Freiburger Erzbischof predigte beim Bonifatiusfest

Fulda. Die Botschaft des Evangeliums und „die Freundschaft mit Jesus“ stehen nach den Worten des Freiburger Erzbischofs Stephan Burger oft „quer zu dem, was andere wollen“. Bei der Eröffnung der traditionellen Bonifatiuswallfahrten in Fulda sagte der Erzbischof am Sonntag vor über 5.000 Wallfahrern: „Die Botschaft Gottes stellt weltliches Herrschaftsdenken auf den Kopf. Da ist die Rede vom gegenseitigen Dienen, statt einander zu knechten. Da geht es um Liebe und Barmherzigkeit zu denen, die sonst vom Leben nichts oder nicht viel zu erwarten haben. Niedrige werden erhöht, Mächtige von ihren Thronen gestürzt – eine gefährliche Botschaft für jene, die andere ausbeuten und knechten.“ Es handle sich um eine Botschaft, mit der Kindersoldaten und Menschenhandel, Kinderarbeit, Korruption und Machtmissbrauch in welcher Form auch immer unvereinbar seien. „Freundschaft mit Christus heißt immer auch Freundschaft mit unseren Mitmenschen. Wir tragen Verantwortung füreinander und dürfen nicht auf Kosten anderer leben und unseren Wohlstand finanzieren.“

Schicksal der Leidenden darf Christen nicht gleichgültig sein

In seiner Festpredigt verwies Erzbischof Burger auf die vielen Herausforderungen für Gesellschaft, Politik und Kirche: „Denken wir an den Ukraine-Konflikt, an die Flüchtlingsströme aus Afrika. Denken wir an Syrien und den Irak, an den Terror von Isis, an die aktuelle Unglücksfälle und die schon fast wieder vergessene Naturkatastrophe von Nepal. Das Schicksal der leidenden und betroffenen Menschen darf uns nicht gleichgültig sein. Es sind Menschen, die unsere Unterstützung brauchen und denen wir über unsere Hilfswerke auch Unterstützung zukommen lassen. Nicht zu vergessen unser Gebet!“ Christen seien gefordert, nachhaltig Hilfe zu leisten. Es dürfe nicht vergessen werden, dass auch die gegenwärtige Zeit eine „Zeit der Christenverfolgung“ sei. Der heilige Bonifatius habe die faszinierende Botschaft Jesu Christus von der Freundschaft und Liebe Gottes unter die Menschen gebracht und sei dafür auch den Märtyrertod gestorben. Nicht wenige Christen müssten dies auch heute hautnah und „bis aufs Blut“ erleben.

Der Freiburger Erzbischof thematisierte in Fulda auch aktuelle Themen wie Lebensschutz und Sterbehilfe, das Verständnis von Ehe, Familie und Partnerschaften, Klimawandel und Weltwirtschaft. Er stellte die Frage: „Wo gibt es in einer Welt, die immer komplizierter zu werden scheint, noch eine Orientierungshilfe?“ Der Glaube an Gott, seine geoffenbarte Botschaft und die daraus sich ergebende Freundschaft mit Jesus Christus könnten Orientierung sein: „Die Freundschaft mit Jesus nimmt uns als Kirche, als Verantwortliche wie als Gläubige, in die Pflicht, unser eigenes Leben immer wieder im Licht des Evangeliums gegenzulesen.“

Nicht an Strukturen festhalten, sondern über Tellerrand blicken

Man müsse sich fragen, warum es so wenig zu gelingen scheine, die großartige christliche Botschaft zu den Menschen zu bringen. Der missionarische Dienst der Kirche könne nur fruchtbar sein, „wenn wir selbst in einer guten und engen Beziehung zu Jesus Christus stehen“. Von Franz von Sales stamme der Satz, „dass mit einem Tropfen Honig mehr Fliegen zu fangen sind als mit einem Fass voller Essig.“ Erzbischof Burger forderte die Christen dazu auf, für diese Welt „Honigtropfen und keine Essigfässer“ zu sein. Er nehme wahr, dass die größte Herausforderung für Christen und die Kirche nicht der Atheismus sei und auch nicht das fortschreitende säkulare Denken: „Die Herausforderung ist, dass wir, die Gemeinschaft der Gläubigen, nicht in selbstgemachte Depressionen verfallen, weil wir uns Kirche nicht anders vorzustellen trauen als auf die Weise, wie wir sie bislang kennengelernt und erfahren haben. Und hier machen wir uns allzu schnell an unseren Strukturen fest und arbeiten uns daran ab.“ Die Kirche habe im Laufe der Geschichte schon so viel Wandel erlebt. Hier helfe auch Papst Franziskus, immer wieder über den Tellerrand zu blicken. „Wir dürfen die Kirche weiter denken, von Christus her größer denken. Wir dürfen nicht bei dem stehen bleiben, was angeblich früher alles gut oder besser war, oder was wir zahlenmäßig messen können.“

Der Freiburger Erzbischof sagte weiter: „Wir haben doch von Christus all das bekommen, was auch wir heute brauchen, um als Kirche, als seine Freunde sinnerfüllt leben zu können: seine Frohe Botschaft, seine Sakramente, seine Zusage bei uns zu sein bis zum Ende der Welt.“ Der Gast aus Freiburg gab die Empfehlung: „Lassen wir uns von der Dynamik und Innovationskraft des heiligen Bonifatius anstecken, der das, was er getan hat, ganz getan hat – ganz im Blick und in der Gemeinschaft mit Christus. Seine Freundschaft mit Jesus Christus hat ihn ermutigt, den Glauben zu verkünden, zu leben, zu bezeugen bis aufs Blut und sich für die Kirche einzusetzen. Er will auch uns ermutigen, in diesem Glauben und in dieser Zuversicht die aktuellen Herausforderungen anzugehen.“ Die Christen brauchten sich nicht zu verstecken, wie auch Jesus sich nicht versteckt habe.

Den Festgottesdienst feierte Fuldas Bischof Heinz Josef Algermissen in Konzelebration mit Erzbischof Burger, Bischof Gerard de Korte (Groningen-Leeuwarden, Niederlande), Weihbischof Prof. Dr. Karlheinz Diez, Weihbischof Dr. Mathew Manakarakavil (Trivandrum, Indien), Generalvikar Prof. Dr. Gerhard Stanke, Generalvikar Peter Hermannus Hendrikus Wellen (Groningen-Leeuwarden), Domkapitular Paul Verheijen (Dokkum), Ordinariatsrat Peter Göb und Stadtpfarrer Stefan Buß. Musikalisch wurde die Messfeier vom Fuldaer Jugendkathedralchor unter der Leitung von Domkapellmeister Franz-Peter Huber mit Chorsätzen von V. Rathgeber, H. Schütz, A. Gabrieli und M. Bevan sowie von einem großen Bläserensemble mitgestaltet, bestehend aus sechs Musikvereinen mit rund 150 Bläsern. Unter Leitung von Regionalkantor Ulrich Moormann musizierten die Musikvereine Großenlüder, St. Antonius Künzell, Meerholz-Hailer, Nüsttal, Steinau-Steinhaus und Simmershausen. An der Domorgel, deren Klänge wieder auf den Domplatz übertragen wurden, Domorganist Prof. Hans-Jürgen Kaiser.

Zu Beginn des Gottesdienstes hatte Bischof Algermissen die Gläubigen und die Konzelebranten begrüßt und seine Freude darüber zum Ausdruck gebracht, an diesem Tag auf dem Domplatz eine „pilgernde Kirche“ erleben zu können. Die Christen müssten sich vor Augen halten, dass Jesus das wichtigste sei und sie einander auch in der heutigen Zeit stärken müssten. Domdechant Prof. Dr. Werner Kathrein hatte vor Beginn des Gottesdienstes die Wallfahrer aus den Pastoralverbünden und Pfarreien des Bistums willkommen geheißen. Besonders begrüßte er Pilgergruppen aus Dokkum (Niederlande) und Como (Italien) sowie eine Gruppe ehemaliger polnischer KZ-Häftlinge aus Polen, die derzeit im Bistum Fulda zu Gast sind. +++ fuldainfo

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