Jahresempfang der SPD im Unterbezirk Fulda

Gastredner kritisiert FDP aufgrund ihrer Oppositionshaltung innerhalb der Regierung

Etwa 75 Gäste waren am Samstag der Einladung des SPD-Unterbezirks Fulda zu seinem traditionellen Jahresempfang ins Bürgerhaus Fulda-Johannesberg gefolgt. Neben langjährigen Parteimitgliedern und ehemaligen Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern freute sich die Unterbezirksvorsitzende Birgit Kömpel MdB a.D. als Gastredner den Bezirksvorsitzenden des DGB Hessen-Thüringen, Michael Rudolph, in Fulda willkommen heißen zu dürfen. Im Rahmen des Empfangs wurde die langjährige Abgeordnete des Hessischen Landtags und frühere Unterbezirksvorsitzende Sabine Waschke (SPD) als ausgeschiedene Mandatsträgerin als diese offiziell verabschiedet. Weiter wurden Spendenschecks in Höhe von je 300 Euro an die Hünfelder Tafel, die Fuldaer Tafel e.V. und den Fliedener Tisch übergeben.

„Wir leben in schwierigen und herausfordernden Zeiten; und gestern erreicht uns die Nachricht vom Tod von Alexei Nawalny“, begann die SPD-Unterbezirksvorsitzende, Birgit Kömpel, ihre Rede zur Begrüßung. Und weiter: „Und wenn einige in unserem Land meinen, dass man ja nichts mehr sagen dürfe, so ist der Tod von Herrn Nawalny der traurige Beleg dafür, dass es Länder auf der Welt gibt, wo das der Fall ist. Jedoch nicht hier bei uns in Deutschland. Wir leben in einer Demokratie, und diese gilt es, zu verteidigen.“ Wie keine andere politische Partei sei die Sozialdemokratie ein Beleg für Widerstand, gegen rechts und die Feinde unserer Demokratie. Die Werte der Demokratie gelte es, hochzuhalten und sich für diese einzusetzen. Die Unterbezirksvorsitzende erinnerte am Samstag an die Kundgebung für eine demokratische Gesellschaft Ende Januar auf dem Universitätsplatz, zu der das Fuldaer Bündnis „Fulda stellt sich quer e.V.“ (gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit) aufgerufen hatte und nahezu 9.000 Menschen generationenübergreifend mobilisierte. „Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mir machen solche Dinge Mut“.

2023 kein gutes Jahr für die SPD

Birgit Kömpel: „Das vergangene Jahr, und insbesondere die letzte Landtagswahl in Hessen, war kein gutes Jahr für die hessische SPD.“ Dennoch sei es gelungen, mit der Hessen CDU in Regierungsverantwortung zu kommen. „Wir alle wissen: das wird nicht leicht!“ Doch nach 25 Jahren endlich wieder an wichtigen Entscheidungen in Wiesbaden beteiligt sein zu können, stimme die Unterbezirksvorsitzende und ehemalige Bundestagsabgeordnete hoffnungsvoll. „Hoffnung auf ein soziales Hessen, Hoffnung auf Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für unsere Kommunalpolitik, und vor allem, Hoffnung auf ein Umdenken hier im ländlichen Raum.“ Birgit Kömpel schwor ihren Unterbezirksverband – vor dem Hintergrund der tagtäglich auf uns hereinbrechenden negativen Nachrichtenlage – darauf ein, sich zukünftig auf das Gute zu konzentrieren und auf all das, was die Zukunft bereithält, mit Zuversicht zu blicken. Mit Zuversicht blicke man auch auf den ausgehandelten Koalitionsvertrag mit der Hessen CDU.

Besonders begrüßt wurden eingangs die frühere Abgeordnete der SPD im Europaparlament Barbara Weiler MdEP a.D., die Landtagsabgeordnete a.D. und Bürgermeisterin der Gemeinde Großenlüder a.D. Silvia Hillenbrand, die ehemalige Landtagsabgeordnete Sabine Waschke (SPD), der Bürgermeister der Gemeinde Flieden a.D. Winfried Kreß (SPD) sowie Petersbergs Bürgermeisterin Claudia Brandes. Für die Internationale Offiziers- und Soldatengesellschaft e.V. wurde ihr Präsident Günter Wolf sowie für antonius : gemeinsam Mensch Geschäftsführer Sebastian Bönisch besonders willkommen geheißen.

In seinem Redebeitrag ging DGB-Bezirksvorsitzender Michael Rudolph mitunter auf den neuen Koalitionsvertrag in Hessen ein. Als Gewerkschafter sei Michael Rudolph bei den Themen „Tarifbindung“ sowie „Arbeit und Soziales“ in die Koalitionsverhandlungen mit eingebunden gewesen. Michael Rudolph: „Wir als Gewerkschafter sind mit dem Koalitionsvertrag und dem, was da drinsteht, ‚relativ‘ zufrieden. Ich meine, da steht auch Käse drin. Die CDU kündigte an, mit den Verboten endlich ein Ende machen zu wollen, dass sie die Menschen nicht bevormunden wolle – sie will aber das Gendern verbieten. Man kann hierzu unterschiedlicher Auffassung sein. Wer es machen will, der soll es machen, wer dagegen ist, der soll es halt bleiben lassen; aber gleich zu Beginn das Gendern verbieten – ich meine: das ist doch alles andere als eine Verbotspolitik.“ Unterschiedlicher Auffassung sei man auch beim Thema Migrationspolitik. Hierzu Rudolph: „Hier – und das wissen Sie – ist ja der sozialdemokratische Abstrich etwas anders als bei der CDU. Auch diese Diskussionen sollen am Ende nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir in der Frage guter Arbeit vorankommen wollen, und vor allem das Thema ‚gute Arbeit‘ wieder in den Fokus der Landespolitik stellen werden. Mit dem im neuen Koalitionsvertrag festgeschriebenen Hessenfonds und der Klausel, dass öffentliche Aufträge nur noch an Betriebe vergeben werden dürfen, die nach Tarifbündnisse haben, ist uns als Sozialdemokraten und Gewerkschafter etwas gelungen, wofür wir seit vielen Jahren eingetreten sind. Das ist wichtig und richtig.“

Rudolph: „Hessenfonds war notwendig“

Wie so oft gestalte sich vieles in der Theorie leichter als es in der Praxis umsetzbar ist. Wie das Thema Goodyear am Standort Fulda zeige. Da sehe man ganz deutlich, wo die Herausforderungen liegen. „Als Gewerkschafter sagen wir, die Frage des ökonomischen Wandels ist unumgänglich.“ Hier dürfe man nicht nur dafür sorgen, „dass wir eine ökologische Nachhaltigkeit haben, sondern wir brauchen auch eine wirtschaftliche und soziale. Wir werden keinen Nutzen davon haben, wenn im Nachhinein die Ökonomie zwar stimmt, die Menschen aber keine Arbeit mehr haben.“ Aus Sicht der Gewerkschafter und Sozialdemokraten sei der Hessenfonds notwendig: „Wir müssen die Unternehmen und die Beschäftigten dabei unterstützen, diesen Wandel zu vollziehen; die Menschen haben nichts davon, wenn der Wandel vollzogen wird, in dem der eine Betrieb geschlossen wird und der andere auf. Dafür muss Geld in die Hand genommen werden.“
Nicht im Fonds festgeschrieben, sei aus Sicht des Gewerkschafters eine vernünftige Ladeinfrastruktur für E-Autos und „eine gescheite Wasserstoffstrategie“. Wir haben keine Leitung in der Erde, wo der Wasserstoff durchfließen kann. Zwar sei es richtig, dass Wasserstoff auch durch Erdgasleitungen fließen kann, hierfür müsse man allerding erst die Voraussetzungen schaffen, denn im Moment fließe durch diese Leitungen ausschließlich Erdgas. Rudolph: „Wir werden jedoch beides auf kurz oder lang parallel benötigen. Das sind im übrigen alles Themen, über die wir schon mit der letzten Landesregierung gesprochen haben, aber vorangekommen sind wir nicht. Nur das Wort Wasserstoff in den Mund zu nehmen, reicht nicht, sondern wir brauchen eine vernünftige Ladeinfrastruktur, damit die Betriebe überhaupt die Perspektive haben, Wasserstoff nutzen zu können für ihre industrielle Wertschöpfung.“ Dieser Bereich sei im neuen Koalitionsvertrag nicht vorgesehen, sehr zum Unmut der Sozialdemokraten.

Bezug zur aktuellen Bundespolitik genommen, sagte Michael Rudolph: „Wir werden diesen ökologischen Wandel nicht aus dem laufenden Haushalt bezahlt bekommen. Die Griffe jetzt in die Beitragskassen der Arbeitslosen- und Rentenversicherung und der Krankenkassen kommen ja nicht von ungefähr. Wenn ich die Herausforderungen dieses Wandels in der EU zur Hälfte aus dem Kernhaushalt finanzieren will, dann geht es automatisch in Konkurrenz zum Sozialstaat – und das dürfen wir nicht zulassen. Wir dürfen doch nicht die Frage stellen: Entweder sind auf der einen Seite die Renten sicher oder die Arbeit der Zukunft. Wir müssen Investitionen in die zukunftsfähige Wirtschaft über Kredite finanziert bekommen, sonst wird das nicht funktionieren.“

Mittlerweile komme nach dem Bezirksvorsitzenden des DGB Hessen-Thüringen Bewegung in diese Diskussion. Sogar die konservativen Wirtschaftsweisen sagten inzwischen, dass die Schuldenbremse, so wie sie angelegt ist, „die zukünftige Leistungsfähigkeit des Landes gefährde“. Rudolph hofft, dass die Schuldenbremse dahingehend, dass Investitionen zukünftig über Kredite finanziert werden können, reformiert werden könne. „Wir haben letztlich keinen Nutzen davon, wenn wir unseren Kindern eine marode Infrastruktur hinterlassen“, so Rudolph. Bis jetzt sei es immer gelungen, den Schuldenstand des Landes durch die Wirtschaftskraft des Landes niedrig zu halten. Das, was jetzt dringend benötigt werde, sei eine Reform der Schuldenbremse.

Rudolph: „Wenn die FDP ihre Blockaden nicht unterlässt, wird diese Koalition scheitern“

Und auch bezüglich dem Vergabe- und Tariftreuegesetz, das im Koalitionsvertrag der Ampelregierung verankert ist, fand der Bezirksvorsitzende des DGB Hessen-Thüringen klare Worte: „Ich habe mehr und mehr das Gefühl, dass wir keine drei Regierungsparteien haben, sondern zwei plus eine Oppositionspartei. Und wenn die FDP nicht damit aufhört, diese ganzen politischen Vorhaben zu blockieren, dann werden wir diese Koalition nicht einhalten können.“ Über die Blockaden der Freien Demokraten Deutschlands sei Rudolph mittlerweile erzürnt. Ein Beispiel beträfe die EU-Lieferkettenrichtlinie, die nach Rudolph unter Beweis gestellt habe, dass sie ihre Berechtigung habe. An den Aufträgen ließe sich ablesen, ob Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer fair bezahlt würden. Dass der Koalitionspartner FDP offensichtlich mit der italienischen Regierung kungele, um diesbezüglich Prozesse aufzuarbeiten – Dinge, die den Menschen eigentlich nützen – sei nach Rudolph eine Schande. Die Ampelregierung sei nach ihm gut beraten, jetzt Kurs zu halten, „und den Kompromiss, den sie selber ausgehandelt hat, auch mit abzustimmen“. Darüber wie sich die FDP verhalte, sei er nur entsetzt.

Sabine Waschke als langjährige Landtagsabgeordnete verabschiedet

Im Rahmen des Jahresempfangs wurde Sabine Waschke MdL a.D. als langjährige Abgeordnete des Hessischen Landtags verabschiedet. 21 Jahre vertrat Waschke als seinerzeit einzige Abgeordnete der SPD in der Region die Interessen in Wiesbaden. Unterbezirksvorsitzende Birgit Kömpel würdigte Waschke als „immer da und ansprechbar“, die auch als Landespolitikerin nie die Kommunalpolitik aus den Augen verloren habe. 20 Jahre gehörte sie der SPD-Kreistagsfraktion an und 11 Jahre stand sie der SPD im Unterbezirk Fulda als Vorsitzende vor. Im Jahr 2005 kandidierte Sabine Waschke als Landratskandidatin im Landkreis Fulda. In ihrer Zeit als Abgeordnete des Hessischen Landtags habe sie sich immer auch mit um den nördlichen Wahlkreis gekümmert. Hierzu gehörten nach Birgit Kömpel nicht nur Mut, sondern auch Geradlinigkeit und Beständigkeit. Zu Waschkes markantesten Verdiensten gehören die Themen Tariftreue/Tarifvergabegesetz, der Lückenschluss der A66 mit der Ausfahrt Flieden und die Erdverkabelung der Stromleitung Suedlink. Immer wieder erhob Sabine Waschke bei Demonstrationen und Kundgebungen ihre Stimme gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und trat vehement für Demokratie, Freiheit und geeintes Europa ein.

Erstmals in parteipolitische Berührung kam Sabine Waschke durch die Unterschrift-Kampagne gegen die von der rot-grünen Bundesregierung geplante doppelte Staatsbürgerschaft unter Roland Koch (1999-2010 Ministerpräsident des Landes Hessen und MdL a.D.) im Jahr 1999. Zu dieser Zeit habe sie aber noch keinesfalls an ein Abgeordnetenmandat im Hessischen Landtag gedacht, wie Sabine Waschke im Januar dieses Jahres im fuldainfo-Interview verriet. Seinerzeit fungierte die Mutter zweier schulpflichtiger Kinder als Stadtelternbeiratsvorsitzenden. Der Eintritt in die SPD sei ihr seinerzeit, wie Sabine Waschke am Samstag auf dem Neujahrsempfang verriet, sogar noch erschwert worden. Der Grund: Man wollte parteiunabhängige Kandidaten in einer solchen Verantwortung haben, wie ihr seinerzeit ihr späterer Parteikollege Emil Mihm zu verstehen gab.

Stehende Ovationen für langjährige parteipolitische Verdienste

Ans Rednerpult traten gestern auch der CO-Vorsitzende des SPD-Stadtverbandes Fulda, Hans-Joachim Tritschler, und die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft 60plus (AG60plus), Schuldirektorin i.R. Renata Schirmer, die Waschkes politische Verdienste, vor allem den kollegialen Zusammenhalt und die innerparteiliche Geschlossenheit im Unterbezirk unterstrichen. So sagte die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft 60plus, Renata Schirmer: „Ich bin froh und dankbar, dass diese eingeschworene Gemeinschaft so viele Jahre Bestand hatte.“

Sabine Waschke, die sichtlich von den Lobes- und Dankesworten emotional berührt war, bedankte sich für die lobenden Worte, die sie bewegten. Sabine Waschke: „Im Herzen werde ich immer Sozialdemokratin bleiben und auch wenn ich kein politisches Mandat mehr ausübe, trotzdem ein politischer Mensch. Ohne Eure Unterstützung wäre ich nie zu dem Menschen oder besser gesagt, zu der (Landes-, und Kommunal-)Politikerin geworden, der ich heute bin. Das wäre ich auch nie ohne meine Familie oder mein Freundeskreis. Und da glaube ich spreche ich für alle meine Kolleginnen und Kollegen, die ein politisches Amt bekleiden oder bekleidet haben.“ An ihre Parteikollegen adressiert, sagte die 64-Jährige: „Ihr habt mich 21 Jahre und länger getragen; wir waren eine eingeschworene Gemeinschaft. Ohne Euren Rückhalt wäre mir das nie gelungen.“ In diesem Zusammenhang erhoben sich die über 70 Gäste von ihren Plätzen und zollten ihrer langjährigen ehemaligen Landtagsabgeordneten und Unterbezirksvorsitzenden minutenlangen Beifall.

SPD Unterbezirk Fulda unterstützt Tafeln

Und im Zeichen der Dankbarkeit stand auch der nächste Programmpunkt der Tagesordnung: Einen Spendenscheck in Höhe von je 300 Euro aus Spendengeldern überreichte die Unterbezirksvorsitzende Birgit Kömpel an die Vorstände der Hünfelder Tafel, die Tafel Fulda e.V. und den Fliedener Tisch. So unterschiedlich die drei Organisationen auch sind, eint sie doch ihr gemeinnütziges und karitatives Wesen für eine Gesellschaftsschicht am Rande dieser, unserer Gesellschaft. Für die Tafeln richtete der 1. Vorsitzende der Fuldaer Tafel e.V., Stefan Schunck, herzliche Dankesworte an den SPD-Unterbezirksvorstand. Abschließend blieb es der Unterbezirksvorsitzenden dann nur noch dem Orga-Team der gestrigen Veranstaltung, allen voran Monika und Volker Oertel vom OV Fulda-Südwest, herzlich für ihr Engagement seit den frühen Morgenstunden zu danken. +++ jessica auth