Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will die Umgehung von Sanktionen gegen Russland stärker als bislang bekämpfen. Das geht aus einem Zehn-Punkte-Papier seines Ministeriums hervor, über das die Sender RTL und ntv berichtet. In dem Dokument heißt es, Außenhandelsdaten deuteten darauf hin, dass EU-sanktionierte Güter „in erheblichem Maß“ aus der EU und damit auch aus Deutschland in bestimmte Drittländer ausgeführt und von dort nach Russland weiter exportiert würden. „Diesen Umgehungsaktivitäten müssen wir uns gemeinsam effektiver als bislang entgegenstellen, auf nationaler Ebene und auf Ebene der EU“, schreibt das Ministerium.
Man werde sich in Abstimmung mit den anderen Ressorts der Bundesregierung dafür einsetzen, dass darauf der Fokus eines elften Sanktionspakets der Europäischen Union liege. Habeck fordert unter anderem schärfere Ausfuhrbedingungen für sanktionierte Güter, die von Bedeutung für die russische Kriegsmaschinerie sind. Unternehmen soll nur noch dann der Export in bestimmte Drittstaaten ermöglicht werden, wenn sie im Rahmen der Ausfuhranmeldung transparente Endverbleibserklärungen abgeben. Vorsätzliche Verstöße sollten möglichst europaweit unter Strafe gestellt werden. Der Minister will zudem bei der EU schärfere Durchgriffsmöglichkeiten erreichen. Dem Europäischen Rat möchte er ein neues Listungskriterium vorschlagen: Personen und Unternehmen sollen demnach schon allein dann sanktioniert werden können, wenn sie ein Produkt mit EU-Herkunft über eine Firma aus einem Drittstaat nach Russland weitergegeben haben. „Wir setzen uns in Brüssel zudem für die Schaffung einer sanktionsrechtlichen Basis ein, um bestimmte Unternehmen aus Drittstaaten als Empfänger sanktionierter Güter auszuschließen“, heißt es in dem Ministeriums-Papier. Habeck will darüber hinaus den Druck auf Drittstaaten erhöhen. Dafür brauche es auf europäischer Ebene einen Rechtsrahmen, um „nicht-kooperative Jurisdiktionen“ zur Zusammenarbeit zu bewegen – etwa mit der Drohung, Zollerleichterungen aufzuheben. Der Grünen-Minister fordert zudem eine an jedermann gerichtete Pflicht: Wer über sanktionsrelevante Informationen verfügt, soll diese den Sanktionsdurchsetzungsbehörden melden müssen.
Russland liefert wieder mehr Gas in Nachbarländer
Trotz der beschädigten Nord-Stream-Röhren liefert Russland wieder mehr Gas über andere Pipeline- und LNG-Systeme in die EU. „Erst jüngst wurden die russischen Gasexporte durch die Ukraine wieder erhöht“, sagte Manuel Frondel, Energieexperte des RWI-Leibniz-Institutes, der „Rheinischen Post“. „Wenngleich Deutschland selbst kein Erdgas mehr aus Russland bezieht, profitiert das Land davon, dass Nachbarländer wieder vermehrt Gas aus Russland beziehen“, sagte er weiter. „So liegt der Anteil der Gasimporte aus Russland in Österreich mit rund 70 Prozent wieder beinahe so hoch wie vor dem Krieg. Gazprom erfüllt seine Lieferverpflichtungen durch sehr langfristige Verträge mit der österreichischen OMV wieder zu 100 Prozent.“ Der Vorteil für Deutschland: „Entsprechend liefert Deutschland nun kein Gas mehr nach Österreich“, so Frondel. Kurz vor dem Jahrestag des russischen Angriffs sieht der Energieexperte die Zeit für ein Gas-Embargo gekommen. „Nach dem Kohle- und Ölembargo sollte die Europäische Kommission nun darüber nachdenken, auch ein Erdgas-Embargo zu verhängen, allerspätestens nach dem kommenden Winter“, sagte Frondel. „Die Russland dann fehlenden Erlöse könnten helfen, die Dauer des Krieges zu verkürzen.“ +++