrer Radikalisierung einer äußerst kritischen Würdigung unterzogen werden kann und muss, durch Nichtstun derart partizipiert, wird weitere Ausgrenzung keinen Erfolg haben. Im Gegenteil wird sie weiter an Zustimmung gewinnen. In dem Maße, in dem sich die Politik eben nicht um die wichtigen Probleme der Menschen im Lande kümmert. Und keine Lösungen anbietet, die sie verstehen, die umsetzbar sind und ihnen entgegenkommen. In der Meinung der AfD Sympathisanten ist die CDU keine Alternative. Sie wird eher als SPD-ähnlich wahrgenommen. Und eine nicht geringe Anzahl von Wählern wünscht sich ebenso eine Brandmauer zu den Grünen. Wo sind eigentlich die Konzepte und Gegenentwürfe der Union? Heute – drei Monate vor zwei Landtagswahlen – wurde seitens der Ministerpräsidenten Bayerns, Markus Söder und Hessens, Boris Rhein, ein Zehn-Punkte-Plan, der durchaus sehr vernünftige Forderungen beinhaltet, vorgestellt. Unter dem nicht ganz plausiblen Motto: „Wer AfD wählt, stärkt die Ampel“. Entsprechende Konzepte und Strategien hätte man sich früher gewünscht. Was würde Herr Merz und die CDU wohl zu dem Motto: „Wer CDU wählt, bekommt die Grünen!“ sagen, die in den neuesten Umfragen fast 7 Prozent weniger Zustimmung erhalten als die AfD?!

Ein erneuter Skandal in der meinungsbildenden Presse wird aktuell diskutiert. Im Jugendkanal von ARD und ZDF namens „funk“ werden Söder und Merz auf die gleiche Stufe gestellt wie Höcke. Und dann heißt es immer wieder, die öffentlich-rechtlichen Medien seien nicht parteiisch. Das glaubte schon vorher kaum jemand. Interessant auch die Headline der neuesten BILD. „Bin ich rechts, wenn ….“? Es werden anhand einiger Beispiele und Einstellungen zu gewissen Themen beurteilt, wer rechts oder links ist. Ein ausgemachter Unfug. Denn ein Bürger kann in drei Punkten rechts und in drei Punkten links sein. Was dann?! Ist er dann in der Mitte? Wir haben zwischenzeitlich eine Art Gesinnungs-Diktatur. Eine herablassende Art gegenüber Menschen, die sich gewissen Strömungen verschließen. Diese Klassifizierung der Gutmenschen führt zu einer problematischen Bewertung Andersdenkender. Ein beängstigender Trend. Politikwissenschaftler Prof. Jürgen Falter, den ich sehr schätze und der sich ebenfalls keinesfalls einer „Rechtslastigkeit“ bezichtigen lassen kann, sagt: „Rechts wird von einem großen Teil der veröffentlichten Meinung negativ verwendet. Deshalb wollen auch Parteien, die dem Mitte-rechts-Spektrum angehören, lieber nicht so genannt werden.“ Worauf führt er das zurück? „Einem weiten Teil der Linken ist es gelungen, rechts als moralisch zweifelhaft und nah am Rechtsextremismus zu brandmarken. Demgegenüber: „Wird vom Kampf gegen rechts gesprochen, wird darunter landläufig heute meist der Kampf gegen Rechtsextremisten verstanden. Von einem Kampf gegen links hört man kaum etwas.“

Ein Vogel kann nur fliegen, weil er zwei Flügel hat. Einen Linken und einen Rechten. Der Mensch besitzt ein linkes und ein rechtes Auge. Solange eine Meinung nicht links- oder rechts-extrem ist und mit unseren christlichen Grundwerten vereinbar, darf daran nichts ausgesetzt werden. Moralische und ethische Werte sind doch letztlich entscheidend. Wenn jedoch schon allein der Standpunkt gegenüber einer unkontrollierten Einwanderung als rechts empfunden und damit derjenige in die Nähe eines Nazis gerückt wird, ist das eine zwar gängige, aber völlig illegitime Art des Umgangs und vergiftet zusehends jeglichen Diskurs. Es ist geradezu schizophren, wenn schon das Attribut „konservativ“ oder „wertekonservativ“ als Hautgout (Anrüchigkeit) wahrgenommen wird, dagegen sogenannte „Fortschrittlichkeit“ en vogue ist. Auch Prof. Falter warnt in diesem Zusammenhang zu Recht vor einer Verrohung der Auseinandersetzung: „Die Etikettierung und Diffamierung ersetzt in vielen Debatten das Argument.“

Ist es schon zu spät oder dürfen wir noch auf Einsicht und Veränderung und auf eine Rückkehr zu der so oft beschworenen politischen Mitte hoffen?!

Vor dem Hintergrund des absolut grausamen Krieges in der Ukraine, von dem niemand weiß, wie er enden wird und den unzähligen ernstzunehmenden Problemen und Herausforderungen, die bereits bestehen und noch auf uns zukommen werden, sollten sich die gesellschaftlichen Kräfte besinnen und auf die wirklich wichtigen Punkte konzentrieren. Sofern wir uns weiterhin mit Nebensächlichkeiten beschäftigen und semantische Betrachtungen in den Vordergrund stellen, wird sich kaum etwas zum Besseren wenden. Wir sollten alle einmal über ein ganz anderes Thema nachdenken. Nämlich über die zunehmende Verrohung unserer Gesellschaft! Dies bereitet mir sehr viel mehr Sorge. Stil, Niveau, Moral und Ethik sind teilweise völlig unter die Räder gekommen. Egoismus, die Frage, wie schnell man sich die Taschen füllen und andere übervorteilen kann, Rücksichtslosigkeit, Unzuverlässigkeit, die scheinbare Position des „Stärkeren“ schamlos auszunutzen, ist besorgniserregend. Auch der Umstand, dass auf E-Mails oder jegliche Form von Kontaktversuchen – teilweise monatelang – gar nicht mehr reagiert wird ist ein extra Artikel wert. Er wird kommen. +++ Klaus H. Radtke