Kirche als Heilsgemeinschaft mit Fehlern und Schwächen

Fulda. „Trotz aller Unvollkommenheit wirkt die Kirche das Heil der Menschen – und auf vielen Gebieten sehr segensreich, und das nicht nur auf sozial-caritativem Gebiet. Die Spannung aber, der sie ausgesetzt ist, bleibt bestehen: göttlich und menschlich zugleich zu sein, dem Himmel und der Erde verpflichtet, nicht abzuheben oder jeglichem Zeitgeist zu verfallen, sondern mutig ihrer Sendung gerecht zu werden und auf den Herrn und Erlöser hinzuweisen.“ Dies hob der Fuldaer Bischof Heinz Josef Algermissen in seiner Silvesterpredigt im vollbesetzten Fuldaer Dom hervor.

In einem Pontifikalamt zum Jahresschluss betonte der Oberhirte, dass die Kirche von Gott her komme und darum eigentlich heilig sei. „Sie ist sein Werk und Instrument, um die Menschen mit ihm und untereinander zu versöhnen, ein Zeichen der Hoffnung für alle Welt.“ Ohne ihre göttliche Dimension bräuchte man sie nicht, gab Algermissen zu bedenken. Wenn sie ihrem hohen Ideal nicht entspreche, dann sei es kein Wunder, „wenn viele von der Kirche Enormes erwarten und bitte enttäuscht sind“. Es gehöre zur Wirklichkeit der Kirche, dass sie eine Heilsgemeinschaft, aber keine heile Gemeinschaft sei. „Als Gemeinschaft der Gläubigen bilden wir, nüchtern betrachtet, ein Volk, zu dem auch Schwächlinge, Versager und Heuchler gehören und das seine Verwundeten seit 2.000 Jahren mit sich schleppt.“

Zu Recht werde man an Silvester nachdenklich, denn auch das lauteste Feuerwerk könne nicht die Stimme in einem übertönen, die an die Vergänglichkeit des Lebens und die Ungewissheit der Zukunft erinnere, so der Bischof eingangs. Die Geburt Jesu Christi an Weihnachten sei eine Perspektive: „Er verbindet Himmel und Erde, durchbricht unseren engen Horizont und eröffnet eine neue Zukunft.“ Dieses „unüberbietbare Geschenk Gottes“ verändere die menschliche Existenz wesentlich, denn wenn Gott selbst sich in eine Welt voll Tränen, Leid und Schmerz hineinbegeben habe, sei niemand mehr völlig einsam und verlassen. Die Erde mit ihrer Mühsal und ihren Freuden sei den Menschen zur Gestaltung aufgetragen. Die Spannung zwischen Himmel und Erde ziehe sich durch das persönliche Leben, durch die gesellschaftlichen Verhältnisse und auch durch die Kirche.

So wie es im eigenen Leben Sternstunden, Schicksalsschläge und auch Tage ohne besondere Ereignisse gebe, sei es auch im großen Zusammenhang der Gesellschaft. „Wir wurden mit den schweren Fragen des Sterbens in Würde und der assistierten Selbsttötung konfrontiert, waren Zeugen von Kriegen und Krisen, von Hunger und Flüchtlingselend, das uns immer näher rückt und herausfordert. Es war ein ganz schweres Jahr! Werden wir in einem relativ reichen Land zu teilen bereit sein oder uns abschotten? Die Antwort auf diese Frage steht noch aus.“ Es gebe einerseits eine große Hilfsbereitschaft, andererseits treffe man auf eine rücksichtslose Ellbogenmentalität beim Verteilungskampf in der Gesellschaft.

Bischof Algermissen riet dazu, gläubig die Botschaft von Weihnachten in sich aufzunehmen: „Gott kommt in unser Menschenleben mit seinem Auf und Ab; das Licht dringt in die Finsternis; mitten in der Kälte blüht eine Rose auf.“ Aus dieser Hoffnung heraus könnten Christen sogar in notvollen Situationen bestehen, in Krankenhäusern und Sterbehospizen, in Gefängnissen, in Krieg und auf der Flucht, auch angesichts des Todes eines lieben Menschen. Der Name „Jesus“ bedeute „Jahwe rettet“ und sei damit auch Programm. „Wir dürfen im Segen wissen, dass wir nicht der Unberechenbarkeit eines blinden Schicksals ausgeliefert sind, sondern uns der liebevollen Fürsorge Gottes anvertrauen können, der sich uns wie ein guter Vater und wie eine gute Mutter zuneigt.“ Auch im neuen Jahr gelte es, zuversichtlich daran zu glauben, dass Gott seine Hand schützend über die Menschen halte. +++ fuldainfo | bpf