Interne Chats zeigen Vernichtungsfantasien von NPD-Nachwuchs

Bei NPD-Jugendorganisation mitgemischt

Tausende interne Chatnachrichten geben tiefe Einblicke in die Kommunikation und das menschenfeindliche Weltbild der „Jungen Nationalisten“ (JN), Nachwuchsorganisation der neonazistischen Partei „Die Heimat“ (früher NPD). Darin beschimpfen die jungen Rechtsextremisten Menschen mit Migrationshintergrund, äußern sich antisemitisch und fordern „Euthanasie“ für Menschen mit Behinderungen. Über die Verläufe aus mehreren Chatgruppen der „Jungen Nationalisten“ berichtet der „Spiegel“.

Die Rechtsextremisten benutzen in den Chats etwa das „N-Wort“, beschimpfen Menschen als „Kanacken“ und schreiben „dieser dumme Jude“, wenn es um den Thüringer Verfassungsschutzchef Stephan Kramer geht, der zuvor Generalsekretär beim Zentralrat der Juden war. Sie tauschen sich zudem darüber aus, was sie mit Stolpersteinen machen, den kleinen Gedenktafeln für NS-Opfer: „Gleich beim vorbeigehen draufgespuckt.“ Ein anderer will sie zertrümmern, er schickte zwei Hammer-Emojis. Ein anderer Chatteilnehmer postete ein Foto, auf dem eine Demonstration in Dortmund zu sehen sein soll, darauf zwei Männer im Rollstuhl, die sich gegen Nazis engagieren. Im Chat kommentierte das einer mit zwei Tränen lachenden Emojis, der nächste mit: „Alter, richtige Spastis“, der dritte: „Jetzt oder nie, Euthanasie“. Anderen gefiel das. Ein JNler teilte ein Foto von sich und ein paar „Kameraden“, wie sie vermummt im Wald eine Regenbogenflagge verbrennen. Schnell kam im Chat eine Warnung: „Stabil. Aber Vorsicht, es ist tatsächlich strafbar Regenbogenfahnen zu verbrennen“. Der JN-Bundesvorsitzende Sebastian Weigler intervenierte jedoch nicht. Auf Anfrage des „Spiegel“, warum er solche mutmaßlich illegalen Aktionen nicht unterbindet, schrieb Weigler, er könne sich „nicht im Detail an einzelne Randbemerkungen“ erinnern. Die JN sei gegen Gewalt. „Sofern es zu vermeintlichen Grenzüberschreitungen kommen sollte, werden diese entweder direkt in der Gruppe angesprochen, wie ihnen aus dem Verlauf an anderer Stelle bekannt sein dürfte, oder das direkte Einzelgespräch gesucht.“ Tatsächlich intervenierte bei solchen Vorgängen in den betreffenden Chats niemand.

JA bei NPD-Jugendorganisation mitgemischt

Zwischen der NPD-Nachwuchsorganisation „Junge Nationalisten“ (JN) und der „Jungen Alternative“ (JA) der AfD gibt es offenbar mehr Verbindungen als bislang bekannt. Laut einem „Spiegel“-Bericht war ein rechtsextremer Aktivist in Schleswig-Holstein nicht nur bei der JA aktiv, sondern nahm auch an Demos der neonazistischen NPD (heute „Die Heimat“) teil und machte bei ihrer Nachwuchsorganisation JN mit. Und das, obwohl die AfD eine Unvereinbarkeitsliste hat, wonach niemand Mitglied werden darf, der bei diesen Organisationen aktiv ist. Das geht aus den Verläufen mehrerer Chatgruppen der „Jungen Nationalisten“ hervor, über die der „Spiegel“ berichtet. Insgesamt sind es Tausende Nachrichten. Der Doppelaktivismus endete demnach nur, weil ein Fotograf ein Bild von einer NPD-Demo veröffentlichte, auf dem er zu sehen war. Der Vorsitzende der AfD-Jugend in Schleswig-Holstein, Leif Kulina, soll den Aktivisten dann aufgefordert haben, die JA zu verlassen. In einer Chatnachricht klingt es dem Bericht zufolge, als hätte Kulina schon länger davon gewusst, aber erst Konsequenzen gezogen, als es öffentlich wurde. Auf Anfrage des „Spiegel“ schreibt JA-Landeschef Kulina, er lehne „eine Verurteilung auf Grund von Kontaktschuld“ grundsätzlich ab. Es sei gerade als junger Mensch „vollkommen in Ordnung, auch mal links oder rechts über den Tellerrand zu schauen“, aber man müsse sich dann „für eine Organisation entscheiden“. Er habe den Betreffenden „nach Bekanntwerden der Tatsachen“ angesprochen, dieser sei seiner „Aufforderung der Entscheidungsfindung letztlich nachgekommen und aus der JA ausgetreten“. Fotos des Kollektivs „Recherche Nord“, über die der „Spiegel“ weiter berichtet, zeigen zudem einen „Leistungsmarsch“ des NPD-Nachwuchses vom April am Steinhuder Meer, einem See in Niedersachsen. Bei dem konspirativ vorbereiteten Marsch sollen 22 Personen anwesend gewesen sein, darunter drei junge Männer, die eigentlich bei der „Jungen Alternative“ aktiv sind. +++

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