FDP: Eichenzell neu denken

Fachausschüsse verabschieden einstimmig Haushalt 2022

Eichenzeller Schloss

Nachdem Bürgermeister Rothmund (CDU) am 15. Januar einen wesentlich verbesserten Haushaltsentwurf für das Jahr 2022 eingebracht hatte, haben am 25. Januar alle drei Fachausschüsse der Gemeindevertretung von Eichenzell einstimmig dem neuen Zahlenwerk zugestimmt. Der FDP-Fraktionsvorsitzende Claus-Dieter Schad kommentierte diese Entscheidung so: „Der politische Einsatz von Bürgerliste, SPD, FDP und CWE hat sich ausgezahlt. Wir sehen: Hartnäckig in der Sache zu bleiben, bewirkt substanzielle Verbesserungen und dient damit dem Wohl der Gemeinde.“

Der jetzt vorliegende Haushaltsplan hat ein völlig neues Gesicht. Er gibt Antworten auf wichtige Zukunftsfragen, so zum Beispiel zum Thema „Wie soll es weitergehen bei der Sicherstellung einer wohnortnahen hausärztlichen Versorgung“. Und genau darum ging es der großen Mehrheit des Eichenzeller Parlaments, als Bürgerliste, SPD und FDP bei Enthaltung der CWE am 16. Dezember einen Neustart in die Haushaltsberatungen und einen komplett neu aufzustellenden Haushalt erzwungen haben. Es ging mitnichten darum, dem Bürgermeister oder der CDU-Fraktion publikumswirksam eins auswischen zu wollen. Es ging ausschließlich darum, dass die Eichenzeller Gemeindevertreter von ihrem demokratisch verbrieften Recht auf Ablehnung des Erstentwurfs der Haushaltssatzung Gebrauch gemacht haben. Das Budgetrecht ist das Königsrecht einer parlamentarischen Demokratie. In einem demokratischen System mit einem direkt gewählten Bürgermeister an der Spitze ist es wichtig, dass frei gewählte Abgeordnete die Möglichkeit haben, der Exekutive durch Zuweisung von Haushaltsmitteln oder eben auch Ablehnung Richtung für ihr Handeln zu geben. Das Abstimmungsverhalten freier und nur ihrem Gewissen verantwortlicher Abgeordneter sollte deshalb nicht diskreditiert werden, so die FDP in ihrem Grundsatzstatement.

Die Liberalen bedanken sich bei Lutz Köhler. Der Fraktionsvorsitzende der SPD hatte die Frage einer millionenschweren Verbindlichkeit aus dem Vertrag zum Interkommunalen Gewerbegebiet und damit verbunden einer Pflicht zur Bildung von entsprechenden Rückstellungen im Haushalt durch seine Ablehnung des ersten Haushaltsentwurfs nochmals auf die Tagesordnung gebracht. „Jetzt ist endlich klargestellt, dass an dieser Front keine Gefahr mehr für den Eichenzeller Haushalt droht“, so Claus-Dieter Schad. Drei Monate zuvor war die Frage „Aussetzung der Eichenzeller Zahlungen oder endgültiger Verzicht“ im Haupt- und Finanzausschuss noch kontrovers diskutiert worden. Eichenzell kann nun befreit und ohne Hypothek in die anstehenden Verhandlungen mit den Partnerkommunen gehen. Die Freien Demokraten Eichenzells sind dankbar, dass über alle Parteigrenzen hinweg schon im Vorfeld der Haushaltsberatungen verhindert werden konnte, dass die Steuerschraube in Eichenzell noch weiter angezogen wird. CDU-Fraktionschef Rudolf hatte dies im Herbst zum Thema gemacht.

In einer höchst volatilen, pandemisch getriebenen wirtschaftlichen Gesamtsituation wären höhere Steuern pures Gift für unsere heimischen Gewerbebetriebe und das falsche Signal zur völlig falschen Zeit; wir müssen zukünftig versuchen, die Bürger wieder ein Stück weit zu entlasten, so die Eichenzeller FDP. Die Debatte um eine Gewerbesteuererhöhung jedenfalls hat in diesem Sinne zu Denkansätzen geführt, die sich in Kürze auch in politischen Entscheidungen widerspiegeln werden, zum Beispiel bei der Zweitwohnsitzsteuer. „Wenn diese Steuer vom Gemeindevorstand damit begründet wird, dass sie zur Bereinigung von Karteileichen geführt habe, kann man sie jetzt nach Bereinigung des Melderegisters auch wieder abschaffen, fiskalische Bedeutung hatte sie eh nie,“ ist die FDP gemeinsam mit Bürgerliste und Sozialdemokraten überzeugt. Dank gebührt nach Auffassung des FDP-Chefs auch Alfons Schäfer von der CWE, dem es sicherlich nicht leichtgefallen war, sich dem Haushaltsplanentwurf seines früheren Koalitionspartners entgegenzustellen und sich einer Zustimmung zu verweigern.

Die Gemeindevertreter haben sich jetzt darauf verständigt, dass bei den investiven Ausgabewünschen zunächst das Prinzip eines vorsichtigen Kaufmanns an den Tag gelegt wird und Maßnahmen im Gesamtvolumen von 1,12 Mio. Euro unter haushaltsrechtlichen Vorbehalt gestellt werden. Die Ablehnung des ersten Haushaltsplans durch die große Mehrheit der Gemeindevertreter hat zu einem Überdenken des ambitionierten Investitionsplanes von Bürgermeister und Gemeindevorstand beigetragen. Die Fraktion der Bürgerliste hat sich durch ihren Einsatz zu diesem Haushaltsbereich in besonderem Maße verdient gemacht. Joachim Weber, Chef der Bürgerliste hat mit seiner Initiative zur Bewertung des Eichenzeller Eigenbetriebs Breitband einen neuen Denkanstoß generiert. Es stellt sich die Frage, ob ein gemeindeeigenes Glasfasernetz auf Dauer wirklich zur Kernaufgabe einer Kommune gehört. Die Ablehnung des ersten Haushaltsplanentwurfs durch Bürgerliste, SPD und FDP und Bildung einer entsprechenden Position im Zweitentwurf ermöglicht jetzt eine offene Debatte. Denkblockaden zum Thema Smart City wurden im Zuge der Haushaltsdebatte und Ablehnung des ersten Planentwurfs durch die „Opposition“ gelöst. Es wird eine Smart City Kommission geben, die den Gemeindevorstand bei seinem Projektmanagement unterstützt.

Es bleibt zu hoffen, dass damit die Kreativphase zur Ideenfindung, was und wie Smart City eigentlich das tägliche Leben unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger verbessern wird und wo der Nutzwert für die Menschen insgesamt liegt, einen neuen Anschub erfährt. Die nach Überzeugung der Eichenzeller FDP wohl wichtigste Fragestellung „Wie geht es weiter mit der wohnortnahen hausärztlichen Versorgung“, hat durch Ablehnung des ersten Haushaltsplans einen fundamental neuen Denkansatz erfahren. Eichenzell wird eine viertel Million Euro Haushaltsmittel für dieses drängende Problem einplanen. Nach dem Weggang von Dr. Simon aus Welkers vor über einem Jahr steht Eichenzell mit dem Rücken zur Wand. Und auch wenn der Gemeindevorstand bereits eine ganze Reihe von Gesprächen in diesem Kontext geführt hat und noch führen wird, hat bisher das Ausfallkonzept gefehlt, ein strategisch angelegter Plan B. Als FDP haben wir dazu immer wieder mit parlamentarischen Initiativen und Diskussionsbeiträgen ermuntert, so der Vorsitzende des Eichenzeller Sozialausschusses Dr. Hans-Joachim Müller. Und auch Bürgerliste und SPD haben in den zurückliegenden Jahren häufig genug Initiativen zu diesem Thema gestartet. Die Zuständigkeiten der Gemeinde für eine wohnortnahe hausärztliche Versorgung gehen mittlerweile weit über die Moderation von Gesprächen hinaus. „Wir als FDP zeigen uns erfreut, dass sich unser Bürgermeister jetzt endlich zu einem MVZ bekennt,“ so Dr. Müller. Der letzte Hausarzt in Eichenzell will nach allem was man hört in sechs Monaten seine Praxis schließen. „Es ist allerhöchste Zeit, aktiv zu werden“, sagt C.-D. Schad.

Den momentan noch favorisierten Standort für ein Ärztehaus im Kernort von Eichenzell sollte man nach Auffassung der FDP allerdings einer kritischen Würdigung unterziehen. Er hat gleich mehrere Nachteile. Der Neubau dieser Immobilie kommt sehr spät. Zu prüfen wäre, ob es nicht schneller realisierbare Alternativen gibt. Verkehrstechnisch ist das angedachte Grundstück über die Einmündung Gersfelder Straße nur schlecht erreichbar. Verkehrsstaus in Rushhour Zeiten, Lärm und Abgase, vielleicht sogar ein neuer Unfallschwerpunkt sind vorprogrammiert. Die Investoren fordern den Bau eines großen Parkhauses, der so genannten Quartiersgarage. Für den Standort selbst muss erst noch entsprechendes Baurecht geschaffen werden, viele offene Abstimmungsfragen mit dem Denkmalschutz und mit den Wasserbehörden kommen hinzu. Die FDP hofft auf einen Entscheidungsprozess, der vom Gemeindevorstand ergebnisoffen und transparent moderiert wird. Die Standortpolitik einer Zentralisierung möglichst vieler Dienstleistungsangebote im Kernort von Eichenzell sollte nach Auffassung der Liberalen insgesamt hinterfragt werden. Es gilt, Verkehrsströme nach Eichenzell hinein eher zu reduzieren und nicht mit großen Gesundheitszentren neue Verkehrsströme zu generieren. Die Freien Demokraten danken dem Bürgermeister und seinem Team für ihr Engagement zum Wohle von Eichenzell. Ratschläge, Bedenken und Verbesserungsvorschläge, hin und wieder auch sachliche Kritik aus der Mitte der Gemeindevertretung gehören nicht in falsche Schubladen einsortiert. Alle Fraktionen in der Gemeindevertretung geben ihr Bestes, um unsere Heimatgemeinde voranzubringen. „Wir wollen Eichenzell gemeinsam neu denken. In diesem Sinne sind wir wirklich eine einzige große Familie“, so Claus-Dieter Schad in seinem Abschlussstatement. +++ pm