Habeck sieht keine Bedrohung für deutsche Wirtschaft

Robert Habeck (Grüne)

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hält das europäische Bankensystem derzeit trotz der großen Turbulenzen für stabil. „In Europa haben wir nach der Finanzkrise 2008/2009 sehr viele gute Entscheidungen getroffen, die sich jetzt auszahlen“, sagte er der FAZ. Er ergänzte: „Das europäische Bankensystem steht robust da, die Einlagensicherung hat ein ganz anderes Niveau erreicht als damals.

Wir befinden uns heute nicht in einer systemischen Finanzkrise, sondern wir sehen einzelne Banken in der Schweiz und den USA, die Probleme haben.“ Er gehe davon aus, dass das Finanzsystem das wegstecken könne Der Wirtschaftsminister erklärte, es gebe innerhalb der Bundesregierung einen Austausch über die Banken, „aber es gibt keine Krisensitzungen“. Die Bankenaufsicht Bafin und die Bundesbank beobachteten die Lage. „Eine Bedrohung der deutschen Wirtschaft durch die Vorgänge bei der Credit Suisse und der Sillicon Valley Bank sehe ich nicht“, so Habeck. Das Wachstum werde durch die höheren Zinssätze der EZB gebremst. „Diese machen Investitionen schwieriger, dem müssen wir so gut es geht durch gezielte wirtschaftspolitische Maßnahmen entgegenwirken“, sagte der Grünen-Politiker.

DIW befürchtet Schieflage für neue Schweizer Super-Bank

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sieht in der Rettungsaktion der Credit Suisse ein großes Risiko für die Schweiz. „Die Übernahme von Credit Suisse durch UBS macht mir große Sorge, weil es eine derart große Super-Bank schafft, dass sie einen ganzen Staat in Schieflage bringen kann“, sagte Institutschef Marcel Fratzscher der „Welt“. Er äußerte zudem Zweifel, dass Banken innerhalb der Europäische Union besser auf die aktuelle Krise vorbereitet sind als Institute in der Schweiz oder auch in den USA. „Es kann sein, dass wir Glück haben, aber für wahrscheinlich halte ich das nicht. Denn es ist ja nicht so, dass wir eine komplett andere Regulierung in der Eurozone haben“, sagte er. Und stark steigende Zinsen gebe es in der Eurozone bekanntlich auch. Grundsätzlich hält Fratzscher staatliche Rettungsaktionen weiterhin für unvermeidlich. „Es war und ist eine Illusion, dass der Steuerzahler nicht für zusammenbrechende Banken zahlen muss“, sagte er. Das liege schlicht an der Bedeutung von Banken für eine Volkswirtschaft. Es könne eine Volkswirtschaft ohne Automobilwirtschaft oder Chemieindustrie geben, aber nicht ohne ein leistungsfähiges Finanzsystem. „Deshalb werden Regierungen immer wieder gezwungen sein, zumindest die großen Banken mit Steuergeld zu retten“, sagte Fratzscher. Die Leitzinserhöhung der EZB in der Vorwoche war aus Fratzschers Sicht wenig hilfreich. „Der jüngste Zinsanstieg der Europäischen Zentralbank war im besten Fall ein großes Risiko, im schlimmsten Fall ein schwerwiegender Fehler“, sagte er. Damit habe man gesagt, dass Preisstabilität Vorrang vor Finanzstabilität habe. „Das halte ich für die falsche Reihenfolge. Wenn es jetzt wirklich zu einer Bankenkrise kommt, rasseln wir in eine tiefe Rezession – und die EZB verfehlt ihr Ziel der Preisstabilität noch länger.“ Er geht davon aus, dass sich die US-Notenbank am Mittwoch anders verhält. „Ich erwarte, dass die US-Not  enbank diese Woche erst einmal eine Pause bei den Zinssteigerungen einlegt“, sagte er. Strengere Eigenkapitalvorschriften, mehr Transparenz und eine einheitliche Aufsicht reichen laut Fratzscher nicht, um zumindest die Wahrscheinlichkeit künftiger Bank-Runs zu senken. „Es geht darum, dass man ökonomisch kluge Anreize setzt, damit das Management einer Bank keine Risiken eingeht, die am Ende Steuerzahlergeld kosten können“, sagte er. Das fange bei der Entlohnung an. „Die Gehälter in der Bankenbranche sind jenseits von Gut und Böse. Wir sprechen von Angestellten, die in guten Zeiten hohe Boni kassieren, in schlechten Zeiten immer noch ein üppiges Festgehalt bekommen“, sagte Fratzscher.

Steinbrück fürchtet Risiken des Schattenbankensektors

Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) warnt angesichts der Turbulenzen auf dem Bankenmarkt vor Problemen mit unregulierten Kreditinstituten in Deutschland. „Der Schattenbankensektor ist derzeit das größte Risiko“, sagte Steinbrück dem „Spiegel“. „Es gibt zum Beispiel Pensionsfonds, die sich nicht viel anders verhalten haben als die Silicon Valley Bank. Auch die haben teilweise ihre Einlagen investiert in langlaufende Anleihen mit niedrigen Zinsen und wurden nun von der Zinswende erwischt. Das kann Probleme geben. Ich hoffe, dass auch die Politik sich den Schattenbankensektor genau anschaut.“ Steinbrück, der als Minister den Finanzcrash 2008 erlebt und gemanagt hatte, warnte jedoch vor Hysterie. Die betroffenen Banken in den USA hätten andere Geschäftsmodelle als die meisten Banken hierzulande. Die vor dem Kollaps stehende Credit Suisse werde nun übernommen und zusätzlich mit einem 100-Milliarden-Kredit gestützt. „Da bin ich fast vom Stuhl gef  allen. Die haben richtig Feuerwehr gespielt in der Schweiz.“ Auf die Frage, wann er nervös werden würde, antwortete der Sozialdemokrat: „Ich würde unruhig werden, wenn Bürger ihre Konten leer räumen. Oder anders gesagt: Wenn es Indizien dafür gäbe, dass Banken an die Bundesbank und die Bafin einen entsprechenden Trend meldeten. Weniger das Geschäftsmodell deutscher Geldinstitute ist das Problem, mehr die Nervosität des Publikums, nach dem Motto: Ich muss jetzt mal schnell den Zaster unter die Matratze legen. Das sollte nicht passieren.“ +++