Gewalt an Schulen: Lehrer rufen zu konsequentem Eingreifen auf

Es braucht dabei klare Regeln für das Miteinander

Der Deutsche Lehrerverband hat angesichts der Zunahme von Gewalt an Schulen zu mehr Vorbeugungsarbeit und entschlossenem Einschreiten durch Lehrkräfte und Behörden aufgerufen. „Gegen Gewalt hilft gezielte Prävention und konsequente Intervention“, sagte Verbandspräsident Stefan Düll dem „Redaktionsnetzwerk Deutschland“. „Schulen leisten das mit den ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, mit der pädagogischen Expertise der Lehrkräfte“, so Düll. „Es braucht dabei klare Regeln für das Miteinander, klare Ansagen bei Verstößen, gegebenenfalls die Einschaltung der Polizei.“

Der Verbandspräsident führt die wachsende Zahl an Delikten auf schwindenden Respekt und gesellschaftliche Verrohung zurück, aber auch auf eine wachsende Zahl an Schülern mit Flucht- und Gewalterfahrungen: „Die Missachtung von Autorität und Regeln, eine diffuse Vorstellung von Ehre sowie Imponiergehabe erhöhen die Gewaltbereitschaft bis hin zur täglichen Mitführung von Messern für eine vermeintliche Selbstverteidigung. All das ist eingebettet in ein gesamtgesellschaftliches Klima verbaler Aggression und Bedrohung im politischen Diskurs wie auf den sozialen Plattformen und zum Teil auch von Gewalt gegen Sachen und die Polizei“, erklärte Düll. „Zudem hat die Zahl an jungen Menschen mit Gewalterfahrung durch Krieg und Flucht zugenommen, von denen viele in beengten Wohnverhältnissen leben.“

Die Lehrergewerkschaft VBE warf der Politik und den zuständigen Schulbehörden vor, das Ausmaß des Problems zu unterschätzen. So hätten rund ein Drittel der Schulleitungen in der jüngsten VBE-Umfrage angegeben, dass Schulministerium oder Schulverwaltung sich des Themas nicht ausreichend annehmen, sagte der Stellvertretende Bundesvorsitzende des Verbands Bildung und Erziehung (VBE), Tomi Neckov, dem RND. Etwa jede fünfte Schule habe angegeben, dass die Meldung von Gewaltvorfällen von den Schulbehörden unerwünscht sei. Es brauche „dringend bundeseinheitliche statistische Erfassungen, die in regelmäßigen Abständen proaktiv von der Politik veröffentlicht werden“, fordert er. Die Politik müsse sich schützend vor Lehrkräfte und Schulleitungen stellen. Die Umfragen unter Lehrkräften und Schulleitungen, die der Verband seit 2016 durchführt, bestätigten demnach den Anstieg von Gewalt an deutschen Schulen.

Das sei jedoch nicht nur ein Problem der Bildungseinrichtungen: „Schulen sind ein Spiegel der Gesellschaft und Gewalt ist auf dem Schulhof ebenso ein wachsendes Problem, wie auch im Stadion oder im öffentlichen Raum allgemein“, erklärte VBE-Bundesvize Neckov. „Besonders die Coronapandemie hat zu einer Verhärtung der gesellschaftlichen Fronten geführt, die die sich immer weiter fortsetzt“, sagte er dem RND. „Ebenso sehen wir den zunehmenden Rechtsruck und die damit verbundene Gewalt als eine zunehmende Gefahr für unsere Demokratie.“

Schülerkonferenz für stärkere Thematisierung von Krieg an Schulen

Die Bundesschülerkonferenz spricht sich dafür aus, Krisen und Krieg stärker an Schulen zu thematisieren. „Viele Schüler haben Angst vor dem Krieg, sie blicken voll Furcht in die Zukunft“, sagte Generalsekretär Florian Fabricius den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. „Die Schule steht in der Verantwortung, den Krieg zu thematisieren, sie sollte sich mit aktuellen Ereignissen befassen.“ Die Auseinandersetzung müsse allerdings schülergerecht sein und dürfte Schüler nicht verängstigen, so Fabricius. Zudem dürfe sich der Unterricht nicht nur auf militärische Aspekte beschränken, sondern müsse auch marktwirtschaftliche und gesellschaftspolitische Aspekte beachten. „Alles andere wäre eine zu enge und zu wenig differenzierte Sicht auf das Thema Krieg“, sagte der Generalsekretär. Es müsse zudem auf die Ängste der Schüler eingegangen werden. Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hatte sich am Wochenende dafür ausgesprochen, Schulen besser auf Krisen und Kriege vorzubereiten. „Von der Bundesministerin erwarten wir klar, dass es nicht nur bei leeren Worten bleibt“, appellierte Fabricius. Es brauche zum einen konkrete Workshops, die sich mit Konflikten, etwa dem Ukraine-Krieg befassen, und zum anderen Weiterbildungsmöglichkeiten zum Thema Krieg, fordert die Bundesschülerkonferenz. Für beides sei finanzielle Unterstützung des Bundes notwendig.